Kommentar
08:50 Uhr, 12.01.2019

Liquidität en masse: An Geld mangelt es auch künftig wohl kaum

Manche Sorgen sind relevanter als andere. Zu den weniger relevanten gehören Ängste vor zu wenig Liquidität, sodass der Markt weiter einbrechen könnte.

Ohne Liquidität geht nichts. Man kann Liquidität kaum zu hoch einstufen. Das denken sich viele und vermuten hinter den Turbulenzen der letzten Wochen ein großes Problem. Die US-Notenbank verkauft immerhin für 50 Mrd. Dollar pro Monat Wertpapiere. Das entzieht dem Markt Geld. Das kann nicht gut sein, so die Überlegung.

An sich ist die Überlegung nicht falsch, sie ist nur etwas einseitig. Dazu muss man wissen, was in den letzten Jahren geschehen ist. Bereits vor dem Beginn von QE gab es von den Notenbanken Liquiditätsspritzen. Die aggregierte Bilanzsumme von EZB, Fed und Bank of Japan stieg im September 2008, dem Monat der Lehman-Pleite, um 100 Mrd. Das war allerdings nur der Anfang. Einen Monat später stand die Summe um eine Billion höher und bis Ende November wurden noch einmal 700 Mrd. oben drauf gepackt. Grafik 1 zeigt dazu die Bilanzsummenausweitung.

Bis 2008 stieg die Bilanzsumme nur sehr gemächlich an. 2008 kam die Explosion mit nachfolgender Zurückhaltung bis 2010. Danach begann die große Zeit des QE. Zwischen 2010 und Ende 2018 wurden so 8,5 Billionen Dollar ins System gepumpt. In der gesamten Zeit von 2003 bis 2018 wurde die Bilanzsumme um insgesamt 11,2 Billionen ausgeweitet. Bis März 2020, sofern die Fed an Quantitative Tightening festhält, sinkt die Summe wieder auf 10,6 Billionen. Dass es nicht mehr ist liegt daran, dass die BoJ noch Geld in den Markt spült.

Die Bilanzsumme ist in den vergangenen 10 Jahren so schnell gewachsen wie nie. Die drohende Reduktion von 6 % der Summe bis März 2020 erscheint da wie ein Witz. So viel Geld wie geschaffen wurde, braucht kein Mensch. Daher wird das ganze Geld der Notenbanken auch einfach gehortet und scheint als Überschussreserven der Banken auf (Grafik 2).


Überschussreserven sind Geld, welches die Banken nicht brauchen. Es liegt einfach nur herum, auf einem Konto der Notenbank. Es mangelt derzeit schlichtweg nicht an Liquidität. Davon kann man nur sprechen, wenn es keinen Überschuss mehr gibt. Davon sind wir noch 6 Billionen Dollar entfernt.

Der Rückgang der Börsen hat nichts, aber auch gar nichts mit Liquiditätsentzug zu tun. Das einzige, was Quantitative Tightening (QT) derzeit bewirkt, ist ein Abbau der Überschussreserven. Es mangelt an keiner Stelle an Geld und das wird es auch nie mehr, solange Notenbanker die Finanzkrise nicht vergessen haben. Sollten irgendwo Liquiditätsengpässe entstehen, werden per Knopfdruck hunderte Milliarden, wenn notwendig mehrere Billionen, geschaffen.

Dem Aktienmarkt nützt das genauso wenig wie QT dem Markt derzeit schadet, weil das Geld nicht direkt in den Aktienmarkt fließt. Das tat es auch nie, sonst säßen Banken nicht auf diesen gigantischen Geldbergen. Vielmehr hat es mit Risikobereitschaft zu tun. Flutet die Notenbank den Markt, sind alle ganz wagemutig und kaufen, ohne nachzudenken.

Es ist also nicht die Liquidität an sich, sondern die Risikobereitschaft. Diese war nach Lehman Brothers monatelang nicht mehr herzustellen, obwohl so schnell und so viel Liquidität geschaffen wurde wie noch nie. Das hat den Markt kein Stück nach oben bewegt.

Die Notenbanken können das Geld vom Markt wieder absaugen, solange die Überschussreserven nicht zu klein werden. Das einzige, was sie dabei machen müssen, ist den Willen zu bekunden, im Notfall sofort eine Umkehr einzuleiten. Das hat mehr mit Psychologie zu tun als mit tatsächlichen Engpässen. Wie gesagt, davon sind wir noch 6 Billionen Dollar entfernt.

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10 Kommentare

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  • Put.in
    Put.in

    Das Problem ist die beliebige Vermehrbarkeit des Papiergeldes. Wenn man nach Amiland schaut, sieht man das ganz genau. Brauchen die noch was, wird halt gedruckt. Mal abgesehen vom momentanen Shutdown... meiner Meinung nach die beste Show seit langem...

    11:02 Uhr, 14.01. 2019
    1 Antwort anzeigen
  • Thomas Spornraft
    Thomas Spornraft

    Das Geld kam ja in den Markt weil Anleihen aller Art zu jedem Preis gekauft wurden und Geld zu den besten Konditionen an Schuldner unerwähnter Bonität vergeben wurde. Bisher hat kaum jemand gefragt ob die Anleihen überhaupt einen Wert haben und ob die Schuldner ihr Geld auch jemals zurückzahlen können.
    Unternehmenspleiten und Kreditausfallraten reduzieren die Geldmenge auch, ohne dass irgendjemand was tut
    Wenn ich mir das untere Diagramm ansehe möchte ich sofort Long in Banken gehen, weil die irgendwann ihr gehortetes Geld zu Traumkonditionen verleihen können wenn die Zinsen demnächst steigen

    15:05 Uhr, 12.01. 2019
    1 Antwort anzeigen
  • German2
    German2

    diese ganzen billionen gehen in die Preise und zwar massiv... Immobilien, Aktien , Löhne, Dienstleistungen... seit 2008 ist das Geld nur ch ca die Hälfte wert und kein Ende in Sicht.... wer sich nun über deinen DOW von 24000 Punktn freut muss wissen das es einem DOW von 12000 aus 2008 entspricht... real nix gewonnen

    12:23 Uhr, 12.01. 2019
  • German2
    German2

    tja, so ist das leider mit dem Falschgeld.. dafür schickt man ganze Völker in die Hyperinflation

    12:21 Uhr, 12.01. 2019
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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