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18:01 Uhr, 13.08.2018

Katastrophenphänomen El Niño könnte Märkte durcheinander wirbeln

Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es in diesem Jahr wieder zu einem Auftreten des Wetterphänomens "El Niño" kommen. Das wird auch an den Finanzmärkten nicht spurlos vorübergehen.

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  • Nickel
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  • Kupfer
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Das "Europäische Zentrum für mittelfristige Wettervorhersagen" (ECMWF) schätzt die Wahrscheinlichkeit auf 70 Prozent, dass in diesem Jahr das Phänomen "El Niño" auftreten wird. Dies teilte das ECMWF am Wochenende mit. Daten der US-Behörde National Oceanic and Atmospheric Administration zeigen zudem, dass bereits seit zwei Monaten erhöhte Ozeantemperaturen, wie sie für "El Niño" typisch sind, im Pazifik zu beobachten sind.

Ungefähr alle drei bis vier Jahre bringt "El Niño" vor allem auf der Südhalbkugel Wetter und Ozeane gehörig durcheinander und sorgt rund um den Jahreswechsel für extreme Wetterereignisse, Ernteausfälle und wirtschaftliche Einbußen vor allem in der Landwirtschaft sowie bei der Rohstoffförderung. Auch in diesem Jahr dürfte das Wetterphänomen rund um den Jahreswechsel wieder auftreten.

In einem Jahr mit El Niño (spanisch: Das Kind oder das Christkind) werden wegen einer ungewöhnlich warmen Wassertemperatur im Pazifik die normalen Wind- und Wasserströmungen durcheinandergebracht. Das Phänomen trägt den Namen der spanischen Bezeichnung für das "Christkind", weil die Auswirkungen zur Weihnachtszeit in der Regel am stärksten sind. Das Phänomen kann aber auch zu anderen Jahreszeiten das Wetter beeinflussen.

In Jahren mit "El Niño" wird das Wetter ungefähr an drei Vierteln der Erdoberfläche beeinflusst. Durch das ungewöhnlich warme Pazifikwasser werden in El-Niño-Jahren die Passatwinde abgeschwächt. Der Humboldtstrom, der normalerweise an der Westküste Südamerikas zu einem Aufstieg von kaltem und nährstoffreichem Tiefenwasser führt, kommt zum Erliegen, wodurch das Meeresplankton abstirbt und es in der Folge zu einem Massensterben von Fischen, Seevögeln und Korallen kommt. Entsprechend haben auch die südamerikanischen Fischer erhebliche Einbußen zu verzeichnen. Außerdem kommt es durch die veränderte Strömung zu starken Regenfällen und Überschwemmungen an der Westküste Südamerikas, während der Regenwald im Amazonasgebiet unter ungewöhnlicher Trockenheit leidet. Unter Trockenheit und einer größeren Gefahr von Waldbränden leiden außerdem Südostasien und Australien. Im südlichen Afrika ist es deutlich trockener als normalerweise, während es in Ostafrika häufiger regnet.

Folgen für die Weltwirtschaft und die Finanzmärkte

El Niño hat auch große Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Es kommt bei vielen Agrarrohstoffen zu Mißernten, so leidet etwa der Getreideanbau in Australien und die Kakaoernte in Indonesien. Außerdem wird im Pazifik (insbesondere an der Westküste Südamerikas) weniger Fisch gefangen als normalerweise. Bei Rohstoffen wie Fisch, Kakao, Kaffee, Getreide, Sojabohnen kommt es in der Folge zu steigenden Preisen. Länder, die auf den Export dieser Produkte angewiesen sind, erleiden empfindliche Einbußen.

Wie ältere Research-Berichte der Banken Nomura und Société Générale zeigen, hat El Niño auch deutliche Auswirkungen auf die Finanzmärkte. Die Analysten finden folgende Korrelationen:

  • El Niño ist in der Regel positiv für Rohstoffpreise, insbesondere für Agrarrohstoffe. Allerdings gibt es auch Ausnahmen: So fällt etwa im Süden Brasiliens mehr Regen, wodurch dort die Kaffeeproduktion auch steigen kann, was dann die Preise drückt. Die Regel sind aber steigende Weltmarktpreise für so gut wie alle Agrarrohstoffe.
  • Metallpreise können unter anderem durch die Unterbrechung von Lieferketten steigen. Besonders stark ist der Preisanstieg bei Nickel, wie Daten der Société Générale zeigen. In Indonesien, dem größten Nickel-Exporteur, geht die Produktion deutlich zurück, da wegen geringerer Niederschläge weniger Energie aus Wasserkraft erzeugt werden kann. Weltweit können die Energiepreise sinken, wenn El Niño im Winter auftritt, da dann weniger geheizt werden muss.
  • El Niño ist in der Regel schlecht für den US-Dollar gegenüber anderen Währungen von Industrieländern.

Die folgende Tabelle zeigt die durchschnittlichen Preisveränderungen bei Rohstoffen, die von El Niño besonders stark beeinflusst werden (Quelle: Société Générale):

Rohstoff durchschnittliche Preisveränderung
Nickel +13,9 %
Kupfer +7,9 %
Sojabohnen +3,3 %
Sojaöl

+2,3 %

El Niño beeinflusst auch Wirtschaftswachstum und Verbraucherpreise

Erstaunlicherweise hat "El Niño" nicht nur Auswirkungen auf Rohstoffpreise, sondern durchaus auch auf die Gesamtwirtschaft. Eine Studie unter dem Titel "El Nino and World Primary Commodity Prices : Warm Water or Hot Air?" aus dem Jahr 2000 etwa ergab, dass das Wetterphänomen pro Standardabweichung in der Stärke nicht nur zu einem Preisanstieg bei Rohstoffpreisen in der Größenordnung von 3,5 bis 4 Prozent führt, sondern durch die steigenden Rohstoffpreise auch die Inflation insgesamt angekurbelt wird. So legt die Studie nahe, dass rund 20 Prozent der Bewegungen in der Inflationsrate insgesamt durch "El Niño" verursacht werden. Zudem könne "El Niño" auch die Weltwirtschaft ankurbeln. So steige die Wirtschaftsleistung in den G7-Ländern. Dies könnte daran liegen, dass katastrophenbedingte Schäden in den von "El Niño" stark betroffenen Schwellenländern beseitigt werden, mutmaßen die Forscher.

Positive und negative Auswirkungen durch El Niño sind aber ungleich verteilt. So zeigt eine weitere IWF-Untersuchung unter dem Titel "Fair Weather or Foul? The Macroeconomic Effects of El Niño", dass Australien, Chile, Indonesien, Indien, Japan, Neuseeland und Südafrika einen kurzfristigen Einbruch der wirtschaftlichen Aktivität durch El Niño zu verbuchen haben. In anderen Ländern, darunter die EU-Staaten und die USA, führt El Niño hingegen zu einer Ankurbelung des Wachstums. Dies dürfte durch eine steigende Nachfrage aus den hauptsächlich durch El Niño betroffenen Ländern verursacht werden.

Die Auswirkungen von El Niño werden meistens erst rund um den Jahreswechsel akut. Trader und Anleger sollten das Phänomen aber schon jetzt im Hinterkopf behalten, denn es könnte durchaus auch an den Finanzmärkten zum Thema werden.


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4 Kommentare

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  • Gänseblümchen
    Gänseblümchen

    dann einfach Versicherer verkaufen und Baumärkte kaufen - eigentlich easy::))

    19:45 Uhr, 13.08. 2018
    1 Antwort anzeigen
  • Powerseller61
    Powerseller61

    Da haben sie ja für jeden etwas dabei. Aber sogar die Wissenschaftler die Sie zitieren sprechen von Vermutungen. Also bitte, etwas mehr als uns mitzuteilen das wir es im Kopf haben sollen. Ich mache mal den Vorschlag auf die Charts und Pattern zu schauen. Wenn noch nicht geschehen dann ab jetzt. Viel Erfolg allen.

    19:14 Uhr, 13.08. 2018
  • thomas84
    thomas84

    JPN 225 Kauf bei 22030 TP ganz schnell 22800 zu viele Crah herbeirufe

    18:26 Uhr, 13.08. 2018

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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