Fundamentale Nachricht
13:02 Uhr, 20.05.2021

Langfristig ist kaufen besser als mieten

Robert M. Almeida, Jr., Portfoliomanager und Globaler Investmentstratege bei MFS Investment Management, plädiert für langfristige Investments.

Aktiver Handel ist etwas ganz anderes als aktives Investieren. Aktive Händler mieten gewissermaßen Finanzinstrumente. Sie spekulieren auf den Zeitpunkt einer Trendwende und Änderungen der Marktführerschaft. Dann schichten sie um, um davon zu profitieren. Aber das ist nicht immer einfach, sodass die Erträge oft sehr heterogen sind.

Unser Ansatz ist anders. Wir investieren aktiv. Wir wollen Finanzinstrumente langfristig besitzen, nicht nur für einen Marktzyklus, sondern oft für mehrere. Vor allem in konjunktursensitiven Sektoren muss man Unternehmen finden, deren Produkte wenig standardisiert sind – Firmen mit einem individuellen Angebot und hoher Wertschöpfung. Sie können unabhängig von der Wirtschaftslage langfristigen Mehrwert schaffen.

Zulieferer sind meist weniger konjunktursensitiv

Nehmen wir als Beispiel den Wohnungsbau. Auf den ersten Blick scheint es naheliegend, ins klassische Bauhauptgewerbe zu investieren. Es ist aber extrem abhängig von der Konjunktur, der Verbraucherstimmung und dem Verhältnis von Hauspreisen und Einkommen. Außerdem ist die Branche kapitalintensiv, sodass die Gewinnmargen oft sehr unterschiedlich sind. Wer in den Wohnungsbau investieren will, ist aber nicht auf Bauunternehmen angewiesen. Wie jeder Hausbesitzer weiß, besteht ein Haus aus verschiedenen Gewerken. Und keines davon hält ewig.

Etwa zwei Drittel des Preises eines Neubaus entfallen auf Grundstück und Löhne; der Rest auf das Material. Der Innenausbau macht einen Großteil der Kosten aus. Er ist aber zugleich am wenigsten standardisiert. Hier zählen Qualität und Aussehen. Die Hersteller, etwa von Badkeramik und Einbauschränken, haben daher Preismacht und können dauerhaft hohe Margen erwirtschaften. Auch bei Dachziegeln, Farben, Böden und Isolierung gibt es große Unterschiede, vor allem in der Qualität.

Baunebengewerbe und Bauzulieferer werden aber nicht nur bei Neubauten benötigt. Amerikanische Häuser sind im Schnitt 43 Jahre alt, sodass viele Renovierungen und Reparaturen anstehen. Wir halten das Baunebengewerbe daher für weniger konjunktursensitiv als das Bauhauptgewerbe und vermuten hier die spannenderen Anlagechancen.

Finanzinstrumente langfristig besitzen

Aktives Investieren ist mehr, als Anlagen mit der Aussicht auf hohe und nachhaltige risikoadjustierte Erträge auf Sicht von mehreren Jahren zu finden. Investieren heißt für uns, dass wir uns an Unternehmen mit der Aussicht auf nachhaltigen Mehrwert beteiligen – an Firmen, die etwas bewirken. Verantwortliche Kapitalanlage bedeutet, nicht nur auf finanzielle Risiken zu achten. Wenn ferne Zulieferer ihre Mitarbeiter schlecht behandeln, ein Unternehmen durch dubiose Transferpreise Steuern vermeiden will oder soziale Probleme nicht ernst genommen werden, ist ein regelmäßiger Dialog mit der Geschäftsleitung, dem Board und anderen Stakeholdern vonnöten. Wer das Geld anderer Menschen anlegt, trägt eine große Verantwortung. Die Geschäftsleitungen hören einem langfristigen Eigentümer besser zu als jemandem, der nur kurzfristig investiert und wie ein Mieter bald weiterzieht.

An einer Branchenrotation und einem Wechsel der Marktführerschaft kann man viel verdienen. Letztlich glauben wir aber, dass man langfristigen Mehrertrag vor allem mit Unternehmen erzielt, die etwas bewirken. Das ist nicht zufällig so, sondern zwangsläufig.

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