Kommentar
07:39 Uhr, 21.11.2016

Killt die Börsen-Rally sich selbst?

Derzeit steigt alles. Aktien, Inflation, Zinsen, Dollar, Rohstoffe. Das führt letztlich dazu, dass sich die Rally selbst ein Ende setzen wird.

Aktuell gibt es zwei Trends, die sich widersprechen: steigende Aktien und gleichzeitig steigender Dollar und steigende Inflation und gleichzeitig steigende Aktien. Sowohl steigende Inflation als auch ein stärker werdender Dollar lasten für gewöhnlich auf dem Aktienmarkt.

Steigende Inflation stellt kurzfristig ein Problem für Unternehmen dar. Steigen die Kosten für Produkte und Dienstleistungen lassen für gewöhnlich die Margen sinken. Preisauftrieb bei den Inputgütern (z.B. Rohstoffe) lässt sich nicht sofort und eins zu eins auf den Konsumenten überwälzen. Die Folge: kurz- und mittelfristig sinken die Margen.

Langfristig können Unternehmen die gestiegenen Kosten weitergeben, aber auch das bringt Probleme mit sich. Steigt die Inflation innerhalb kurzer Zeit merklich an, reagieren Konsumenten wenig euphorisch. Insbesondere steigende Energiepreise belasten die Konsumlaune und führen zu einer Abflachung des Konsumwachstums.

Hält der Trend an und folgt den derzeit rasant steigenden Inflationserwartungen tatsächlich die Inflation, werden Unternehmen auf Sicht mehrerer Quartale ihren Gewinn nicht steigern können. Vielmehr dürften die Gewinne wieder sinken. Das ist bitter, denn erst im abgelaufenen Quartal konnten US-Unternehmen die Gewinnrezession hinter sich lassen.

Nun lauert die nächste Gewinnrezession schon um die nächste Ecke. Grund dafür ist (noch) nicht die Aussicht auf steigende Inflation, sondern die Dollarrally. Der Dollar hat seit der Wahl gegenüber den meisten Währungen stark zugelegt. Der Dollar-Index, der vor allem vom Euro dominiert wird, gewann 4 %. Gegenüber dem Yen legte der Dollar mehr als 5 %, ebenso wie gegenüber dem australischen und kanadischen Dollar.

Auf den Nebenschauplätzen (Emerging Markets) hat der Dollar noch sehr viel deutlicher zugelegt. Die Kursgewinne liegen hier bei 6 % bis 20 %. Eine so starke Aufwertung innerhalb so kurzer Zeit wird Spuren in den Bilanzen hinterlassen. Grafik 1 gibt darauf einen Vorgeschmack. Dargestellt sind der Dollarindex sowie die Gewinne aller US-Unternehmen. Man erkennt sofort, dass ein steigender Dollar das Gewinnwachstum beeinträchtigt hat.

Noch besser erkennt man diese Entwicklung, wenn man das Gewinnwachstum der Performance des Dollar-Index gegenüberstellt. Das wird in Grafik 2 gemacht. Steigt der Dollar, dann fallen die Gewinne. Dieser Zusammenhang besteht seit Ende des Bretton Woods Systems. Da der Dollar aus seinem Rallyemodus gar nicht mehr herauskommt, muss man bereits im ersten Quartal 2017 mit deutlichen Bremsspuren rechnen.

Der Markt feiert die Zeitwende momentan in aller Ausgiebigkeit. Pauschal steigt einfach alles. Kurzfristig ist das möglich, langfristig wird die eine oder andere Anlageklasse aber nachgeben müssen. Man kann auf Dauer nicht beides haben, so etwa eine massive Dollaraufwertung und steigende Unternehmensgewinne.


Kurzfristig müssen Unternehmensgewinne und Aktienkurse in keinem Zusammenhang stehen. Langfristig steigen Aktienkurse aber nur, wenn auch die Gewinne steigen. Die jetzt antizipierte Gemengelage führt zu sinkenden Unternehmensgewinnen. Selbst ein Billionen Infrastrukturprogramm kann daran nichts ändern.

Man soll die Feste feiern wie sie fallen. Irgendwann ist jede Party zu Ende und die undifferenzierte Kaufwut der Anleger wird früher oder später aufhören. Sie macht überhaupt keinen Sinn. Aktien können in den nächsten Wochen weiter steigen. Die Saisonalität (Jahresendrallye) hilft dabei. Höchstwahrscheinlich wird es dann aber recht früh im Jahr 2017 zu einer Gegenbewegung kommen.

Clemens Schmale

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3 Kommentare

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  • GeBa96
    GeBa96

    Bis Mai 2017 bin ich eigentlich positiv gestimmt. Man weiß natürlich nie was kommt. Noch sind DOW 20000 und DAX über 11000 nicht erreicht. Ab der Jahresmitte möchte ich einen Großteil meiner Wertpapiere verkauft haben. Entsprechende StopLoss habe ich dafür gesetzt. Die Zyklen sind für Ende 2017 nicht positiv. Hoffentlich wird es nicht schon vorher bearish. In diesem Sinne für uns alles gute.

    11:30 Uhr, 21.11.2016
  • Introspective
    Introspective

    Steigende Aktien?

    Ich nehme den Schlusskurs Dienstag vor der Wahl in USA:

    DAX:+70p (+0,66%)

    DOW:+2,8%

    Nasdaq:unv.

    Brent:+3,5%

    Rally?

    10:32 Uhr, 21.11.2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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