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11:14 Uhr, 12.04.2017

Löst das Wiederaufleben des Protektionismus einen Widerstand aus?

Ein Wiederaufleben des Protektionismus, vor allem in den USA, könnte nach Meinung von Philippe Uzan, Chief Investment Officer bei Edmond de Rothschild Asset Management, Widerstand von anderen Akteuren und Ländern auslösen.

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Genf (GodmodeTrader.de) - In den letzten Monaten sind von verschiedenen Seiten protektionistische Tendenzen zu spüren – sei es von der Regierung des neuen US-Präsidenten Trump, von populistischen Staatsoberhäuptern oder auch von Wahlkandidaten aus Industrieländern. Es wird gedroht, multilaterale Freihandelsabkommen zu kündigen oder aus internationalen Organisationen oder Bündnissen auszutreten. Gleichzeitig beobachtet man zum ersten Mal seit Mitte der Achtzigerjahre eine Abnahme des Welthandelsvolumens, wie Philippe Uzan, Chief Investment Officer bei Edmond de Rothschild Asset Management, in seinem aktuellen Marktkommentar „In the Spotlight“ schreibt.

Dieser Abschwung sei zum einen auf das verlangsamte Wirtschaftswachstum in China zurückzuführen, zum anderen vor allem auf die Neugestaltung der Globalisierung: Die Produktionsmodelle, Marktanteile und Marktteilnehmer, Nachfrage sowie Handelsbedingungen hätten sich so rasant verändert, dass die Globalisierung in den letzten 15 Jahren neue Richtungen und Formen angenommen habe, heißt es weiter.

„Die Öffnung nationaler Grenzen, niedrigere Transportkosten und Zölle haben große Konzerne und ihre Zulieferer zu einer Änderung ihrer Strategie ermutigt. Das traditionelle nationale Produktionsmodell ist ersetzt worden durch ein System von internationalen Industriesektoren, das auf der Aufteilung von Zuständigkeiten entlang der Wertschöpfungskette basiert“, so Uzan.

Diese so genannte vertikale Spezialisierung erkläre auch weitgehend, warum der Welthandel in den letzten 30 Jahren schneller zugenommen habe als das weltweite Bruttoinlandsprodukt. Gekoppelt mit der aktuellen Infragestellung der seit dem Zweiten Weltkrieg durch große multilaterale Abkommen herrschenden Welthandelsordnung, deute dies darauf hin, dass die Weltwirtschaft vor einer Zeit großer Veränderungen, wenn nicht sogar vor der Deglobalisierung, stehen könnte, heißt es weiter.

„In vielen Industrieländern ist die Globalisierung allmählich zu einer wichtigen politischen und sozialen Debatte geworden. Lange Zeit war sie die Zielscheibe antikapitalistischer Kräfte. Inzwischen ist die Globalisierung aber Kernbestandteil verschiedenster nationalistischer Plattformen, welche die Globalisierung für die ungleiche Vermögensverteilung in der Mittelschicht westlicher Länder, die hohe Arbeitslosigkeit und einen langsameren Anstieg von Löhnen und Gehältern verantwortlich machen“, sagt der Edmond de Rothschild-Experte.

Die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen in den USA und des Brexit-Referendums in Großbritannien wiesen auf jeden Fall in diese Richtung. Aber die globalisierte Welt bestehe längst nicht nur aus Industrienationen. Ironischerweise könnte ein Wiederaufleben des Protektionismus, vor allem in den USA, einen Widerstand von anderen Akteuren und Ländern auslösen. „Es wäre für die USA riskant, darauf zu setzen, dass ihre Partner nicht reagieren und nicht versuchen werden, einen gewissen gemeinsamen Widerstand zu organisieren“, so Uzan.

Zwei Beispiele wiesen daraufhin: Länder wie Mexiko, die von Trump besonders scharf angegriffen worden seien, hätten bereits Kontakt zur Europäischen Union (EU) aufgenommen. Als weltweit größter Binnenmarkt und Exporteur sei die EU natürlich interessiert. Außerdem mache die Veränderung der US-Handelspolitik den Weg für chinesische Projekte frei: Chinas Präsident Xi Jinping habe zum Beispiel in seiner Rede auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos im vergangenen Januar einen multilateralen Ansatz für den Freihandel verteidigt und gesagt, dass es in einem Handelskrieg keine Gewinner gebe.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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