Kommentar
06:17 Uhr, 27.07.2016

Konjunktur: Ohne den Staat läuft wenig

Die abwartende Haltung des Marktes vor den Notenbanksitzungen der Fed und Bank of Japan ist förmlich greifbar. Dabei kommt es eigentlich gar nicht auf die Notenbank an.

Heute wird die US-Notenbank ihren Zinsentscheid bekanntgeben, am Freitag die Bank of Japan

Bei beiden ist nicht mit großen Überraschungen zu rechnen. Die Fed wird die Füße stillhalten und einen vagen Ausblick geben, ob sie im September den nächsten Zinsschritt angehen möchte oder nicht.

Von der BoJ wird grundsätzlich eine geldpolitische Lockerung erwartet, doch Notenbankchef Kuroda mag Überraschungen. In diesem Fall dürfte er durch die Abwesenheit neuer Maßnahmen überraschen. Der Status Quo bleibt also. Den Markt kann das auf dem falschen Fuß erwischen. Persönlich erwarte ich jedoch keine neuen Ankündigungen, da die Notenbank kaum noch Spielraum hat.

Die BoJ machte zuletzt klar, dass es Helikoptergeld nicht geben wird

Zugegeben, sie sagte auch, dass es keine negativen Zinsen geben wird. Die negativen Zinsen kamen dann - wenige Tage nach den Beteuerungen, dass es sie nicht geben wird. Hierin liegt tatsächlich ein gewisses Überraschungspotenzial und die Wahrscheinlichkeit dafür ist heute wieder ein klein wenig gestiegen (sie ist aber immer noch einstellig).

Vergangene Woche gab es Meldungen, dass die japanische Regierung ein Konjunkturprogramm von atemberaubenden 189 Mrd. USD plane. Wie es nun aussieht, sind es nicht 189 Mrd. und auch nicht 10 Mrd., wie später berichtet wurde, sondern maximal 20 Mrd. Von diesen 20 Mrd. ist nur die Hälfte wirklich zusätzlichen Ausgaben zuzuschreiben. Der Rest wird andernorts eingespart.


Wenn die Regierung kein Geld ausgibt, dann muss es vielleicht doch die Notenbank tun

Bisher war die Politik der BoJ nur mäßig erfolgreich. Die versprochene Inflation ist immer noch nicht da und weder der private Konsum noch die privaten Investitionen sind angesprungen. Die Jahreswachstumsrate des Konsums ist negativ und die der Investitionen sinkt (Grafik 1).

Was die Wirtschaft in den letzten Jahren über Wasser gehalten hat war das erste Konjunkturprogramm der Regierung Abe im Jahr 2013. Der Ausschlag der staatlichen Investitionen ist klar erkennbar. Nach Ende des Programms ging nichts mehr. Die Wirtschaft stagnierte wieder.

Will Japan Wachstum, dann geht es ohne den Staat und seine Konjunkturprogramme nicht

Von privater Seite ist nichts zu erwarten. Kann es sich der Staat nicht mehr leisten, dann muss es die Notenbank finanzieren. Insbesondere öffentliche Investitionen würden guttun. Grafik 2 zeigt die Investitionen (privat und staatlich) sowie den Konsum als Index. Ausgangspunkt ist das Jahr 1980. Alle Indizes beginnen bei 100, sodass die Niveaus vergleichbar sind.

Die staatlichen Investitionen sind seit langem auf tiefem Niveau gefangen. Nun geht der private Konsum zurück, sogar stärker als 2008 während der Finanzkrise. Soll die Wirtschaft nicht in die Rezession zurückfallen, dann muss das kompensiert werden. Private Investitionen werden es nicht sein, die das bewerkstelligen können. Sie sind auf dem gleichen Niveau wie vor 25 Jahren und die Dynamik der "Hochkonjunktur" der letzten drei Jahre lässt nach.

Kurz gesagt: ohne Staat und Konjunkturprogramme geht gar nichts

Die Regierung scheint jedoch nur 20 Mrd. budgetiert zu haben. Rechnet man dann noch die Einsparungen andernorts heraus, würde das Konjunkturprogramm gerade einmal 0,2 % der Wirtschaftsleistung ausmachen. Das ist ein Tropfen in den Ozean und bringt nichts. Vielleicht kommt es am Ende dieser Woche doch noch zum großen geldpolitischen Knall.

Clemens Schmale

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Über den Experten

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Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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