Kommentar
14:27 Uhr, 21.03.2011

Nachbeben an der Börse: Was wird aus der EZB-Zinserhöhung?

Die Angst regiert: 70 Prozent aller Deutschen halten einen atomaren Unfall hierzulande für möglich, 39 Prozent fürchten sich vor Radioaktivität aus dem fernen Japan, so eine ARD-Blitzumfrage. Dass Jod- Tabletten oder Gasmasken Schutz bieten, ist mehr Wunschdenken als Realität, und dennoch decken sich viele Menschen vorsorglich damit ein. Auch das überstürzte Abschalten von sieben deutschen Atommeilern, das Kanzlerin Angela Merkel am Dienstag bekannt gab, hat nur Placebo-Effekt. Selbst wenn Deutschland komplett auf Atomkraft verzichtete, bestünde weiterhin ein Sicherheitsrisiko durch die Atomkraftwerke der Nachbarländer.

Die Finanzmärkte wurden in der vergangenen Woche von der Risikoaversion erfasst. Vor allem die Versorgeraktien - Schwergewichte im DAX - mussten herbe Verluste einstecken. Gleichzeitig warfen Volkswirte die Frage auf, welche Folgen das japanische Desaster für die Weltwirtschaft im Allgemeinen und Deutschland im Besonderen haben wird. Laut der jüngsten ZEW-Umfrage, genauer gesagt der Expertenantworten, die nach dem Erdbeben eingingen, trüben sich die hiesigen Wachstumsaussichten ein. Da wichtige Komponenten aus Japan fehlen, könnte die Produktion in vielen Branchen ins Stocken geraten.

Das Inflationsgespenst ist derweil in den Hintergrund getreten, denn die Konsequenzen der Japan- Krise für das Preisgefüge sind noch unklar. Nippons Rohstoffhunger wird wohl zunächst nachlassen. Sobald der Wiederaufbau beginnt, dürfte die Nachfragelücke aber wieder geschlossen werden. Doch was wird mit der quasi angekündigten Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank? EZB-Chef Jean-Claude Trichet hatte doch noch vor dem Erdbeben mit den üblichen Zauberworten "strongly vigilant" einen Zinsschritt für April angedeutet. Einerseits sind die Notenbanker motiviert, konsequent zu ihrer Ankündigung zu stehen, andererseits gemahnt die aktuelle Lage zur Vorsicht: Spätestens seit die Notenbanken der G7-Staaten am Freitag überraschend gemeinsam am Devisenmarkt intervenierten, um den Yen im Zaum zu halten, hätte die EZB die beste Entschuldigung parat gehabt, um von ihrer Zinserhöhungsabsicht abzurücken. Zumal der weiter steigende Euro ohnehin den Inflationsdruck eindämmt.

Der DAX bleibt vorerst im Korrekturmodus. Gute Unterstützung wartet aber bei 6.405/20 Punkten. Hierunter wäre jedoch sogar der längerfristige Aufwärtstrend in Gefahr. Mit einer nachhaltigen Stabilisierung rechnen wir erst jenseits von 6.950 Zählern. Ein erstes gutes Zeichen wäre bereits ein Sprung über die 6.870er Marke.

Alle in diesem Dokument genannten Preisniveaus verlieren bei einem Durchstoß von zehn Punkten ihre Gültigkeit.

Die gesamte Analyse des DAX, EuroStoxx50® und S&P 500 aus dem Blickwinkel der verhaltensorientierten Forschung erhalten Sie kostenfrei hier als PDF-Download.

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