Kommentar
12:00 Uhr, 03.03.2024

Luxus ist immer sexy!

In diesem Artikel blicken wir auf eine Branche, in der die Stimmung vor der letzten Berichtssaison stark eingetrübt war. Für starke Kursschwankungen nach den Earnings ist die zugrundeliegende Erwartungshaltung immer enorm wichtig. Da die Börse gerne zu Übertreibungen, sowohl zum positiven wie auch zum negativen neigt, können sich hier starke Trendwechsel ergeben.

In der Luxusgüterbranche war der Pessimismus zuvor teilweise enorm groß. Aktionäre von Kering mussten beispielsweise über 57% Kursverluste verkraften. Hermès dagegen kam bisher besser durch diese schwierige Phase.

Es wurde befürchtet, dass die aktuelle Konjunkturflaute sich auch auf Luxusunternehmen durchschlägt, obwohl diese generell konjunkturunabhängig sind, da die Zielgruppe ihrer exklusiven Produkte eher unbeeindruckt von beispielsweise steigender Inflation ist. Vor allem LVMH konnte mit den jüngsten Zahlen überzeugen und als Branchenschwergewicht dem ganzen Luxussektor neuen Schwung verleihen.

In diesem Artikel schauen wir uns LVMH, Kering und Hermès genauer an: Welches Unternehmen ist am besten aufgestellt und bietet die besten Chancen auf weiter starkes Wachstum? Ist der Stimmungsumschwung gerechtfertigt und kann die Luxusgüterindustrie zeitnah wieder zu altem Glanz zurückfinden?

Die Unternehmen im Vergleich

Jedes der drei Unternehmen verfolgt einen individuellen Unternehmensansatz, um in dieser wettbewerbsintensiven Branche erfolgreich zu sein. Aufgrund dessen unterscheiden sich die Unternehmen in einzelnen Aspekten und heben sich voneinander ab.

Wie wichtig ist Markenloyalität?

In der Luxusbranche ist es wichtig, die Produkte so exklusiv wie möglich zu bewerben und über ein gutes Kunden Know-How zu verfügen. Mit diesen Aspekten steht und fällt der Erfolg der Unternehmen. Ist das möglicherweise ein Grund, warum die Unternehmen so unterschiedlich performen? Um das herauszufinden schauen wir uns die Marken der Unternehmen genauer an.

LVMH

Bei LVMH sind die 75 einzelnen Marken auf 6 verschiedene Segmente aufgeteilt. Diese sind im Folgenden absteigend nach Umsatz sortiert, mit der wichtigsten Marke aus dem jeweiligen Segment:

  • Mode und Lederwaren (Louis Vuitton)
  • Selektiver Einzelhandel (Sephora)
  • Uhren & Schmuck (TAG Heuer)
  • Parfum & Kosmetik (Christian Dior)
  • Wein & Spirituosen (Moët & Chandon)
  • Andere Aktivitäten

Kering

Im Gegensatz zu LVMH ist Kering weniger diversifiziert. Wenige Marken sorgen für einen Großteil des Umsatzes.

  • Gucci
  • Sonstiges
  • Yves Saint Laurent
  • Bottega Veneta
  • Brillen und Beteiligungen

Hermès

Hermès unterteilt das Geschäft nicht in verschiedene Marken, sondern vermarktet die Produkte in allen beteiligten Segmenten einfach unter dem Label “Hermès”. In folgenden Bereichen bietet Hermès Produkte an:

  • Lederwaren und Sattlerei
  • Accessoires
  • Textil- und Seidemode
  • Parfum und Kosmetik
  • Uhren
  • Sonstiges

Die Zielgruppe

Eigentlich sollte die Zielgruppe der Luxusindustrie klar sein: die Oberschicht. Doch ist die Frage nach der Zielgruppe der sündhaft teuren Produkte wirklich so leicht zu beantworten?

Die Produkte von LVMH, Kering und Hermès unterscheiden sich teilweise erheblich im Preis. Kering versuchte in den letzten Jahren auch Kunden in der Mittelschicht anzusprechen. Vor allem die für Kering enorm umsatzstarke Marke Gucci vollzog in den letzten Jahren einen Imagewandel und versucht immer mehr auch die jüngere Generation anzusprechen. Ähnliches passierte bei der Marke Louis Vuitton von LVMH. Durch diese Erweiterung der Zielgruppe ist vor allem Kering konjunkturabhängiger geworden.

Anders bei Hermès: Die Produkte von Hermès sind sehr exklusiv und sehr kostspielig. Hermès ist weniger zyklisch als die Konkurrenz, spricht dafür aber auch eine deutlich kleinere Kundenschicht an und erwirtschaftet dadurch weniger Umsatz als LVMH oder Kering.

Umsatz nach Regionen

LVMH – Umsatz nach Region | eigene Darstellung | Quelle: TradingView
Kering – Umsatz nach Region | eigene Darstellung | Quelle: TradingView
Hermès – Umsatz nach Region | eigene Darstellung | Quelle: TradingView

Alle drei Unternehmen erwirtschaften den größten Teil ihres Umsatzes in der Region Asien-Pazifik, wobei Japan davon ausgenommen ist. Doch insbesondere Hermès fällt mit einem Umsatzanteil von fast 50 % in dieser Region auf. Auch Europa und Amerika (insbesondere die USA) haben bei allen Unternehmen einen verhältnismäßig großen Umsatzanteil.

Nachhaltigkeit

In den letzten Jahren achten Kunden insbesondere bei luxuriöser Mode immer mehr auf Nachhaltigkeit. Dazu gehört beispielsweise ein verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen und faire Produktionsbedingungen in der gesamten Wertschöpfungskette.

Luxusmodemarken müssen zusammenarbeiten, wenn die Branche einen nachhaltigen Wandel herbeiführen will.

Antoine Arnault | Image und Umwelt, LVMH

Jedes der drei Unternehmen ist sich der ökologischen und sozialen Verantwortung bewusst, um langfristig wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Insbesondere Kering verfolgt eine sehr transparente Nachhaltigkeitsstrategie, die auch im Marketing eingesetzt wird.

LVMH verfolgt mit seinem internen Life 360 Programm einen nachhaltigen Ansatz, der auf Wiederverwertung beruht. Ressourcen sollen nicht unnötig verschwendet werden und über verschiedene Marken hinweg Kreislaufprozesse etabliert werden, die sowohl wirtschaftlich, als auch ökologisch verantwortungsbewusst sind.

Hermès priorisiert insbesondere die soziale Nachhaltigkeit. Das Unternehmen besitzt 54 Produktionsstandorte über Frankreich verteilt und produziert 76 % aller Produkte in Frankreich. Hermès setzt dabei vor allem auf traditionelles Handwerk und Qualität, welches bei den Produkten für eine enorme Langlebigkeit sorgt.

Fundamentalanalyse

Stammdaten

LVMH Kering Hermès
Marktkapitalisierung 408,3 Mrd. EUR 52,7 Mrd. EUR 230,1 Mrd. EUR
Hauptsitz Paris, FR Paris, FR Paris, FR
CEO Bernard Arnault François Pinault Axel Dumas

Leistungskennzahlen

Umsatzentwicklung der drei Unternehmen im Vergleich | eigene Darstellung | Quelle: stock3
Nettogewinn-Entwicklung im Vergleich | eigene Darstellung | Quelle: stock3
Entwicklung der Nettogewinnmarge | eigene Darstellung | Quelle: stock3

Bewertungskennzahlen

LVMH Kering Hermès
KGV 26,9 17,4 53,2
KUV 4,7 2,7 17,2
KBV 6,7 3,4 15,2
Aktuelle Bewertungskennzahlen | Quelle: TradingView

Durchschnitt der Branche:

  • KGV: 26,1
  • KUV: 4,6
  • KBV: 6,5
Verhältnis von Verschuldung zum Vermögen | eigene Darstellung | Quelle: TradingView

LVMH führt das Luxussegment mit beeindruckendem Abstand sowohl beim Umsatz als auch beim Nettogewinn an und zeigt eine kontinuierliche Wachstumsdynamik in den letzten Jahren. Hermès fällt durch sein starkes Umsatz- und Gewinnwachstum auf. Hier ist besonders die höhe Nettogewinnmarge von 32 % zu erwähnen.

Die Bewertungskennzahlen der Unternehmen variieren stark: Kering weist mit 17,4 das günstigste KGV auf und liegt damit deutlich unter dem Branchendurchschnitt. Hermès hingegen hat unter anderem aufgrund der geringen Verschuldungsquote und dem starken Wachstum mit 53,2 das höchste KGV. LVMH findet sich mit einem KGV von 26,9 zwischen den Konkurrenten wieder, was die solide Finanzbasis und das ausgewogene Wachstum widerspiegelt.

Glänzende Zukunft voraus ?

Chancen und Risiken

Die Luxusgüterindustrie hat trotz wirtschaftlich schwieriger Zeiten und allgemeinem Konsumrückgang durch strategische Ausrichtung und das Angebot exklusiver Produkte für Unternehmen wie LVMH und Hermès Wachstum erzielt, während Kering stärker betroffen war.

Nachhaltigkeit spielt eine zunehmende Rolle, bietet Marketingchancen und einen Wettbewerbsvorteil, da potenzielle Kunden immer größeren Wert auf soziale und ökologische Nachhaltigkeit setzen.

Risiken umfassen die starke Abhängigkeit von Führungspersonen, wie bei LVMH von Bernard Arnault und bei Kering von Francois Pinault. Bei Kering kommt zusätzlich das Risiko der geringen Diversifikation dazu, da ein Großteil des Umsatzes ausschließlich an der Marke Gucci hängt. Die niedrigen Bewertungskennzahlen zeigen die schwierigen Aussichten und durchwachsenen Wachstumschancen bei Kering.

Bei Hermès hingegen zeigen die hohen Bewertungskennzahlen hohe Erwartungen und bei LVMH auf eine Balance zwischen Wachstum und Stabilität. Die Zukunft der Branche wird durch Chancen und Risiken geprägt sein, wobei Anpassungsfähigkeit, Markenattraktivität und Nachhaltigkeitsintegration für den langfristigen Erfolg entscheidend sein werden.

Fazit

Im Luxusgeschäft muss man auf der Tradition aufbauen.

Bernard Arnault | CEO, LVMH

Abschließend lässt sich festhalten, dass LVMH in der Luxusgüterindustrie aktuell am besten positioniert ist. Dank eines ausgewogenen Kurs-Gewinn-Verhältnisses (KGV), stabilem Wachstum sowie hohem Umsatz und Nettogewinn. Die Marke vereint Diversifikation mit Stärke in Schlüsselsegmenten wie Mode, Lederwaren und selektivem Einzelhandel, was durch Marken wie Louis Vuitton und Sephora unterstrichen wird. Bernard Arnaults Fähigkeit, kontinuierliche Wachstumsdynamik für LVMH zu generieren, gepaart mit einer soliden Finanzbasis, hebt das Unternehmen von seinen Wettbewerbern ab.

Im Vergleich zu Kering, das durch seine geringere Diversifikation und Abhängigkeit von einzelnen Marken wie Gucci riskanter positioniert ist, und Hermès, das zwar eine hohe Gewinnmarge, aber auch ein hohes KGV aufweist, demonstriert LVMH eine überzeugende Balance zwischen Wachstum und Stabilität.

Nichtsdestotrotz sind auch Investments in Kering (aufgrund der aktuell sehr niedrigen Bewertung) und Hermès (aufgrund des stärksten Wachstums und der niedrigen Verschuldung) spannend. Es bleibt abzuwarten, was die Zukunft bringt und welches Unternehmen in Zukunft weiter glänzen kann.

Offenlegung wegen möglicher Interessenkonflikte

Der Autor ist in den folgenden besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse investiert: LVMH

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Über den Experten

Michael Flender
Michael Flender

Michael Flender ist seit dem Jahr 2007 hauptberuflich als Trader an der Börse tätig. Seine Schwerpunkte liegen auf dem Handel von Aktien mit einem meist mittelfristigen Zeithorizont. Hierbei berücksichtigt er sowohl den Nachrichtenfluss und die operative Entwicklung als auch die charttechnischen Trends. Gelegentlich führt er auch Short-Positionen oder kurzfristige Trades vor oder nach den regulären Handelszeiten durch. Seit 2020 ist er zudem vermehrt in den sozialen Medien aktiv und teilt täglich aufregende Neuigkeiten und Entwicklungen im Bereich Börse. Zusätzlich dazu verwaltet er auf der Plattform Goldesel.de mehrere Echtgelddepots und vermittelt dort auch die Prinzipien eines nachhaltigen Aktienhandels.

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