Keine Zinssenkungen der EZB vor September
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Verständlicherweise stand (beziehungsweise steht) bei den Parlamentswahlen in Frankreich sowie bei den Präsidentschaftswahlen in den USA das Risiko radikaler politischer Experimente im Fokus. Wir meinen aber, dass man auch ins Auge fassen sollte, wie selbst etablierte politische Kräfte von einem Ansatz der Konjunktursteuerung betroffen sein können, der sich von den Grundsätzen der Geld- und Fiskalpolitik löst, die seit den 1980er-Jahren gelten. Die Zurückhaltung gegenüber der Fiskalpolitik als Instrument zur Feinsteuerung der Konjunktur, das Vorrecht der Geldpolitik und das Misstrauen gegenüber direkten staatlichen Eingriffen in Investitionsentscheidungen weichen einer Begeisterung für eine aktivere Fiskalpolitik, Zweifeln an der Fähigkeit der Geldpolitik, Inflationsschocks allein zu bewältigen, und der Bereitschaft zu Preiskontrollen. Wir haben einen Artikel von Van Klooster und Weber untersucht, der den neuen Zeitgeist aus unserer Ansicht nach sehr gut erfasst. Auch wir sind der Meinung, dass ohne das entschlossene Handeln der Regierungen während der COVID-Pandemie und dem Energiepreisschock infolge des Ausbruchs des Ukraine-Kriegs eine bittere Rezession nicht hätte vermieden werden können. Aber wir sehen das Risiko, dass aus dem Krisenmanagement ein Strukturwandel wird.
Paradoxerweise tauchen Zweifel an der Rolle der Zentralbanken auf, gerade als sie dabei sind, ihren Kampf gegen die Inflation zu gewinnen. Wir gehen nicht davon aus, dass der EZB-Rat diese Woche bahnbrechende Entscheidungen treffen wird, aber er könnte nach der Sitzung klarstellen, dass die Zinssenkung im Juni erst der Anfang war. Wir rechnen damit, dass im September der nächste Schritt um 25 Basispunkte kommt. In den USA dürften die Verbraucherpreisdaten für Juni eine erste Zinssenkung im September besiegelt haben.
Wir beobachten weiterhin die politischen Entwicklungen in Frankreich. Der Präsident hat klar gesagt, dass er erst dann einen neuen Premierminister ernennen will, wenn die politischen Blöcke Kompromisse eingegangen sind. Das kann dauern. Aber wir möchten auch daran erinnern, dass eine neue Regierung nicht nur den Haushalt für das Jahr 2025 beschließen, sondern auch einen glaubwürdigen Plan vorlegen muss, damit die EU Frankreich mehr Zeit gibt, um sein Defizit wieder auf drei Prozent zu bringen. Dafür reicht es nicht aus, schnell mal eben einen nicht bindenden Haushalt zusammenzuschustern.
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