Kommentar
16:18 Uhr, 20.07.2020

Mehr Coronafälle oder nicht - wirtschaftlich in den USA kaum ein Unterschied

In den USA nehmen die Neuansteckungen immer noch Fahrt auf. Die große Überraschung: Es scheint kaum einen Unterschied zu machen.

Die USA sind ein großes Land und die Entwicklung der Fallzahlen sind je nach Bundesstaat unterschiedlich. In New York scheinen sich die Fallzahlen auf niedrigem Niveau einzupendeln. In Kalifornien könnte sich ein Plateau ausbilden und in Texas zeigt die Kurve steil nach oben. Entsprechend müsste man vermuten, dass auch die wirtschaftliche Entwicklung auseinanderläuft.

Das tut sie nicht, zumindest nicht auf den ersten Blick. Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe entwickeln sich in den Bundesstaaten praktisch unabhängig von der Entwicklung der Fallzahlen (Grafik 1). Obwohl die Fallzahlen in Texas stark anstiegen, blieb die Zahl der Erstanträge relativ unbewegt. Mit etwas Fantasie kann man einen minimalen Aufwärtstrend erkennen.


Signifikant sind die Unterschiede jedenfalls nicht. Das gilt auch für die Ausschreibung neuer Stellen. Überall in den USA gab es bis Ende Juni einen positiven Trend. Seither geht es überall wieder bergab (Grafik 2). Staaten, die unter einer zweiten Welle leiden, haben mehr verloren. Dafür standen sie vor Beginn der zweiten Welle auch etwas besser da.

Das alles ist eine große Überraschung. Eigentlich ist es nur logisch, dass sich die Wirtschaft in Staaten schlechter entwickelt, in denen die Fallzahlen wieder steigen. Gemessen am Arbeitsmarkt ist das jedoch alles andere als offensichtlich. Stattdessen scheint sich das Land unabhängig von den regionalen Unterschieden zu entwickeln.

Ob das so bleibt, müssen wir abwarten. Bisher verzichten Bundesstaaten auf einen erneuten und kompletten Lockdown. Würde ein solcher erneut eingeführt, dürften die Unterschiede größer werden. Solange das jedoch nicht der Fall ist, entwickeln sich die Regionen ähnlich.

Wirtschaftspolitisch ist das ein ziemlicher Paukenschlag. Bisher wurde davon ausgegangen, dass die Wirtschaft auch ohne Lockdown einbrechen kann. Das konnten wir in Schweden beobachten. Konsumenten haben sich freiwillig eingeschränkt, weniger konsumiert und belebte Plätze gemieden.

In den USA scheint das nicht der Fall zu sein. Der amerikanische Durchschnittkonsument reagiert anders als der europäische. Ob die Fallzahlen steigen oder nicht, das Konsumverhalten reagiert weniger stark als gedacht. Es reagiert, das zeigen Sentimentindikatoren. Es ist aber nicht so, dass es zu einem Einbruch wie etwa in Schweden kommt.

Die Erholung in der US-Wirtschaft dürfte daher mittelfristig robuster ausfallen als in anderen Ländern, in denen steigende Fallzahlen zu einer größeren Zurückhaltung der Konsumenten führt. Vielleicht erklärt das auch, dass der Aktienmarkt auf die Zahlen kaum reagiert. Steigende Fallzahlen bedeuten nicht automatisch eine wirtschaftliche Katastrophe.

Clemens Schmale


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2 Kommentare

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  • Schnutzelpuh
    Schnutzelpuh

    Ich denke, es hängt sehr stark mit den Pay-Schecks zusammen. Viele US-Amerikaner haben dadurch mehr in der Tasche, als wenn sie arbeiten gehen. Nach diesem Fakt dürfen die Märkte bis zur Wahl tendenziell weiter steigen. Denn die Pay-Schecks wird es bis dahin weiter geben. Denn nur so haben Trump respektive die Republikaner noch Chancen die Wahl zu gewinnen. Sonst schaut es schlecht aus, nach den aktuellen Umfragen.

    19:06 Uhr, 20.07.2020
  • Bernd Paul
    Bernd Paul

    Der Lock up wirkt und erzeugt wirtschaftlich diese Kurven. Bei stetigem Konsum und Erhöhung der Geldmenge durch drucken verliert die Kaufkrat an Wert. Meine Erklärung für den Konsum ist ein Hysterie Konsum vor Hyperinflation. Sobald dieser durch ist bricht das System zusammen.

    16:37 Uhr, 20.07.2020

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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