Fundamentale Nachricht
12:31 Uhr, 31.01.2017

Muss Draghi jetzt handeln?

Die Inflationsrate in der Eurozone hat das Ziel von knapp zwei Prozent im Januar bereits wieder erreicht. Bedeutet das ein baldiges Ende der lockeren Geldpolitik?

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Die Teuerung in der Eurozone zieht deutlich an. Die Inflationsrate erreichte im Januar bereits wieder 1,8 Prozent, nachdem sie im Dezember noch bei 1,1 Prozent gelegen hatte. Die Volkswirte der Banken hatten nur mit einem Anstieg auf 1,5 Prozent für Januar gerechnet.

Auf den ersten Blick dürfte die deutlich höhere Inflationsrate die Europäische Zentralbank (EZB) unter Druck setzen, ihre lockere Geldpolitik schneller zu beenden, als dies aktuell erwartet wird. Schließlich strebt die EZB als Ziel ihrer Geldpolitik eine Inflationsrate von knapp zwei Prozent an. Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man also konstatieren, dass dieses Ziel bereits mehr oder weniger wieder erreicht ist.

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Allerdings ist die höhere Inflationsrate vor allem auf die gestiegenen Ölpreise zurückzuführen. Anfang 2016 erreichten die Ölpreise ihr Tief und zogen anschließend wieder deutlich an. Spätestens ab Mitte des Jahres dürften die Auswirkungen der gestiegenen Ölpreise auf die Inflationsrate wieder deutlich abnehmen, sofern der Ölpreis ungefähr auf dem aktuellen Niveau verbleibt. Die Kernrate der Inflation, bei der die stark schwankenden Energiepriese ausgeklammert werden, lag im Januar wie im Vormonat bei 0,9 Prozent.

Entscheidend dürfte aber etwas anderes sein. Auf der Pressekonferenz am 19. Januar benannte EZB-Präsident Mario Draghi vier Kriterien, die erfüllt sein müssten, damit man feststellen könne, dass die EZB ihre mit der lockeren Geldpolitik erreichten Ziele erreicht habe (nachzuhören im Mitschnitt der Pressekonferenz ab der Stelle 14:23):

1. Die EZB-Ziele beziehen sich auf einen mittelfristigen Zeithorizont ("medium term"), wie Draghi betonte. Entscheidend ist also nicht, was die Inflationsrate in einem einzelnen Monat macht, sondern ob in einem mittelfristigen Zeithorizont das Ziel einer Inflationsrate von knapp zwei Prozent erreicht wird oder nicht.

2. Die Ziele der EZB müssten dauerhaft erreicht werden ("durable convergence"), so Draghi. Die Inflationsrate muss demnach das Ziel von knapp zwei Prozent erreichen und sich dort auch stabilisieren. Eine vorübergehende Annäherung reicht demnach nicht aus, dass die EZB ihr Ziel einer Inflationsrate von knapp zwei Prozent als erreicht ansieht.

3. Die Zielerreichung müsse "selbsttragend" ("self-sustained") sein. Mit anderen Worten: Die Inflationsrate muss auch nach einem Zurückfahren der lockeren Geldpolitik auf dem angestrebten Niveau verbleiben und darf nicht sofort wieder einbrechen, wenn die EZB ihre Stimulierungsmaßnahmen beendet.

4. Die Ziele der EZB gelten für die Eurozone als Ganzes und nicht für einzelne Teile.

Inbesondere die Kriterien zwei und drei zeigen, dass EZB-Präsident Mario Draghi vorerst nicht bereit sein dürfte, am eigenen Kurs etwas zu verändern. Das im Dezember beschlossene Zurückfahren des Volumens des Anleihekaufprogramms auf 60 Mrd. Euro ab April 2017 wollte Draghi ausdrücklich nicht als einen "Einstieg in den Ausstieg" aus der lockeren Geldpolitik verstanden wissen.

Klar ist aber auch: Sollte die Inflationsrate in den kommenden Monaten weiter deutlich zulegen, dürfte der Druck auf Draghi steigen. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass der Anstieg der Ölpreise auch zu sogenannten Zweitrundeneffekten führt und der Anstieg der Teuerung auf andere Gütergruppen übergreift. Spätestens, wenn sich auch die Kerninflationsrate dem Ziel von zwei Prozent annähert und zwar nicht nur vorübergehend, dürfte Draghi keine andere Wahl haben, als den Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik anzugehen.

Dann dürfte das Anleihekaufprogramm schrittweise oder auch sofort auf null zurückgefahren werden. Außerdem müsste die EZB ihr Niedrigzinsversprechen, dass die Leitzinsen noch für eine "längere Zeit" auch über das Ende des Anleihekaufprogramms hinaus auf dem aktuellen Niveau oder darunter bleiben werden, zurücknehmen. Erst anschließend könnte der Leitzins wieder angehoben werden. Spätestens die Aussicht auf Zinserhöhungen dürfte dann auch die Aktienmärkte ganz erheblich belasten.

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4 Kommentare

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  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    Er wird nicht handeln, schliesslich sollen alle Bürger der EU, den Staat Italien und seine maroden Banken retten. Schuldensozialismus pur

    09:06 Uhr, 01.02. 2017
  • Data75
    Data75

    Als die Inflationsrate wegen dem ständig fallenden Öl zu niedrig war, hat das auch nicht als Argument hergehalten. Jetzt soll das Öl plötzlich eine Rolle bzw. als Ausrede herhalten aber der wird sich auch in die Kernrate durcharbeiten.

    17:49 Uhr, 31.01. 2017
  • wolle271
    wolle271

    Es wird Zeit, dass die 8 Jahre Amtszeit endlich beendet sind und der Diplomatenstatus aufgehoben wird. Letzteres an sich ist schon eine Frechheit. Die politische Duldung dessen spricht für sich und die Machenschaften, die dies scheinbar erfordern. Das nach der Ära Draghi eine Trendwende von der lockeren Geldpolitik erwartet werden kann ist eher unwahrscheinlich, wenn man sieht wer in den Startlöchern (Direktorium) steht. Alles ein + dasselbe Kaliber! Hilft also auch nicht weiter, dann wird es eben langsam Zeit die gesamte EZB und ihr sogenanntes Mandat neu zu definieren oder eben abzuschaffen ...

    13:20 Uhr, 31.01. 2017
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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