Kommentar
08:36 Uhr, 14.01.2015

Nach dem Ende von QE:Wer kauft US-Anleihen?

So sehr sich der Markt über die Normalisierung nach den QE Programmen der Fed freut, eine Frage bleibt bisher unbeantwortet: wer kauft die ganzen US Staatsanleihen, wenn nicht die Fed?

Seit 2008 haben sich die US Staatsschulden verdoppelt. Damals lagen sie bei knapp 6,4 Billionen USD, heute sind es knapp 13 Billionen (ohne Berücksichtigung lokaler Schulden von Gemeinden etc.). Die Notenbank hat von den neuen Schulden – insgesamt 6,5 Billionen – 2,5 Billionen gekauft. Man kann also nicht wirklich sagen, dass die Fed den Markt leergekauft hat. In den Jahren der Finanzkrise wuchs die Neuverschuldung fast fünf Mal so schnell wie in den Jahren zuvor. Um das komplett aufzufangen, hätte die Fed noch einmal mehr Staatsanleihen kaufen müssen als sie es tatsächlich getan hat. Die USA waren also auch während der vergangenen Jahre auf Geldgeber neben der Fed angewiesen – und zwar mehr als jemals zuvor.

Die erste Grafik zeigt wohin die ganzen Schulden gegangen sind. Ein Teil der Schulden verblieb im Land selbst. Neben der Fed waren Fonds und Privatpersonen große Käufer. Pensionsfonds hingegen hielten sich auffallend zurück. Von den insgesamt 6,5 Billionen an neuen Schulden wurden 3,6 von inländischen Personen und Organisationen erworben. Der Rest wurde vom internationalen Kapitalmarkt aufgenommen. Der internationale Markt hat für die USA in den letzten Jahren mehr an Bedeutung gewonnen als verloren.

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In den 90er Jahren wurde weniger als ein Drittel der Schulden vom Ausland gehalten. Vor der Finanzkrise waren es dann schon 42% und aktuell sind es mit 48% knapp die Hälfte aller Schulden. Das ist schon beachtlich, vor allem, wenn man bedenkt, was das bedeutet. Die USA haben nicht nur Billionen aus anderen Ländern angezogen, sie haben sich auch stark vom Ausland abhängig gemacht. Umgekehrt sind die ausländischen Investoren nun stark von der Entwicklung des US Dollars abhängig. Ebenso haben sich die Investoren ein enormes Kursrisiko in die Bücher genommen. US Anleihen stehen noch immer sehr hoch und bringen kaum Rendite. Sollten ausländische Investoren beginnen ihre Anleihen auf den Markt zu werfen, dann kommt schnell eine Lawine in Gang. Im großen Stil US Anleihen zu verkaufen geht nur, wenn man großen Schaden für sich selbst in Kauf nimmt.

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Die Risiken haben Investoren bisher nicht abgeschreckt. Die meisten langen bei US Anleihen auch 2014 noch kräftig zu. Seit Jahresbeginn 2014 haben die meisten Investoren ihre Position noch ausgebaut. Grafik 2 zeigt wie sich der Bestand von US Anleihen nach Ländern geordnet seit Beginn 2014 verändert hat. Besonders auffällig ist die Veränderung bei der Türkei. Diese hat in den vergangenen 12 Monaten die Position um über 50% gesteigert.

Betrachtet man eine etwas längere Historie, dann gibt es noch einige Auffälligkeiten mehr. Seit Beginn der Finanzkrise haben die meisten Länder ihre Position erhöht. Die Zahl an Ländern, die einen Zuwachs von unter 50% zeigen, lässt sich an einer Hand abzählen. Zu den Ländern gehören Großbritannien, Deutschland und Russland. Russland gehört vor allem dazu, weil sie in 2014 einiges an US Anleihen abgestoßen haben, um Dollarliquidität zu generieren.

Länder, die besonders zugelangt haben sind die Schweiz, Taiwan, Hong Kong, Irland, Singapur, Indien Norwegen und Belgien. All diese Länder haben ihren Bestand mindestens verdoppelt. Bei Ländern wie Norwegen und der Schweiz ist das nicht verwunderlich. Die Schweiz hat einen Teil der Eurokäufe, die sie getätigt hat, um die eigene Währung vor zu viel Aufwertungsdruck zu schützen, in US Dollar diversifiziert. Norwegen hatte bis vor kurzem noch Öleinnahmen ohne Ende. Auch hier ist nachvollziehbar wieso investiert wurde und woher das Geld kam. Bei dem Zuwachs aus Krisenländern (z.B. Irland) lässt sich noch argumentieren, dass irische Anleger ihr Geld ins Ausland geschafft haben bzw. zumindest keine inländischen Assets mehr halten wollten.

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Was aber einfach nur erstaunlich ist, das ist der Zuwachs in Belgien. Vor der Finanzkrise hielt Belgien 15 Mrd. an US Anleihen. Inzwischen sind es 350 Mrd. Es ist fast nicht vorstellbar, dass über zwei Drittel der belgischen Wirtschaftsleistung in US Bonds steckt. Gleichzeitig fällt auf, dass China seit 2011 seine Position nicht mehr ausbaut (letzter Chart). Dafür begannen die großen Zukäufe in Belgien 2011. Es wird daher vermutet, dass China über den Umweg Belgien US Anleihen kauft. In Belgien sitzt Euroclear, eine Bank für den Kauf und Verkauf von Wertpapieren für Ausländer.

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Die Zahlen von China und Belgien passen gut zusammen. Addiert man die belgischen Assets zu den chinesischen, dann geht der Trend so weiter wie bisher, schwächt sich aber seit einigen Monaten etwas ab. Japan hält mit 1,22 Billionen den zweitgrößten Anteil an US Bonds. Die Käufe sind weniger geworden seit Japan kein Leistungsbilanzüberschuss mehr hat. Dafür drängt die japanische Notenbank inländische Investoren immer mehr in ausländische Assets. Das könnte die Nachfrage wieder etwas beleben.

Die viertgrößten Halter von US Bonds sind karibische Bankenkonsortien, die ähnlich zum belgischen Modell für Investoren die Assets erwerben und halten. Als nächster „echter“ Käufer treten die OPEC Staaten auf. Sie halten knapp 300 Mrd. an Bonds. Nach dem Ölpreisrückgang dürften sie aber kaum noch als große Käufer auftreten.

Momentan sieht es so aus als würde China weiterhin brav US Anleihen kaufen. Die Nachfrage aus Japan ist tendenziell rückläufig, sollte sich aber zumindest stabilisieren. Die OPEC Staaten dürfen kaum die Mittel haben ihre Position auszubauen. Unterm Strich dürfte die Nachfrage nach US Bonds von den großen Käufern 2015 abnehmen, allerdings nimmt der US Staat auch „nur“ ca. 500 Mrd. an neuen Schulden neben der Refinanzierung auf. 2015 sollte es daher noch nicht zu einem Nachfrageengpass kommen, zumal sich einige Schwellenländer kauflustig zeigen. Länder wie Brasilien leiden unter hoher Inflation und abwertender Währung. Viele Investoren bringen ihr Geld da lieben in eine stabilere Umgebung. In diesem Fall in den US Dollarraum.

Wer einen großen Einbruch bei US Bonds in naher Zukunft erwartet, der wird wahrscheinlich enttäuscht. Die Nachfrage ist hoch genug, um die Renditen lediglich moderat steigen zu lassen. Was passiert, wenn das Geld aus vielen Schwellenländern in US Anleihen geparkt ist und diese Nachfrage wegfällt, das steht auf einem anderen Blatt und ist frühestens 2016 ein Thema.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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