Kommentar
12:37 Uhr, 23.01.2019

"Kein Risiko": Wie ein Trader plötzlich 1833 % verlor

Mit einer besonders klugen Optionsstrategie glaubte ein Trader, den heiligen Gral gefunden zu haben: Risikolose Gewinne, ganz unabhängig von der Kursentwicklung. Theoretisch hätte es klappen müssen. Praktisch setzte der Trader einen riesigen Betrag in den Sand.

Was für eine Geschichte! Da gibt ein Trader auf der Diskussionsplattform Reddit damit an, dass er seinem genialen Trade ganz unabhängig von der Kursentwicklung Geld verdienen wird. Viel Geld. Und das, ohne überhaupt Geld zu riskieren, denn seine komplexen Optionsgeschäfte finanzierten sich gewissermaßen ganz von selbst. Und dann, nur wenige Tage später, verliert er ein Vielfaches seines gesamten Einsatzes – obwohl der Trader in der Theorie gar nicht Unrecht hatte.

Der Trader setzte eine Optionsstrategie mit dem Namen "Short Box-Spread" ein. Auf den ersten Blick ermöglicht diese Strategie bei bestimmten Eigenschaften von Optionskursen risikolose Gewinne. Um die Strategie umzusetzen, werden insgesamt vier Optionsgeschäfte durchgeführt.

Optionen (anders als Optionsscheine) werden mit einem Margin-Konto gehandelt. Der Trader muss nur einen kleinen Teil des Werts seiner Positionen tatsächlich einzahlen. Dadurch entsteht ein Hebeleffekt: Der Trader kann mit deutlich größeren Summen spekulieren, als ihm eigentlich zur Verfügung stehen. Geht alles gut, werden dadurch seine Gewinne vervielfacht - ebenso wie die Verluste im Verlustfall.

Bei einem "Short Box-Spread"-Trade werden Call- und Put-Optionen mit unterschiedlichen Strike-Preisen sowohl gekauft als auch verkauft. Da die jeweils werthaltigeren Call- und Put-Optionen verkauft (geschrieben) werden, ist für die Finanzierung der Position im Idealfall überhaupt kein Geld notwendig. Denn der Trader kassiert für die jeweils geschriebenen Optionen sofort die sogenannten Optionsprämien. Im konkreten Fall benötigte der Trader für seine gesamten Optionsgeschäfte eine Margin von 250.000 Dollar. Aus den geschriebenen Optionen erhielt er aber Prämien in Höhe von 297.000 Dollar sofort auf sein Konto gutgeschrieben. Daher konnte der Trader seine Optionswetten platzieren, obwohl er nur 5000 Dollar auf seinen Account eingezahlt hatte.

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Der Trader wurde bereits im Vorfeld von einigen Diskussionsteilnehmern auf Reddit vor seiner Strategie gewarnt. Doch der Trader blieb uneinsichtig. "Ich habe kein Geld im Risiko", schrieb der Trader mit dem Nickname 1R0NYMAN. "Es kann tatsächlich überhaupt nichts schiefgehen." Alledings stimmt das nicht ganz. Auch der Börsenbetreiber Nasdaq warnte bereits vor einigen Jahren vor der nur scheinbar risikolosen "Short Box-Spread"-Strategie.

Doch es kam anders. Der Trader bedachte nicht, dass die Optionen von der jeweiligen Gegenpartei auch vorzeitig ausgeübt werden können. Genau das passierte bei einer seiner vier Optionspositionen. Der Trader musste Wertpapiere liefern, die er überhaupt nicht hatte. Zwar konnte der Broker die Papiere automatisch beschaffen und an die Gegenpartei ausliefern. All das bemerkte der Trader aber erst recht spät. Seine drei verbliebenen Optionsgeschäfte waren jetzt auf einmal nicht mehr risikolos und neutral, sondern das genaue Gegenteil. Der Account rutschte tief ins Minus und wurde vom Broker geschlossen. Und zwar bevor der Trader seine drei verbliebenen Optionspositionen auflösen konnte.

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Zum Zeitpunkt der Schließung des Accounts schuldete der Trader dem Broker mehr als 57.000 Dollar. Allerdings könnten sich seine Verluste je nach Entwicklung der drei noch vorhandenen Optionspositionen sogar bis auf 200.000 Dollar belaufen, schätzten einige Teilnehmer der Reddit-Diskussion.

Das alles wird wohl ein gerichtliches Nachspiel haben, so viel scheint festzustehen. Zumal der Trader vor der Schließung seines Accounts sich sogar noch 10.000 Dollar auszahlen lassen konnte. Das entsprach ungefähr dem Doppelten der ursprünglichen Einzahlung. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass der Broker auf den fünfstelligen Betrag, den der Trader ihm schuldet, einfach so verzichten wird.

Der Trader hat aber wenigstens seinen Humor nicht verloren. "Bleibt dran für die Comeback-Tour", schrieb 1R0NYMAN in dieser Woche auf Reddit.

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18 Kommentare

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  • Eugen Major
    Eugen Major

    Hallo Leute, ich melde mich heute noch einmal zu diesem Thema. Ich persönlich habe am Anfang mit allen möglichem „Dreck behandelt“ Hat mir ehrlich gesagt viel Spaß gemacht. Habe dabei auf Dauer unter dem Strich nur das Geld und auch sehr viel Zeit verloren. Kannte aus meiner Umfeld auch keinen den mit so artigen Geschäften auch Geld verdienen konnte. Das ist so wie im Kartenspiel, heute gewonnen morgen verloren. Meine Erfahrung heute: nicht gierig sein, guten Job haben und nicht auf die Masse hören. Ein durchschnittlicher wird an der Börse nie Reicht. Man kann nur seine finanzielle Situation mit etwas Glück verbessern.

    13:47 Uhr, 24.01.2019
  • Wurzel-Sepp
    Wurzel-Sepp

    Das ist wieder einmal so ein Beispiel in dem Anfänger viel zu komplexe Optionskomobs handeln. Die Totalverluste geistern dann durch die (sozialen) Medien und implizieren, dass Optionshandel per se ein Teufelszeug sei. Ist es aber nicht - ich handele seit zwei Jahren mit Optionen und mache gute Erfahrungen mit simplen Trades und kleinem Einsatz. Der Einsatz und die Komplexität der Trades steigen dann *langsam* mit dem gewonnenen Know How und den Gewinnen.

    00:12 Uhr, 24.01.2019
  • hUi77BLo
    hUi77BLo

    > Die Optionsscheine sind dazu gedacht um die dummen abzuziehen.

    Kann ich so pauschal nicht unterschreiben - wenn meine Investment-Idee ist, dass Aktie X bis Datum Y den Wert Z erreicht und ich bereit bin einen Totalverlust in Kauf zu nehmen, dann ist das benötigte Kapital bei Calls ein Bruchteil gegenüber Aktien. Selbst wenn die Kursstellung des Emittenten eine Blackbox ist, so erlaubt doch der Optionsscheinrechner vorab eine Modellierung der Optionsschein-Kursentwicklung in Abhaengigkeit von Aktienkurs und Datum.

    Abgezogen wird man eher, wenn bei dem einen Emittenten von Knockout-Faktorzertifikaten ständig Handelsunterbrechungen auftreten während bei einem anderen Emittenten keinerleit Probleme in der Kursstellung vorliegen. Hier muss man nur mit den Füssen abstimmen, wenn die Bafin und Presse sich nicht regen.

    19:41 Uhr, 23.01.2019
    1 Antwort anzeigen
  • Brezli
    Brezli

    was ist denn das für ein Broker?! ;-)

    Wie kann man denn für 2 x mal 500 (!) Kontrakte die Prämien erhalten, wenn man die Margin nicht hat.

    Auch bei einem Optionsverkauf muss ich doch erstmal die Margin hinterlegen, bevor ich das Geschäft eröffnen und die Prämie kassieren kann.

    Klingt irgendwie nicht seriös oder unglaubwürdig.

    13:45 Uhr, 23.01.2019
  • Eugen Major
    Eugen Major

    Ich würde mal gerne einen kennenlernen der an der Börse reichgeworden und reichgeblieben ist. Die meisten haben das Geld erst mit Bücher und Seminaren verdient haben.

    13:34 Uhr, 23.01.2019
    2 Antworten anzeigen
  • Eugen Major
    Eugen Major

    Manche werden es nie begreifen.
    Die Bank gewinnt immer. Die Optionsscheine sind dazu gedacht um die dummen abzuziehen.

    13:27 Uhr, 23.01.2019
    2 Antworten anzeigen
  • daxe
    daxe

    easy

    der typ sagt 1 fach ""hab nix""-ergo broker kriegt nix.

    seine 5000 waren geliehenes geld-5000 zurück -andere 5000 hat er schon verprasssst.

    jetzt verstehen Sie seine Lockerheit.

    mfg so wird heutzutage gehandelt

    13:08 Uhr, 23.01.2019
  • AndyBörse
    AndyBörse

    Tja, was soll man dazu sagen, jeder wie er kann. Ich habe mich damals entschlossen keine Optionen zu verkaufen, sondern nur zu kaufen; das Risiko ist damit auf den Einsatz begrenzt.

    12:54 Uhr, 23.01.2019
    1 Antwort anzeigen
  • 1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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