Kommentar
07:13 Uhr, 09.01.2018

Nach dem Marihuana-Debakel: Entspannt einen rauchen und kaufen?

So schnell kann es gehen. Vor einer Woche äußerte ich mich kritisch zum Marihuana Sektor und zwei Tage später kam es zum Abverkauf. Ist das jetzt eine Chance?

Fairerweise muss ich sagen, dass der Abverkauf nichts mit den Gründen zu tun hatte, die ich nannte. Der Selloff von 10-30 % - je nach Unternehmen – wurde von Jeff Sessions gesponsert. Sessions, US-Justizminister, wies an, dass das bundesweite Marihuana-Verbot durchgesetzt werden soll.

Einzelne Bundesstaaten haben Marihuana legalisiert. Auf Bundesebene ist es aber illegal. Das ist ein Widerspruch, der nicht so einfach zu lösen ist. Anleger reagierten jedenfalls und warfen die Aktien auf den Markt. Der Spuk währte jedoch nur kurz. Die meisten Bundesstaaten äußerten sich sofort und verkündeten, dass sich nichts an der aktuellen Politik ändern werde.

Einigen Bundesstaaten würde eine Durchsetzung des Verbots richtig wehtun. In Colorado nimmt die Regierung jeden Monat mehr als 20 Mio. Dollar zusätzlich ein. Steuern und Gebühren auf den Verkauf von Marihuana machen es möglich. Es sind Zusatzeinnahmen, auf die niemand gerne verzichtet (Grafik 1).

Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Trend zur Legalisierung auf Bundeslandebene weitergehen wird. Ein politisches Risiko bleibt für Anleger aber dennoch bestehen. Die langfristigen Aussichten sind jedoch verlockend. Bis Anfang der 20er Jahre könnte der Jahresumsatz der Branche bei mehr als 20 Mrd. Dollar liegen (Grafik 2).

Das Umsatzwachstum erklärt sich dadurch, dass immer mehr Bundesstaaten Marihuana zulassen und Käufer vom illegalen zum legalen Vertrieb übergehen. In den USA wird derzeit pro Jahr ein Umsatz von schätzungsweise 45 Mrd. Dollar gemacht. Der Großteil davon entfällt auf illegale Vertriebskanäle. Je mehr Länder Marihuana legalisieren, desto mehr wird von diesem Umsatz auf legale Verkäufer entfallen und den auch an der Börse notierten Unternehmen zufallen.

Lesen Sie dazu auch: Cannabis-Aktien - Wird das DER Boom in 2018?

Die Aussichten sind also gut. Die Kurse spiegeln das aber auch nach dem Abverkauf in der vergangenen Woche bereits wider. Die Kurse stehen bereits so hoch, dass die Unternehmen auf die Umsätze im Jahr 2021 eine Gewinnmarge von 20 % erzielen müssen, um nur noch als überbewertet zu gelten (KGV von mehr als 30).

Anleger haben so viel Fantasie, dass man schon fast von Halluzinationen sprechen kann. Der Sektor wird zweifellos schnell wachsen, doch die Marktkapitalisierung so mancher Firmen ist maßlos überzogen. Im Jubel kann das absurde Bewertungsniveau untergehen. Die Kurse können sich auch noch einmal verdoppeln. Früher oder später werden Fundamentaldaten wichtig. Dann müssen hohe Kursverluste erwartet werden.

Keiner weiß, wann die Vernunft zurückkehrt. Der Hype ist noch relativ jung. Es ist also sogar möglich, dass wir uns erst am Anfang der Übertreibung befinden. Rücksetzer – entgegen der Fundamentaldaten – können für spekulative Anleger mit Spielgeld daher tatsächlich Chancen sein.

Clemens Schmale

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Über den Experten

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Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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