Kommentar
06:55 Uhr, 31.03.2017

Kugelt sich Draghi gerade vor Lachen?

Der Chef der EZB hat im Normalfall nicht viel zu lachen. Seit gestern ist das ein klein wenig anders.

Die EZB macht bisher keine großen Anstalten die Geldpolitik zu straffen. Der Markt sah das nach dem letzten Zinsentscheid anders. Die Wahrscheinlichkeit für einen Zinsanstieg bis Ende 2017 stieg spontan auf über 50 %. Kurz zuvor lag sie bei 10 %. Der Grund für diesen Zinsoptimismus: die EZB hatte andiskutiert, ob man die Zinsen auch vor Ende des QE Programms anheben könnte. Wie sinnvoll so etwas ist, sei dahingestellt, aber freilich kann die EZB so etwas tun.

Hinter den Kulissen rudern die EZB Direktoren nun fleißig zurück. Gestern wurde Reuters erzählt, dass man erst QE beenden wird und dann erst die Zinsen anhebt. Anscheinend war nun der Schritt zu einer Nachrichtenagentur notwendig, denn der Markt schien seine Erwartungen zu festigen. Das zeigte die ungewöhnliche Stärke des Euro gegenüber dem Dollar.

Draghi wollte nie von einer geldpolitischen Wende sprechen. Einige Länder nahmen ihm das übel. Nicht zuletzt wuchs zuletzt der Widerstand in Deutschland. Die Inflation stieg im Februar über die Zielmarke von 2 %. Das gab Politikern wie auch Notenbankern gleichermaßen Munition für einen Angriff auf die Politik des billigen Geldes. Draghi musste sich einiges anhören. Jetzt kann er schadenfreudig lachen.

Gestern gab das Bundesamt für Statistik eine Erstschätzung für die Inflation im März heraus. Die Inflationsrate wird demnach auf 1,6 % sinken. Der Rückgang von 2,2 % auf 1,6 % innerhalb eines Monats ist ein starkes Stück. Das war so überhaupt nicht erwartet worden. Ein Rückgang hielten die meisten für wahrscheinlich, weil der Ölpreis auf Jahressicht nicht mehr so stark angestiegen ist wie Anfang 2017, doch 0,6 Prozentpunkte Rückgang sind dann noch jenseits der pessimistischsten Annahmen.

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Draghi wollte nie von einer Straffung sprechen, weil er die Inflation für kein Problem hielt. Er sieht die Marke von 2 % noch immer in weiter Ferne. Ist der Ölpreiseffekt erst einmal komplett verdaut, liegt die Inflation in Europa wieder näher bei 1 % als bei 2 %. Es gibt daher keinen Grund für eine straffere Geldpolitik. Draghi und die EZB können sich nun bestätigt fühlen.

Die erneut sinkende Inflation ist natürlich alles in allem keine gute Nachricht. Draghi kann sich zwar bestätigt fühlen, doch es verschlechtert die Aussichten wieder. Die fehlende Notwendigkeit für eine Änderung der Zinspolitik hält den Euro zwar tief, doch dafür wird er nun durch ein wieder kleiner werdendes Realzinsdifferential nach oben gedrückt (Grafik 2).

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Auch in den USA wird die Inflation wieder etwas zurückgehen, doch wird sie tendenziell weniger stark fallen als in der Eurozone. Die Kerninflation liegt in den USA bei 2 %, in der Eurozone bei 0,9 %. Die Inflationsrate wird sich daher hierzulande wieder Richtung 1 % schieben, in den USA Richtung 2 % oder auch 2,2 %. Obwohl die Fed die Zinsen anhebt, werden diese Zinsanhebungen durch die höhere Inflation wettgemacht. Das ist der Grund, weshalb sich der Euro trotz der divergierenden Geldpolitik so gut hält.

Theoretisch müsste der Euro nach dem Realzinsdifferential sogar noch weiter aufwerten. Das wird er vermutlich nicht. Dafür sorgt das Bekenntnis der EZB an der Geldpolitik nicht zu rütteln. Reuters wurde berichtet, dass auch beim nächsten Entscheid keine Hinweise auf eine Änderung gegeben werden, um dem Markt zweifelsfrei zu signalisieren: 2017 passiert nichts mehr.

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2 Kommentare

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  • dschungelgold
    dschungelgold

    Es wird halt alles zurechtgelogen wie es gerade passt. Von 2 auf 1.6% in einem Monat. Das ist schlicht unmoeglich. Glaubt , Leute glaubt. Egal wie schwachsinnig.

    12:54 Uhr, 31.03. 2017
  • Bigdogg
    Bigdogg

    Das ist doch alles Blödsinn Herr Schmale...bereits letztes Jahr war klar, dass es aufgrund von Basiseffekten zu einem Infaltionssprung um die Jahreswende 2016/2017 kommt und es anschließend schnell wieder abwärts geht. Für niemanden der Ahnung von der Materie hat ist das offensichtlich....mal abgesehen, dass die ganzen Zahlen eh nicht das Papier wert sind auf dem sie geschrieben sin. Draghi freut sich nicht und die anderen ärgern sich nicht - alles nur Show für das ahnungslose Publikum. Leider lassen auch Sie sich von diesem Schwachsinn anstecken....

    10:46 Uhr, 31.03. 2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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