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09:35 Uhr, 31.10.2014

Japan lockert überraschend seine Geldpolitik - Analysten sprechen von "Verzweiflungstat"

Japans Zentralbank hat überraschend die geldpolitischen Zügel noch weiter gelockert. Experten zeigen sich erstaunt und kritisieren den Schritt als kurzfristig wirkendes Strohfeuer. Die Börsen dagegen freuen sich über das "Geschenk" aus Tokio.

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Tokio (BoerseGo.de) - In Reaktion auf eine überraschende Lockerung der Geldpolitik in Japan ist der Nikkei-Index in Tokio auf ein 7-Jahreshoch explodiert. Da die Preisentwicklung den Zielen noch immer hinterherhinke, werde die Geldbasis um jährlich 80 Billionen Yen ausgeweitet, teilte die Bank of Japan am Freitag in Tokio mit. Das ist eine Aufstockung um 10 bis 20 Billionen Yen, bislang hatte die Notenbank im Umfang von 60 bis 70 Billionen Yen Ankäufe getätigt. An der Preisfront habe ein Nachfragedämpfer in Folge der Anhebung der Konsumsteuer im April sowie ein Rückgang bei den Ölpreisen in jüngster Zeit Druck auf die Preise ausgeübt, schrieb die Bank of Japan in ihrer Stellungnahme. Zugleich senkte sie am Freitag die Wachstumsprognose für die Wirtschaft des Landes für das noch bis März 2015 laufende Steuerjahr von 1,0 Prozent auf 0,5 Prozent.

Der geldpolitische Rat stimmte mit fünf zu vier Stimmen für eine Ausweitung der Anleihekäufe. Es war das erste Mal in der seit März 2013 laufenden Amtszeit von Gouverneur Haruhiko Kuroda, dass der Rat sich nicht einig war. Kuroda will auch weitere Maßnahmen nicht kategorisch ausschließen. „Wir werden nicht zögern, erneut zu reagieren, falls dies nötig ist, das Inflationsziel zu erreichen“, sagte er am Freitag.

Auch wenn sich die Anleger über den Schritt, noch mehr Geld in die Märkte zu pumpen, zunächst freuen - Experten sehen dies kritischer. Die Commerzbank spricht gar von einer „Verzweiflungstat“. Es sei alles andere als sicher, dass die Beschlüsse die Teuerung wirklich in Schwung bringen würden. Auch bisher hätten die Käufe von Staatsanleihen - vor allem dadurch solle die Geldbasis ausgeweitet werden - nicht die gewünschte Wirkung gehabt. Die heutige Entscheidung sei also eher eine Verzweiflungstat als eine neue Strategie, kommentierte Commerzbank-Ökonom Lutz Karpowitz. Auch japanische Analysten kritisieren den Schritt und sprechen von einem Strohfeuer. Durch die neuen Maßnahmen werde lediglich die Stimmung am Markt angeheizt, schreibt Mizuho Securities. Die neue Lockerungsrunde werde die fortschreitende wirtschaftliche Eintrübung nicht aufhalten können.

Die Geldpolitik der großen Industrieländer driftet immer mehr auseinander: Erst am Mittwoch hatte die US-Notenbank Fed das Ende ihrer Anleihenkäufe angekündigt. Die zusätzliche Geldflut aus Japan wirkt in diesen Zeiten wie ein Paradoxon.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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