Mit der chinesischen Selbstgefälligkeit ist es vorbei
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Peking (Godmode-Trader.de) - Zum Auftakt des Volkskongresses in Peking hat Ministerpräsident Li Keqiang ungewöhnlich pessimistische Töne angeschlagen. Dass der Handelskrieg mit Amerika China zusetzt, darüber kann die Regierung offenbar nicht mehr hinwegsehen. Regierungschef Li zufolge dürfte das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr zwischen 6,0 und 6,5 Prozent ansteigen. Das ist deutlich weniger als das Ziel von „um die 6,5 Prozent“ Wachstum, das die Regierung im vergangenen Jahr ausgegeben hatte. Die Analysten von Capital Economics gehen sogar von einem stärkeren Wachstumseinschnitt aus. China müsse sich wirtschaftlich für einen „harten Kampf“ wappnen, sagte Li vor den 3.000 Delegierten der Kommunistischen Partei in Peking.
„Negativ“ habe sich der Handelskrieg Chinas mit den USA auf die „Produktion und Geschäfte etlicher Unternehmen sowie die Markterwartungen“ ausgewirkt, bestätigte Li. China sehe sich mit einem „tiefgehend gewandelten äußeren Umfeld“ konfrontiert, sagte der Ministerpräsident und meinte damit offenbar die Attacken aus Amerika. Die Globalisierung stoße auf „Windungen und Wendungen“. Der Multilateralismus werde „angefochten“, der Protektionismus „verschärfe“ sich.
Mit Blick auf die wiederholte Kritik von Chinas Handelspartnern versprach Li mehr Marktzugang und Strukturreformen. Ziel sei „ein faires und unparteiisches Marktumfeld, in dem chinesische und ausländische Unternehmen gleich behandelt werden und in einen redlichen Wettbewerb miteinander treten". Ausländische Unternehmen sollten in mehr Bereichen Geschäfte machen können, der Finanzmarkt werde weiter geöffnet. Die „Negativ-Liste“ mit Sektoren, in denen ausländische Unternehmen nicht investieren können, werde verkürzt. China wolle sich stärker an international akzeptierte Handelsregeln halten, versprach Li.
Der Politikwissenschaftler und China-Experte Sandschneider betonte im Gespräch mit dem Deutschlandfunk, dass die Legitimation der Kommunistischen Partei am wirtschaftlichen Erfolg stehe und falle. China habe nicht nur gewaltige Erfolge errungen, sondern inzwischen auch gewaltige Probleme. Der gegenwärtige Handelsstreit mit den USA sei nur der Anfang eines transpazifischen Konflikts, an dessen Ende auch ein Krieg stehen könne, warnte der Professor der Freien Universität Berlin.
In Zeiten vor der Verschärfung im Handelskonflikt mit den USA hatte Li denn auch noch ganz anders, selbstbewusster geklungen. „Die Stärke der Wirtschaft hat einen neuen Höhepunkt erreicht“, hatte Li vor einem Jahr im Frühjahr 2018 vor dem Volkskongress getönt. Dass Donald Trump gerade erst damit begonnen hatte, China mit Strafzöllen zu ärgern, hatte seinerzeit in der chinesischen Führung höchstens Kopfschütteln ausgelöst. „Dem schlage ich die Zähne ein“, habe Staatspräsident Xi Jinping gegenüber dem Gründer des Davoser Weltwirtschaftsforums, Klaus Schwab, geprahlt, wie diplomatische Kreise in Peking der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erzählten.
Premier Li Keqiang wahrt nun vor kurzfristigen Konjunkturhilfen Abstand. Dies schüre neue Risiken und untergrabe langfristiges Wachstum. Er kündigte nichtsdestotrotz weitere Steuersenkungen an. So werde die Mehrwertsteuer von 16 auf 13 Prozent gesenkt. In einigen Bereichen wie Transport- und Bauwesen werde der Steuersatz von 10 auf 9 Prozent herabgesetzt. Auch sollen Steuern und Sozialabgaben für Unternehmen reduziert und Unternehmen leichter an Kredite kommen können.
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