Kommentar
08:02 Uhr, 19.05.2016

Konsumenten-Stimmung hellt sich auf - jetzt Aktien kaufen?

Spannende Wochen mit äußerst widersprüchlichen Signalen liegen hinter uns. Jetzt dürfte der Markt wieder etwas mehr Klarheit haben – doch wie lange?

Der Markt war zuletzt einfach nicht vom Fleck zu bewegen. Nach dem dynamischen Rebound im Februar und März war zuletzt wenig Bewegungsfreude zu spüren. Die Datenlage war einfach zu unübersichtlich. Mal gab es einen Hoffnungsschimmer wie z.B. das überraschend hohe Wirtschaftswachstum in der Eurozone. Ein anderes Mal gab es ernüchternde Daten wie z.B. die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in den USA (Warum sind die Erstanträge ein wichtiger Indikator? Lesen Sie dazu diesen Artikel)

Die Erstanträge waren in den letzten Wochen nicht mehr rückläufig, sondern stiegen an. Das irritierte etwas, denn bisher baute die US-Wirtschaft trotz moderatem Wachstums kräftig neue Stellen auf. Die Befürchtung des Marktes war damit klar definiert. Wenn die Wirtschaft schon so langsam wächst und eigentlich nur vom Jobaufbau lebt, dann schwächt sich das Wachstum erheblich ab, wenn der Stellenaufbau deutlich langsamer vorangeht.

Börsenchaos – Sind Aktienmärkte prognostizierbar?

Einerseits waren das schlechte Nachrichten, denn wenn sich das Wachstum weiter verlangsamt, dann ist ein Ende der Gewinnrezession der US-Unternehmen alles andere als nah. Andererseits freuten sich Anleger, dass unter diesen Umständen die Zinsen weiterhin niedrig bleiben würden. Das wiederum unterstützt höhere Bewertungen an der Börse, auch, weil sich Unternehmen günstig verschulden können, um eigene Aktien zurückzukaufen.

Ende vergangener Woche wurden neue Daten veröffentlicht, die die Sache wieder auf den Kopf stellen. Das Konsumentenvertrauen ist deutlich gestiegen. Auch die Einzelhandelsumsätze legten stärker zu als erwartet. Das ist aus wirtschaftlicher Sicht ein Befreiungsschlag. Wegen der steigenden Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe war zu befürchten, dass der Rebound der Wirtschaft im zweiten Quartal extrem moderat ausfallen würde. Die Konsumausgaben sagen nun etwas Anderes.

Der Anstieg des Konsumentenvertrauens ist bemerkenswert. Normalerweise laufen Konsumentenvertrauen und Ölpreis konträr. Steigt der Ölpreis, dann sinkt die Laune der Konsumenten. Ist Öl hingegen günstig, dann steigt die Stimmung. Grafik 1 stellt diesen Zusammenhang her. Der Ölpreis ist dabei invertiert dargestellt, sodass sich der Zusammenhang besser erkennen lässt.
Nun geschah etwas, was kaum jemand erwartet hatte. Weil der Ölpreis zuletzt gestiegen war, gingen Analysten davon aus, dass sich das Verbrauchervertrauen weiter eintrüben würde. Das geschah nicht. Im Gegenteil, das Vertrauen stieg sprunghaft an und erreichte den höchsten Wert seit Juni 2015.


Keiner kann ganz genau sagen, ob es sich dabei um statistisches Rauschen oder ob es sich hier um ein handfestes Signal handelt. Forschungsinstitute begründen den Anstieg mit einer gestiegenen Zuversicht in Bezug auf die Lohnentwicklung der Verbraucher. Sie blicken zuversichtlich in die Zukunft, weil sie davon ausgehen, dass ihre Löhne steigen werden.
Es lässt sich tatsächlich ein Zusammenhang zwischen Verbrauchervertrauen und Lohnwachstum herstellen. Grafik 2 zeigt diesen Zusammenhang. Das Konsumentenvertrauen läuft der Lohnentwicklung um ungefähr ein Jahr voraus. Sofern sich die Welt nicht völlig geändert hat, bedeutet das gestiegene Vertrauen, dass Arbeitnehmer in den USA in den kommenden 12 Monaten tatsächlich mit steigenden Löhnen rechnen können.

Für Arbeitnehmer und die Wirtschaft ist das gut. Für Unternehmen und ihre Gewinne ist es problematisch. Die Margen sinken wegen steigender Lohnkosten. Die steigenden Kosten lassen sich nur langsam und mit zeitlicher Verzögerung auf die Güterpreise übertragen. Die Gewinne sinken also temporär.
Die Notenbank dürfte die Entwicklung freuen, denn sie kann letztlich auf eine steigende Inflationsrate hoffen. Zudem zeigen das Konsumentenvertrauen wie auch die Entwicklung der Einzelhandelsumsätze eine erneute Beschleunigung des Wirtschaftswachstums an. Grafik 3 zeigt den Zusammenhang von Einzelhandelsumsätzen und Wirtschaftswachstum.

Die Lage hat sich wieder deutlich aufgehellt. Für den Aktienmarkt bedeutet es jedoch mehr Stress als Entspannung. Reflexartig denken Anleger an Zinserhöhungen und einen aufwertenden Dollar. Beides belastet die Kurse.

Die Logik ist zwar bestechend, doch wenn die letzten Monate eines gezeigt haben, dann sicherlich, dass sich die Großwetterlage an den Märkten schnell ändern kann. Heute denkt der Markt an Zinserhöhungen, morgen wieder an etwas anderes. Die Klarheit, die jetzt in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung zu herrschen scheint, kann morgen schon wieder verloren sein.

Wie in einem anderen Artikel beschrieben, ist es für Anleger am einfachsten die Entwicklung der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe zu beobachten. Diese geben mittelfristig die Richtung vor.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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