Japan: Kurzfristige Wirtschaftsdynamik zeigt nach oben
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
London (BoerseGo.de) - 2011 war ein ungewöhnlich schwieriges Jahr für Japan. Besonders gravierend waren die Folgen des verheerenden Erdbebens im März. Vor der Katastrophe bot der japanische Aktienmarkt noch attraktive Erträge. Nun hat der Markt nach dem Erdbeben ein Niveau erreicht, das zuletzt vor 30 Jahren verzeichnet worden war.
Shogo Maeda, Leiter japanische Aktien des britischen Vermögensverwalters Schroders, geht in einem Beitrag zur Lage Japans der Frage nach, wie die weitere Entwicklung aussehen mag. Aus Sicht Maedas kann es nur noch aufwärts gehen. Der Markt befinde sich auf dem tiefsten Stand seit mehreren Jahrzehnten, die Bewertungen erscheinen daher äußerst günstig, die kurzfristige Wirtschaftsdynamik zeige nach oben und die Staatsausgaben sollten in den nächsten Jahren steigen. Dem stehen laut dem Strategen jedoch einige Unsicherheitsfaktoren auf makroökonomischer Ebene im Jahr 2012 gegenüber, wie etwa der starke Yen.
Die Folgen des Erdbebens, darunter der Anstieg der Energiepreise und der Steuern, werden die Verlagerung japanischer Unternehmen ins Ausland beschleunigen. In den vergangenen zehn Jahren haben sie ihre Investitionen innerhalb des Landes reduziert und stattdessen immer stärker in ihre Auslandsaktivitäten investiert. Mit Erfolg, so Maeda: „Über ein Viertel der Gewinne der großen Industriekonzerne stammte 2010 aus dem Asiengeschäft. Eine große Anzahl an Unternehmen expandiert mittlerweile in die rasch wachsenden Schwellenmärkte, insbesondere China und Südostasien.“ Gleichzeitig haben japanische Firmen ihren Verschuldungsgrad schrittweise auf ein Niveau von mittlerweile unter 0,5 Prozent verringert. Damit ist die Nettoverschuldung etwa halb so hoch wie noch vor zehn Jahren. Die freien Cashflows werden eingesetzt, um die Dividenden zu erhöhen und eigene Aktien zurückzukaufen. Trotz der Instabilität der weltweiten Finanzmärkte werden die Ergebnisse der drei größten Banken des Landes für das laufende Geschäftsjahr voraussichtlich nahe ihren Rekordständen liegen. Die globale Wirtschaftslage hat sich in den letzten Monaten verschlechtert und damit für zusätzliche Unsicherheit in Bezug auf die Gewinnaussichten für 2012 gesorgt. „Die insgesamt soliden Fundamentaldaten der Unternehmen würden allerdings deutlich höhere Bewertungen rechtfertigen“ so das Fazit Maedos.
Die japanische Währung legt zum Jahresende weiter zu und stellt damit eine Belastung dar. Das Problem der Währungsaufwertung ist jedoch nicht neu für Japan und kann durchaus bewältigt werden. Das japanische Exportvolumen entwickelt sich in der Regel ähnlich dem globalen Exportvolumen. Japans Exporte sind zuletzt gegenüber den globalen Exporten drastisch eingebrochen. Das ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass wir es nicht mit einem Nachfrageproblem, sondern mit Versorgungsengpässen zu tun haben. Da sich angeschlagene Branchen wie die Automobilproduktion und Unterhaltungselektronik allmählich erholen, dürfte die Produktion in den nächsten Monaten mit größter Wahrscheinlichkeit deutlich anziehen – und zwar nahezu unabhängig von der weltweiten Nachfrage.
Die Frage der Kernkraft in Japan ist einmalig und könnte ein ernsthaftes Risiko darstellen. Vor dem Atomunglück von Fukushima wurde fast ein Drittel des Stroms per Kernkraft erzeugt. Von diesen Kraftwerken sind derzeit lediglich 20 Prozent in Betrieb. Von den 80 Prozent der stillgelegten AKWs wurden einige durch das Erdbeben oder den Tsunami beschädigt, die Mehrzahl wurde jedoch ordnungsgemäß kontrolliert und vielmehr aufgrund des Widerstands lokaler Behörden nicht wieder ans Netz genommen. Die noch laufenden AKWs sollen bis nächsten Frühling inspiziert werden. Sollten diese 20 Prozent für Wartungsarbeiten stillgelegt und nicht wieder in Betrieb genommen werden, ist mit massiven Versorgungsengpässen zu rechnen. Dieses Risiko muss mit Blick auf das Jahr 2012 einkalkuliert werden, wobei es sich jedoch um das Worst-Case-Szenario handelt, so Maedo abschließend.
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.