Kommentar
08:55 Uhr, 14.07.2011

Kann man Gold bald nicht mehr anonym kaufen?

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  • Gold
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    Aktueller Kursstand:   (JFD Brokers)

*** Update: Inzwischen hat der Bundesrat Stellung bezogen

Er will unter anderem:

- die Gruppe der "Verpflichteten" einschränken und
- die neue 1000 EUR-Grenze aus dem Gesetzentwurf streichen!

[Link "Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung" auf www.bundesfinanzministerium.de/... nicht mehr verfügbar] vom 11. Mai hat es in sich: In dem "Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Optimierung der Geldwäscheprävention" ist unter anderem nämlich vorgesehen, dass Geldtransfers ab 1.000 EUR dem Geldwäschegesetz unterliegen. Und für anonymes "E-Geld" droht das Aus. Gelten sollen die Neuerungen ab 2012.

Zur Aufnahme der Identität (und Einhaltung anderer Sorgfaltspflichten) verpflichtet sind z.B. Kreditinstitute, Finanzdienstleister, Versicherungsunternehmen, Treuhänder, Rechtsanwälte, Immobilienmakler/-verkäufer und Spielbanken. Aber nun triffts auch den ganz normalen Onlineshop!

Selbstverständlich wird wie so oft wieder der Deckmantel der Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung genutzt, um die Rechte der Bürger weiter einzuschränken.

Entgegen nun auftauchender Behauptungen auf gängigen "Verschwörer"-Seiten habe ich aber keinen Hinweis darauf gefunden, dass auch Barbezahlungen von Waren/Vermögensgegenständen betroffen sind und mithin der Erwerb z.B. von Edelmetallen. Wohl aber Bareinzahlungen auf Konten (Dritter), die bisher bis 15.000 EUR anonym möglich waren. (Ohne Gewähr!)

Im Gesetzentwurf steht nämlich:

Die Sorgfaltspflichten nach Absatz 1 gelten auch für einen Geldtransfer im Sinne des Artikels 2 Nummer 7 der Verordnung (EG) Nr. 1781/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. November 2006 über die Übermittlung von Angaben zum Auftraggeber bei Geldtransfers (ABl. EU L 345 vom 8.12.2006, S. 1), soweit dieser außerhalb einer bestehenden Geschäftsbeziehung einen Betrag im Wert von 1 000 Euro oder mehr ausmacht,“.

Der [Link "Geldtransfer" auf eur-lex.europa.eu/... nicht mehr verfügbar] ist wie folgt definiert (genaue Fundstelle s.o.)

“Geldtransfer”: jede Transaktion, die im Namen eines Auftraggebers über einen Zahlungsverkehrsdienstleister auf elektronischem Wege mit dem Ziel abgewickelt wird, einem Begünstigten bei einem Zahlungsverkehrsdienstleister einen Geldbetrag zur Verfügung zu stellen, unabhängig davon, ob Auftraggeber und Begünstigter dieselbe Person sind.

Soweit ich das beurteilen kann, sind also zunächst "nur" elektronische Geldtransfers betroffen, und auch Bareinzahlungen auf Konten (Dritter).

Konkret: Wenn Sie sich bar Gold bei einer Bank (oder einem Edelmetallhändler) kaufen wollen, bleibt es bei der wie bisher geltenden Freigrenze von 15.000 EUR, - so jedenfalls meine juristische Ansicht.


Ein Knaller ist allerdings ein Passus zum so genannten "E-Geld". Einzahler auf Systeme wie der "Paysafecard" und anderer Onlineprepaid-Lösungen (bzw. die Onlineshops!) würden zur Identifizierung verpflichtet. Anonymes Einkaufen im Internet (dabei gehts vorwiegend um digitale Güter, denn bei Versand von Artikeln ist die Anonymisierung ohnehin kaum möglich) wäre passé. Das ist für all diejenigen, die nicht ohne Grund keine Kreditkarten benutzen wollen (denken Sie an die Datenschutzskandalae bei Sony und anderen) ein Schlag ins Gesicht. Hier ist auch keine Freigrenze vorgesehen. Die Regelung ist schon deswegen nicht nachvollziehbar, weil es ja in diesem Geschäftsmodell meist um sehr geringe Beträge geht, die Eignung für Geldwäsche also fraglich ist.



Aber auch abseits der Identitätsfeststellung kennt das Gesetz noch weitere "allgemeine Sorgfaltspflichten", die z.B. von Ihrer Bank möglicherweise einzuhalten sind - wohlgemerkt dann künftig bei Transfers ab 1000 EUR (die allerdings AUSSERHALB einer bereits bestehenden Geschäftsverbindung getätigt werden; bei bereits bestehenden Geschäftsverbindungen ist ja die Identität ohnehin bekannt und Geschäfte werden dann ohnehin dokumentiert). Es können allerdings in definierten Fällen vereinfachte Sorgfaltspflichen vorliegen, die wohl auch der Regelfall sein werden. Aber Sie sehen, wo die Reise hingeht!

2. die Einholung von Informationen über den Zweck und die angestrebte Art der Geschäftsbeziehung, soweit sich diese im Einzelfall nicht bereits zweifelsfrei aus der Geschäftsbeziehung ergeben,

3. die Abklärung, ob der Vertragspartner für einen wirtschaftlich Berechtigten handelt, und, soweit dies der Fall ist, dessen Identifizierung nach Maßgabe des § 4 Abs. 5; dies schließt in Fällen, in denen der Vertragspartner keine natürliche Person ist, die Pflicht mit ein, die Eigentums- und Kontrollstruktur des Vertragspartners mit angemessenen Mitteln in Erfahrung zu bringen,

4. die kontinuierliche Überwachung der Geschäftsbeziehung, einschließlich der in ihrem Verlauf durchgeführten Transaktionen, um sicherzustellen, dass diese mit den beim Verpflichteten vorhandenen Informationen über den Vertragspartner und gegebenenfalls über den wirtschaftlich Berechtigten, deren Geschäftstätigkeit und Kundenprofil und soweit erforderlich mit den vorhandenen Informationen über die Herkunft ihrer Vermögenswerte übereinstimmen; die Verpflichteten haben im Rahmen der kontinuierlichen Überwachung sicherzustellen, dass die jeweiligen Dokumente, Daten oder Informationen in angemessenem zeitlichen Abstand aktualisiert werden.

Das Verdachtsmeldewesen wird im Zuge der Gesetzesreform auch "angepasst". Verdachtsanzeigen werden in Verdachtmeldungen umbenannt, in der Hoffnung dass die "Verpflichteten", wie es so schön heißt, mehr Hinweise liefern. In der Begründung zum Gesetzentwurf steht : "Im Gegensatz zur Strafanzeige braucht der nach dem Geldwäschegesetz
Verpflichtete nicht die Vorstellung zu haben, dass eine Straftat begangen wird oder wurde. Es genügt, wenn die nach dem Geldwäschegesetz geforderten Tatsachen vorliegen".

Und weiter unten: "Der Verpflichtete braucht nicht damit zu rechnen, dass der
meldepflichtige Sachverhalt in Zusammenhang mit einer Straftat steht
". Im Klartext: Meldet einfach mal pauschal alles, was irgendwie verdächtig aussieht...

Um die Motivation zur Denunziation (nennen wir es mal so, auch wenn es nicht ganz korrekt ist) weiter anzuheizen, sollen "Verstöße gegen das Geldwäschegesetz künftig stärker sanktioniert werden". Zitat: "Hierdurch soll eine größere Abschreckungswirkung erzielt, aber auch das Bewusstsein der Verpflichteten für das Unrecht ihrer Zuwiderhandlung geschärft werden". So züchtet sich der Staat ein Heer von - aus Angst vor Strafe - verlässlichen Zuarbeitern (die von ihren Arbeitgebern auch noch dafür bezahlt werden müssen).

Um auf die Überschrift zurückzukommen: Sie können auch weiterhin anonym Gold kaufen - noch - aber der nächste Schritt zum Überwachungsstaat folgt ganz sicher. Nach meiner Überzeugung werden Sie schon in 10 Jahren keinen Liter Milch mehr kaufen können, ohne dass es rückverfolgbar wäre - weil es dann kein Bargeld mehr geben wird.

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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