Kommentar
08:38 Uhr, 26.10.2020

Keine Staatsfinanzierung durch die Notenbank?

Die Staatsfinanzierung durch die Notenpresse ist in den meisten Ländern verboten. Die Zahlen sagen etwas anderes.

Notenbanken hatten im März keine andere Wahl als entschlossen zu intervenieren. Es gibt dennoch in jedem Land Kritiker der Notenbankpolitik. Es wird vermutet, dass Notenbanken über ihr Mandat hinaus die Politik gestalten und verbotenerweise Staatsfinanzierung betreiben.

Die direkte Staatsfinanzierung kann man Notenbanken nicht nachweisen. Dafür müsste insbesondere eine Bedingung erfüllt sein. Notenbanken müssten Staaten die Anleihen direkt abnehmen. Das tun sie nicht. Staaten begeben Anleihen, die von Investoren gekauft werden. Die Notenbank wiederum kauft diesen Investoren Anleihen ab.

Damit gibt es keine direkte Verbindung zwischen der Notenpresse und dem Staat. Am Ende ist das aber eher Haarspalterei. Ob nun ein Investor dazwischen ist oder nicht, das Ergebnis ist das gleiche. In diesem Jahr waren Notenbanken besonders fleißig. Überall auf der Welt erweitern Notenbanken ihre Bilanzsumme in großen Schritten (Grafik 1).

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Vergleicht man die Käufe von Staatsanleihen mit den zu erwartenden Haushaltsdefiziten kann man schon skeptisch werden. Die meisten Staaten hatten auch vor der Krise ein Defizit. Die beschlossenen Maßnahmen, um der Krise entgegenzuwirken, haben die Defizite in die Höhe schnellen lassen.

Dieses zusätzliche Defizit und die Käufe von Staatsschulden durch die Notenbanken ähneln sich in vielen Regionen (Grafik 2). In einigen Regionen kaufen Notenbanken mehr als das zu erwartende Defizit in diesem Jahr. Hier wurde die Gunst der Stunde genutzt. Liquiditätssorgen ermöglichten ungewöhnlich hohe Käufe zu Beginn der Krise.

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Da die Defizite auch in Zukunft hoch bleiben werden, ist dieser Vorsprung durch Käufe nicht schlecht. Es fängt die zukünftigen Defizite bis zu einem gewissen Grad auf. Bei der Ähnlichkeit der Käufe zu den Defiziten fragt man sich schon wie Notenbanken die Höhe der Käufe festlegen.

Es steht außer Frage, dass sie kaufen mussten. Vordergründig haben Anleger den Aktienmarktcrash wahrgenommen. Im Hintergrund trocknete die Liquidität überall aus. Es war nicht mehr an Geld zu kommen. Das Finanzsystem stand wie 2008 vor dem Zusammenbruch. Man kann die Käufe also nicht per se als falsch bezeichnen.

Was man nun aber hinterfragen darf ist die Höhe der Käufe. Auch die Kommunikation der Notenbanken wirft Fragen auf. In den USA will die Notenbank so viel kaufen wie notwendig. Im gleichen Atemzug sagt sie, dass sich die Regierung um die Staatsfinanzen aktuell keine Sorgen machen soll. Das ist praktisch ein direktes Angebot der Staatsfinanzierung.

Die Grenzen zwischen Staatsfinanzierung und notwendiger Intervention verschwimmen immer weiter. Es ist ein schmaler Grat, auf dem Notenbanken balancieren. Bisher ist es ihnen gelungen. Ob das für immer so bleibt, sei dahingestellt.

Clemens Schmale


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    09:26 Uhr, 26.10.2020

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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