Knockout-Zertifikate: Die Futures des kleinen Mannes
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Knock-Out-Zertifikat: Der etwas martialisch anmutende Begriff steht für die wohl auffälligste Eigenschaft dieser Klasse von Derivaten. Ein KO-Zertifikat kann auch vor Ende der Laufzeit verfallen, wenn das „KO-Ereignis“ eintritt. Doch eins nach dem anderen.
Ein KO-Zertifikat eröffnet einem Anleger grundsätzlich die Möglichkeit, auf steigende („Bull“, „Long“) oder fallende („Bear“, „Short“) Kurse zu setzen.
Konstruktion eines KO-Zertifikates
Wer sich mit Futures auskennt, findet sich bei KO-Zertifikaten schnell zurecht. Es handelt sich um die synthetische Abbildung eines Wertpapierkaufs, der zum Teil kreditfinanziert ist. Der Emittent, der das Zertifikat konstruiert, stellt dem Anleger sozusagen einen im Wertpapier enthaltenen Kredit zur Verfügung, was den Hebeleffekt ermöglicht. Folgende Begriffe sind von zentraler Bedeutung:
Der Hebeleffekt
Der Hauptgrund, warum Anleger generell in Derivate investieren, ist der Hebeleffekt. Er ermöglicht mit relativ geringem Einsatz die Teilhabe an Veränderungen des Basiswertes. Oftmals ist es für Privatanleger aber auch gar nicht möglich, den Basiswert direkt zu kaufen. Man denke z.B. an Rohstoffe.
Vorteile von KO-Zertifikaten gegenüber anderen Derivaten
Es wurde bereits angesprochen, dass die KOs eine Verwandschaft zu Futures zeigen. Während man beim Future aber eine Margin (Sicherheitsleistung) hinterlegt und „nachschießen“ muss, wenn die Position in die nicht gewünschte Richtung läuft, ist das maximale Risiko beim KO-Zertifikat auf den Einsatz begrenzt. Damit ist man auch vor dem „Gap-Risiko“ geschützt. Wenn sich Kurse über Nacht oder auch tagsüber, z.B. nach wichtigen Wirtschaftsdaten, mit Kurslücken (Gaps) deutlich bewegen kann es sein, dass die Schließung einer Position zum gewünschten Kurs (beispielsweise durch Stopp-Loss) im Future nicht gelingt. Die Differenz nennt man Slippage. Beim Zertifikat kann die Slippage maximal den Restwert aufsaugen.
Gegenüber Optionsscheinen sind KO-Zertifikate zudem sehr viel transparenter. Während der Wert von OS ganz entscheidend von der impliziten Volatilität abhängt, die man nicht im Voraus errechnen kann, ist die Preisfindung bei Zertifikaten sehr einfach und nachvollziehbar, da sie sich aus innerem Wert und Aufgeld ergibt – beides berechenbar.
Formales
Grundsätzlich ist ein KO-Zertifikat (Alternativbegriffe: Minifutures, Turbo-Optionsscheine, Wave-Calls) eine Schuldverschreibung eines Emittenten, deren Rückzahlung an bestimmte Ereignisse geknüpft ist. Das bedeutet auch, dass es theoretisch sein kann, dass man mit seiner Meinung richtig lag, der Emittent aber pleite geht und deswegen nicht zahlen kann. So erging es Anlegern, die Zertifikate der Lehman Brothers erworben hatten. Dieses „Emittenten-Risiko“ ist immer existent, spielt aber insbesondere im kurzfristigen Bereich, der mit Hebelzertifikaten abgedeckt wird, kaum eine Rolle.
Fazit
KO-Zertifikate sind transparent gepreiste, leicht zu handelnde Tradinginstrumente. Sie erlauben es, bei geringem Kapitaleinsatz aufgrund der synthetischen Kreditkonstruktion, nahezu beliebig hoch gehebelt zu traden, wobei das Risiko notwendigerweise mit dem Hebel steigt. Insbesondere in sehr volatilen Marktphasen ist zudem das nicht vorhandene Gap-Risiko ein schlagendes Argument.
Begriffsklärung
Basiswert: Aktie, Rohstoff, Index oder andere Basiswerte, auf die sich das Zertifikat bezieht.
Basis: Auch Finanzierungslevel genannt. Den Bereich 0 bis zur Basis finanziert der Emittent. Was darüber geht, zahlt der Anleger. Je höher die Basis, desto größer wird der Hebel (siehe unten).
KO-Schwelle oder Barriere: Bei Erreichen der Schwelle wird das „KO-Ereignis“ ausgelöst. Das Zertifikat ist „ausgeknockt“, und der Restwert incl. Aufgeld wird ausgezahlt. Sehr häufig sind Basis und KO-Schwelle identisch, dann ist der Restwert 0 (das Aufgeld verfällt dann).
Innerer Wert: Die Differenz zwischen der Basis und dem aktuellen Kurs des Basiswertes. So hoch wäre der „faire Wert“ ohne weitere Laufzeit des Zertifikats.
Aufgeld : Differenz zwischen dem Kurs des Zertifikats und dem inneren Wert. Das Aufgeld entspricht den Zinsen für den Finanzierungsanteil (siehe Basis) und wird über die Laufzeit des Zertifikats abgebaut.
Bezugsverhältnis: In aller Regel 1:100, d.h. ein Punkt im Underlying entspricht einem Cent im Zertifikat.
Laufzeit: Am Ende der Laufzeit wird der innere Wert des Zertifikats ausgezahlt. Es gibt auch Endloszertifikate. Um die grundsätzliche Konstruktion aufrecht zu erhalten, wird dann jeden Tag die Basis leicht angepasst.
Hebel: Aufgrund des Kreditanteils partizipiert das KO-Zertifikat überproportional an den Bewegungen des Underlyings. Und zwar umso stärker, je näher der Kurs des Underlyings an der Basis liegt. Der maximale Hebel ergibt sich somit unmittelbar vor dem KO, allerdings herrscht dort auch das höchste Risiko.
KO-Zertifikate sind per se zwar eine gute Sache, mit den Kursstellungen der Emittenten gibt's leider massiv Probleme.
Ich weiß nicht, wie oft schon die Papiere vom Handel ausgesetzt wurden oder es keinen Fill gab, obwohl der Kurs um mehrere Ticks überboten wurde. So wurde schon so manches mal aus einem Gewinn letztlich ein Verlust.
Beim Handel mit Futures, und für mich kommt gar nichts anderes mehr in Frage, gibt es solche "Sachen" nicht.