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18:50 Uhr, 16.09.2011

JP Morgan verzichtet auf eine dreiviertel Milliarde US-Dollar

New York (BoerseGo.de) - Die US-Großbank JP Morgan verzichtet einem Medienbericht zufolge auf Forderungen in Höhe von 750 Millionen US-Dollar gegen die amerikanische Gemeinde Jefferson County. Dies berichtet die Financial Times Deutschland am Freitag. Die nahezu bankrotte Gemeinde liegt im US-Bundesstaat Alabama und hat knapp 660.000 Einwohner. In der Causa geht es um die Rückzahlung von Bonds-Produkten. Jefferson hatte diese von Investmentbanken erworben, um sein Abwassersystem sanieren zu können.

Das Institut hatte der Kommune in den Jahren 2003 und 2004 Anleiheprodukte verkauft, bei denen auf die Differenz zwischen verschiedenen Zinssätzen gesetzt wurde, sog. Swapgeschäfte. Dabei bot die Bank dem County variabel verzinste Schuldpapiere an, die an Zinsgeschäfte gekoppelt waren. Damit sollte die Schuldenlast gesenkt werden. Die Finanzkrise sorgte aber dafür, dass die Kommune bald nicht mehr zahlen konnte, das Modell kollabierte. Die Zinsen stiegen von drei auf zehn Prozent, die Schulden explodierten und die Banken versuchten, ihre Kredite einzutreiben.

Insgesamt sind die Schulden des County für die Abwasserversorgung auf 3,1 Milliarden US-Dollar angeschwollen. Größter Gläubiger für die Abwasserschulden ist JP Morgan mit gut 1,2 Milliarden US-Dollar.

Als Gegenleistung für den jetzigen Gläubigerverzicht verpflichtet sich die Gemeinde laut FTD, in den kommenden drei Jahren die Gebühren um 8,2 Prozent jährlich anzuheben. Zudem soll das Kanalsystem auf eine separate Behörde übertragen werden, die dieses nicht verkaufen oder weitergeben kann. Sobald die Schulden abgetragen sind, wird die Gemeinde wieder Herr über ihr Abwässer sein.

Derzeit klagt die amerikanische Aufsichtsbehörde SEC zudem gegen zwei ehemalige JP-Morgan-Banker. Diese sollen insgesamt 8 Millionen US-Dollar Bestechungsgeld gezahlt haben, damit JP Morgan die Finanzierung stemmen darf. Die Bank zahlte 2009 nach einem Vergleich 722 Millionen US-Dollar an die SEC, aber ohne Anerkennung der Rechtspflicht.

Der Wert des Geschäfts von Investmentbanken mit den lokalen Behörden beläuft sich in den USA auf insgesamt 2,7 Billionen US-Dollar. Sie beschaffen sich mit Hilfe der Banken über den Kapitalmarkt die Mittel für Schulen, Krankenhäuser und für weitere öffentliche Projekte. Angesichts des hier schlummernden enormen Gebührenpotenzials für die Banken haben die Regulierungsbehörden in den USA wie die SEC schon lange vor solchen „Pay-to-Play“- genannten Beziehungen mit Behördenvertretern gewarnt.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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