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13:28 Uhr, 03.08.2016

Japan: Konjunkturprogramm enttäuscht die Märkte

Japans Regierung greift wieder in die Tasche und will für ein Konjunkturprogramm 73 Mrd. Dollar in die Hand nehmen. Der Markt ist klarerweise enttäuscht.

Japan kann derzeit nichts richtig machen. Erst ging die Zinssenkung in den negativen Bereich zu Jahresbeginn nach hinten los, dann enttäuschte die Notenbank im Juli mit ihren neu beschlossenen Maßnahmen. Anstatt eines großangelegten Maßnahmenpaketes aus Anleihenkäufen und möglicherweise sogar Helikoptergeld, schraubte sie lediglich ihre ETF-Käufe nach oben.

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Mit den zusätzlichen Käufen von Aktien über ETFs pumpt die Notenbank jährlich zusätzlich 27 Mrd. Dollar in den Markt. Gemessen an den bisher beschlossenen Maßnahmen ist das natürlich wenig. Das Volumen der Aktienkäufe wurde zwar fast verdoppelt, doch im Gesamtkontext ist es unerheblich.

Der Markt reagierte darauf prompt und ließ den Yen stark aufwerten. Nun kommt die nächste Enttäuschung. Viel wurde über das Konjunkturprogramm gerätselt. Bis zu 280 Mrd. Dollar standen im Raum. Nun sind es „nur“ 73 Mrd. geworden.

Insgesamt beträgt das Maßnahmenpaket nach wie vor 280 Mrd. Die Aufteilung der Gelder ist jedoch anders als gedacht. Dazu muss man wissen, dass japanische Konjunkturprogramme nicht nur direkte Ausgaben des Staates beinhalten. Diese belaufen sich im aktuellen Fall auf die genannten 73 Mrd.

Die zusätzlichen Staatsausgaben erstrecken sich über zwei Fiskaljahre. Dabei dürften im laufenden Jahr (bis Ende März 2017) 50 Mrd. und im darauffolgenden die restlichen Milliarden ausgegeben werden. 50 Mrd. Dollar sind eine ganze Menge, wenn man es etwa mit europäischen Konjunkturprogrammen vergleicht, doch für Japan ist das schon eher eine bescheidene Größe.

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Seit Beginn der Finanzkrise, zwischen 2008 und 2014, hat der Staat gut 700 Mrd. in Konjunkturprogramme gesteckt, also 100 Mrd. pro Jahr. Nun sind es 73 Mrd. auf zwei Jahre gerechnet. Das wirkt schon fast ein wenig knausrig.

Die Höhe der vergangenen Programme war beeindruckender. Genutzt haben sie wenig. Der Staat pumpte über die Programme 15 % der Wirtschaftsleistung in das Land. Die Wirtschaftsleistung ist heute allerdings immer noch dort, wo sie vor der Finanzkrise war.

So beeindruckend die Zahlen sind, so ernüchternd waren bisher ihre Resultate. Möchte man die Enttäuschung über die Wirksamkeit noch weiter unterstreichen, dann betrachtet man am besten die Gesamtsummen, die die Regierung zu ihren Programmen zählt. Dazu gehören dann nicht nur die direkten Staatsausgaben, sondern auch vom Staat geförderte oder garantierte Kredite. Diese machen für gewöhnlich den größeren Anteil der Gesamtsumme der Konjunkturprogramme aus.

Die Grafik zeigt die ungefähre Aufteilung nach direkten Staatsausgaben und nach Krediten. Im Normalfall trägt der Staat also weniger als ein Drittel zu der Gesamtsumme der Programme wirklich selbst bei. So ist es auch diesmal.

Wir wirkungsvoll diese Kredite sind, kann man sich vorstellen. Kredit ist bereits so billig, dass eine zusätzliche Ersparnis von ein paar Basispunkten kaum lukrativ ist. Wenn Unternehmen investieren wollen, dann tun sie das auch ohne den Staat. Insofern ist von den horrenden Summen nicht viel zu halten.

Das Programm sollte man trotzdem nicht als pure Enttäuschung abtun. Es beinhaltet viele Maßnahmen, die immer ausgepackt werden, doch auch neue Maßnahmen, die Wirkung zeigen können. Zu den altbackenen Maßnahmen gehören Infrastrukturinvestitionen. Darüber hinaus soll der Export von landwirtschaftlichen Produkten durch Investitionen unterstützt werden.

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Sinnvoller erscheint die Investition in ein familienfreundlicheres Arbeitsumfeld. Japan ringt um jeden Arbeitnehmer. Da die Bevölkerung schrumpft, kann die Wirtschaft nur dann wachsen, wenn mehr Menschen am Berufsleben teilhaben. Die Partizipationsrate muss steigen, um den Bevölkerungsschwund wettzumachen. Das soll gelingen, indem Familie und Beruf besser vereinbar gemacht werden sollen. Die Partizipation von Frauen ist niedrig und seit den 90er Jahren sinkend.

Das Konjunkturprogramm ist nicht der große Wurf. Eine Enttäuschung ist es auch nicht. Der Markt reagiert trotzdem etwas pikiert. Der Yen wertet wieder stark auf. Es scheint – egal, was Japan macht – es reicht dem Markt nicht. Nachdem der Markt ohnehin unersättlich scheint, sollte Japan vielleicht auch einfach beginnen ihn zu ignorieren. Wer weiß, vielleicht tut das die Notenbank schon bald. Sie hat eine „umfassende Evaluierung“ ihrer Maßnahmen angekündigt. Das kann alles heißen, von Abwicklung einiger Maßnahmen bis hin zu einer neuen Geldflut. Ersteres würde inzwischen vermutlich mehr Sinn machen.

Clemens Schmale

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2 Kommentare

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  • Schnutzelpuh
    Schnutzelpuh

    So lange die scheinbar leicht zu manipulierenden Märkte den wechselnden Aussagen der fünf massgeblichen Notenbanken brav hinterher laufen, kann das Spiel ewig fortgesetzt werden.

    21:56 Uhr, 03.08.2016
  • Mitdenker
    Mitdenker

    Krank. Deutschland würde so ein Programm nie starten und über das Porgramm der Japaner wird gejammert??????

    17:12 Uhr, 03.08.2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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