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12:33 Uhr, 14.08.2017

Können die Gewinne steigen, wenn die Inflation nicht anzieht?

Vor dem Hintergrund der sich ändernden Demografie, des schwachen Wirtschaftswachstums und der rekordhohen Verschuldung sollten Investoren nach Meinung von James Swanson, MFS Chief Investment Strategist, vorsichtig sein.

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  • Dow Jones
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    Kursstand: 21.858,32 Pkt (NYSE) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

Boston (GodmodeTrader.de) - Seit Jahrzehnten kämpfen Ökonomen gegen die Inflation - also gegen steigende Preisen ohne ausreichende Produktivitätsgewinne. Investoren und Geldpolitiker gleichermaßen hassen die Inflation, weil sie die Verbraucher ihrer Kaufkraft beraubt und sie von langfristigen Investitionen abhält - aus Angst davor, dass sie an Wert verlieren. In früheren Konjunkturzyklen haben die Notenbanken in solchen Fällen die Zinsen erhöht, um das Wachstum zu dämpfen, spekulative Investitionen zu beenden und so den Anstieg der Verbraucherpreise einzudämmen. Üblicherweise steigt die Inflation nach einigen Jahren des Aufschwungs, spätestens aber zur Mitte des Konjunkturzyklus, wie James Swanson, MFS Chief Investment Strategist, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Diesmal komme der Konjunkturzyklus zwar in die Jahre, aber die Inflation sei noch immer überraschend niedrig, deutlich schwächer als in früheren Zyklen. Weltweit sehe es kaum anders aus: In China gehe die Inflation zurück. Die Euroraum-Inflation sei zuletzt enttäuschend gewesen, obwohl das Wachstum überraschend hoch gewesen sei. Ähnliches sei aus Japan zu berichten. Selbst in Großbritannien, wo die Inflation nach dem Brexit-Votum aufgrund der Pfundabwertung kurzzeitig gestiegen sei, sei die Teuerung den jüngsten Daten zufolge wieder zurückgegangen.

„Inflation hat große Auswirkungen auf die Preismacht von Unternehmen. In der Endphase eines Konjunkturzyklus können Unternehmen ihre Preise üblicherweise anheben, sodass die Erträge gemessen an den Fixkosten steigen und die Gewinnmargen zulegen. Doch in den allermeisten Industrieländern ist die Inflation noch immer sehr niedrig, sodass sich die Preismacht der Unternehmen in Grenzen hält. Diesmal könnte die ausbleibende Inflation auch für Probleme am Markt sorgen, denn Aktien sind heute höher bewertet als in 90 Prozent der Zeit seit 1995. ‚Priced for Perfection‘, wie es so schön heißt. Doch bereits im Juni haben die US-Einzelhandelsumsätze enttäuscht. Automobilabsatz und Automobilpreise waren schwach, und die Wohnungsmieten sind nicht mehr gestiegen. Die mangelnde Preismacht könnte dem zukünftigen Umsatzwachstum schaden - und für immer mehr Unruhe an einem Markt sorgen, an dem man nichts anderes kennt als immer weiter steigende Aktienkurse“, so Swanson.

Seiner Ansicht nach kann der Markt in nächster Zeit vor zwei Problemen stehen:

1. In der Vergangenheit seien Inflation und Kreditaufnahme der Unternehmen in der Endphase eines Konjunkturzyklus meist gestiegen. Dadurch verdienten die Aktionäre mehr, zumindest eine Zeit lang. Aber irgendwann, meist bevor die Konjunkturdaten wieder schwächer geworden seien, habe der Markt an Dynamik verloren. Die Aktienkurse seien aufgrund einer fatalen Kombination aus strafferer Geldpolitik, abnehmenden Investitionen und schwächeren Gewinnen gefallen. Wenn sich die Unternehmen dann höher verschuldeten, gehe der Konjunkturzyklus meist seinen üblichen Gang. Am Ende lasse die Wirtschaft nach und es komme zu einer Rezession, denn die Unternehmen nähmen in aller Regel zum schlechtesten Zeitpunkt neues Fremdkapital auf. Die Vergangenheit lehre uns, dass risikoreiche Finanzinstrumente wie Aktien und hochverzinsliche Unternehmensanleihen im Abschwung massiv verlören. Im Schnitt sei der S&P 500 Index in der Rezession um 26 Prozent zurückgegangen. Das verkrafte niemand gut.

2. scheine dieser Zyklus hingegen untypisch, denn die sonst in der Endphase übliche Inflation bleibe aus. Wenn also die Inflation niedrig bleibe und Preismacht sowie Gewinnwachstum bremse, würden die meisten Unternehmen ihre Gewinnerwartungen nicht erfüllen. Die Aktienkurse könnten fallen, heißt es weiter.

„Gibt es eine Lösung für diese beiden Probleme? Vielleicht kehrt die Inflation zurück, gefolgt von der Preismacht, und vielleicht ersticken die Notenbanken den derzeitigen moderaten Weltwirtschaftsaufschwung nicht. Aber so etwas habe ich in meiner ganzen Karriere noch nie erlebt. Vielleicht ist heute aber auch alles anders, und der Konjunkturzyklus findet kein Ende. Oder vielleicht senkt der amerikanische Kongress die Steuern so stark, dass das Wirtschaftswachstum wieder angekurbelt wird. Ich glaube allerdings nicht, dass Konjunkturzyklen der Vergangenheit angehören. Auch kann ich mir kaum vorstellen, dass die Politik die Wirtschaft wirklich voranbringen kann. Da ich nicht mit einem Wunder rechne, versuche ich lieber, meine Kursgewinne seit dem Tiefststand 2009 zu sichern. Das sind immerhin fast 300 Prozent“, so Swanson.

Für Investoren sei das Alter wichtig, denn von ihm hänge ab, wie viel Risiko man tragen könne. Für Konjunkturzyklen gelte das auch. Im Schnitt dauere ein Konjunkturzyklus fünf Jahre, aber der heutige sei schon acht Jahre alt. Der längste Konjunkturzyklus aller Zeiten sei zehn Jahre lang gewesen. Die Vergangenheit spreche also dafür, dass das Ende nahe - und je näher es komme, desto höher seien die Risiken, heißt es weiter.

„Wichtig ist dies vor allem aufgrund der Alterung der Weltbevölkerung. Im Schnitt sollten Investoren heute niedrigere Risiken eingehen als vor zehn Jahren, und sie sollten sich vor allem bewusst machen, dass der Konjunkturzyklus jederzeit vorbei sein kann. Vor dem Hintergrund der sich ändernden Demografie, des schwachen Wirtschaftswachstums und der rekordhohen Verschuldung sollten Investoren vorsichtig sein - und in dieser Endphase des Konjunkturzyklus kein Risiko eingehen“, so Swanson.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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