Kommentar
21:04 Uhr, 16.03.2015

Japan: Tag der Wahrheit

In Japan kommt es in diesen Tagen zu einem Showdown. Das Ergebnis ist nichts Geringeres als eine Aussage darüber, ob Japans Wirtschafts- und Geldpolitik funktioniert.

Vor gut drei Monaten gab es in Japan Neuwahlen. Shinzo Abe hatte die Neuwahlen veranlasst, weil er seinen politischen Kurs bestätigt haben wollte. Der Kurs wurde bestätigt, die kritischen Stimmen hat es jedoch nicht verstummen lassen. Genau das sollte eigentlich geschehen. Abe wollte klare Verhältnisse und die Unterstützung der Bevölkerung für seinen Kurs. Die hat er zwar, aber die Kritik lässt nicht nach.

Für kurze Zeit nach den Wahlen war Ruhe. Die Parteifreunde hielten ihre Kritik zurück. Jetzt ist die Kritik aber wieder da und lauter als zuvor. Selbst Politiker, die die Reflationierungspolitik bisher unterstützt haben, werden nervös. Sie blicken mit großer Sorge auf die Währung. Der Yen wird immer schwächer. Zu mehr Inflation hat das bisher nicht geführt.

Seit Monaten gehen die Preise wieder zurück. Von Oktober 2014 bis Januar 2015 gaben die Preise insgesamt um 0,8% nach. Für ein Dritteljahr ist das ganz schön viel. Auf ein ganzes Jahr gerechnet läge die Deflationsrate im Moment bei 2,4%. Politiker befürchten nun, dass die japanische Notenbank wieder eingreifen könnte und die Geldschleusen noch weiter öffnet.

Der Rückgang der Preise ist wie fast überall auf der Welt auf den Ölpreisrückgang zurückzuführen. Rechnet man die Ölpreisentwicklung aus den Daten heraus, dann liegt die annualisierte Deflationsrate bei lediglich 0,5 bis 0,8%. Das sind Werte, die Japan inzwischen ganz gut kennt.

Theoretisch müsste die Notenbank wieder eingreifen. Die Inflation ist bisher nicht wiederzubeleben gewesen. Man muss sich das einmal vorstellen, schließlich hat der Yen gegenüber vielen anderen Währungen 20, 30 oder sogar 50% an Wert verloren. Das hat alles nichts geholfen. Will man in Japan Inflation über die niedrige Währung wirklich importieren, dann steht der Yen noch zu hoch.

Politiker fühlen sich mit einem Dollar/Yen Kurs von 120-125 zunehmend unwohl. Eigentlich hat die Notenbank im Schulterschluss mit der Regierung die Abwertung eingeleitet. Jetzt auf einmal wird die Regierung nervös. Hätte sie sich auch früher überlegen können...

Wichtig ist, dass die Notenbank nicht nervös wird. Würde der Yen weiter abwerten und großer Druck aus der Politik kommen, dann könnte die Notenbank etwas vom Gas gehen. Die Folgen wären wahrscheinlich ebenso dramatisch wie die Entscheidung der Schweizer Notenbank den Mindestkurs aufzuheben. Eine reale Option ist das wohl nicht.

Zieht die Inflation nicht an, dann müsst die Notenbank wieder eingreifen. Tut sie das, werden die Politiker nervös. Die Situation ist nicht schön. Mit etwas Glück entspannt sich die Lage aber in den kommenden Tagen, wenn es zum Showdown gekommen ist. Der Showdown sind die Gehaltsverhandlungen der Arbeitnehmervertreter mit den Unternehmen.

Die Grafik unten zeigt die Entwicklung der nominalen und realen Löhne. Man kann dabei eine sehr interessante Feststellung machen. Die Inflationsrate steigt ca. ein Jahr nach überdurchschnittlichen Lohnerhöhungen an. Inflation folgt der Lohnentwicklung. Real sanken die Löhne zuletzt. Nominal gab es 2014 ein kleines Plus. Ohne ordentliche Lohnerhöhungen wird es in Japan keinen Anstieg der Inflation geben. Die Regierung hat im Vorfeld der Verhandlungen bereits Druck aufgebaut und hofft nun, dass die Unternehmen die Löhne um 2,5 bis 3,5% anheben. Geschieht das nicht und bleibt das Plus unter 2%, dann wird 2015 für Japan eher ein deflationäres Jahr. Die Wahrscheinlichkeit für weitere geldpolitische Lockerung ist dann hoch. Kommt es zu den erhofften Lohnerhöhungen, dann darf man in naher Zukunft keine Anpassung des japanischen QEs erwarten. Der Yen könnte dann wieder etwas an Stärke gewinnen.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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