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16:23 Uhr, 29.06.2012

Kommende Aktienrallye ist durchaus denkbar

Frankfurt (BoerseGo.de) - Nach dem schwachen Mai an den Börsen besteht nun Raum für eine Rallye. Diese Meinung vertritt Mikio Kumada, Global Strategist bei LGT Capital Management. Insgesamt erscheint Kumada eine konservative, langfristige Anlagestrategie mit moderat risikofreundlichen Elementen in ausgewählten Bereichen weiterhin als angebracht.

Am 5. Juni stellten die Finanzminister und Notenbankchefs der "Gruppe der Sieben" nach einer Krisentelekonferenz "koordinierte Reaktionen" auf die Probleme in Griechenland und Spanien in Aussicht. Seitdem haben sich Aktien vor allem in Europa deutlich erholt, wobei die riskantesten Märkte interessanterweise am besten liefen (Griechenland: +14.7 Prozent, Spanien: +4.6 Prozent). „Die peripheren Märkte bleiben für unsere Strategien derzeit grundsätzlich immer noch zu riskant und sind in einigen Fällen auch nicht liquide genug. Als mögliches Zeichen einer allgemeinen Stabilisierung ist der Rebound an der Peripherie jedoch willkommen. Auch im Anleihenbereich profitierten risikoreiche Hochzinspapiere“, führt Kumada aus. Er schränkt aber ein: Es wäre sicherlich verfrüht von einem neuen Trend zu sprechen.

Dennoch sieht er diese jüngste Erholung aus folgenden Gründen bemerkenswert: Erstens habe die Erholung trotz eines offensichtlichen Mangels mutiger politischer Entscheidungen in Europa stattgefunden. Schritte in Richtung eines EU-Bundesstaates, wie sie allgemein als notwendig angesehen werden, ließen weiter auf sich warten. Die Europäische Zentralbank habe ihrerseits sowohl von einer Zinssenkung als auch neuen außerordentlichen Interventionen abgesehen.

Zweitens wurden außerhalb Europas zwar konkrete geldpolitische Maßnahmen ergriffen, doch auch diese waren von eher beschränkter Bedeutung und primär innenpolitisch motiviert, so Kumada. So habe China erstmals seit 2008 unerwartet die Leitzinsen gesenkt und zudem den Geschäftsbanken erstmals seit 2004 etwas mehr Freiheit bei der Festlegung ihrer eigenen Zinspolitik gegeben. In den USA entschied die Federal Reverse, die auslaufende "Operation Twist" bis Ende 2012 zu verlängern. Mit anderen Worten, so der Experte: China setze lediglich die vorsichtige Modernisierung seines immer noch kommandowirtschaftlich geführten Bankensystems fort. Auch die Fed handle nach gewohntem Muster, dass in einem Wahljahr nennenswerte geldpolitische Kursänderungen eher zu meiden sind. Auf die chinesischen bzw. amerikanischen Börsen hätten diese bescheidenen Maßnahmen bisher jedenfalls kaum eine positive Wirkung entfaltet.

Drittens, so Kumada weiter, habe die Erholung trotz eines anhaltend negativen Nachrichtenflusses stattgefunden. Die Konjunkturdaten aller großen Volkswirtschaften hätten auch in den letzten Wochen weiter mehrheitlich enttäuscht. Dazu habe es eine regelrechte Welle von Bonitäts-Herabstufungen von Staaten und Banken gegeben. Die Anleger reagierten also inzwischen weniger empfindlich auf vorhersehbare schlechte Nachrichten – ein typisches Zeichen für eine potentielle Erschöpfung der Negativität, meint der Experte. Immer mehr Investoren scheinen seiner Meinung nach nun bereit sein zu, auf Basis konstruktiver Überlegungen zu handeln. Sachliche Aspekte fänden nun wieder verstärkt Beachtung (attraktive Bewertungen vieler Risikoanlagen, Mangel an rentierenden Alternativen, etc.).

„Insgesamt bestätigen die jüngsten Entwicklungen, dass nach dem schwachen Börsenmonat Mai durchaus Raum für weitere Kursavancen besteht. Eine politische Konsequenz der griechischen Wahlen ist, dass die großen Mittelmeermächte Frankreich, Italien und Spanien fortan ihr politisches Auftreten gegenüber Berlin stärker abstimmen dürften. Gleichzeitig hält das Ausbleiben bahnbrechender politischer Entscheidungen auch weiterhin das Risiko "aggressiverer" Interventionen aufrecht,“ schließt Kumada.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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