Kommentar
15:50 Uhr, 12.11.2020

Können Notenbanken wirklich noch mehr tun?

Sowohl die EZB als auch die Fed betonen, dass sie noch mehr tun können. Das ist fraglich. Wie weitreichend die Interventionen der Notenbanken bereits gehen, zeigt eine ungewöhnliche Entwicklung bei den Zinsen in den USA. Bei den letzten drei QE-Programmen stiegen die Zinsen. Sobald die Notenbank Anleihen kaufte, stieg die Rendite. Auf den ersten Blick ist das verwunderlich, da ja eigentlich mit dem Argument gekauft wurde, dass die Zinsen tief bleiben sollen. Tatsächlich aber führte QE dazu, dass Anleger Zutrauen gewannen und daher mehr Risikofreude zeigten. Sie verkauften mehr Anleihen als die Notenbank kaufte. Es wurde von sicheren Anlagen wie Anleihen in riskantere Anlagen wie Aktien umgeschichtet.


QE3, das bis Ende 2014 lief, fällt etwas aus der Reihe. Die Zinsen begannen vor dem Ende zu sinken. Das lag daran, dass die Fed bereits 2013 ein Ende ankündigte. Anleger strömten wieder vermehrt in Sicherheit.

Beim aktuellen QE Programm kommen die Zinsen nicht vom Fleck. Mit einem Blick auf den Aktienmarkt sieht man aber sofort, dass Anleger Risiko nicht scheuen. Der Notenbank ist es erstmalig gelungen durch QE die Zinsen zu senken und für mehr Risikofreude zu sorgen. Inzwischen ist der Markt so sehr mit Geld überschwemmt, dass gesteigerte Risikofreude nicht mehr zu höheren Zinsen führt.

Die Zinsen sind inzwischen auch von den wirtschaftlichen Erwartungen komplett losgelöst. Der Einkaufsmanagerindex und die Zinsen gehen seit jeher Hand in Hand. Nichts hält aber ewig, möchte man sagen (Grafik 2). Die Erwartungen steigen immer weiter, die Zinsen bleiben am Boden kleben.


Nun stelle man sich die nächste Krise oder eine Fortsetzung der aktuellen vor. Risiko-Assets wie Aktien sind bereits auf Rekordhoch und die Zinsen sehr nahe an der Untergrenze dessen, was möglich ist. Natürlich kann die Notenbank noch mehr Geld drucken, aber mit welcher Wirkung?

Das Geld der Anleger kann sich schon nirgends mehr verstecken. Aktien wurden bereits gekauft und die Bewertung ist historisch hoch. Wer Anleihen besitzt, gibt diese nicht freiwillig her. Den minimalen positiven Zins behält man lieber, da nicht erwartet wird, dass man Anleihen jemals wieder mit höherem Zins einkaufen kann.

Kurz gesagt: selbst wenn noch mehr Geld gedruckt wird, es dürfte kaum Wirkung haben. Das einzige, was noch getan werden kann, ist die Kontrolle der Bewegungen des Finanzmarktes. Man kann die Zinskurve strikter managen und Volatilität abschaffen. Ob das wirklich noch einen Schub für das Vertrauen und vor allem die Realwirtschaft bringt, sei dahingestellt.

Notenbanken beteuern, dass sie noch mehr tun können. Was sie damit meinen: wir können immer noch mehr Geld drucken. Das ist schon richtig, aber die Wirkung von noch mehr Geld dürfte begrenzt sein.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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