Fundamentale Nachricht
10:07 Uhr, 03.12.2014

Jahresendrallye in vollem Gang – Aber die Fragezeichen bleiben

Gerade die Wall Street bewegt sich Stefan Riße vom HPM Hanseatische Portfoliomanagement zufolge aus stimmungstechnischer Sicht auf einem gefährlich hohen Niveau.

Hamburg (BoerseGo.de) - Der tiefe Fall des Deutschen Aktienindex im Oktober auf 8.354 Punkte kam nicht überraschend, umso überraschender allerdings war die dann gestartete Erholungsbewegung zurück auf das aktuelle Niveau von rund 9.900 Punkten. Eine solche Entwicklung, die wie auch die Kurse an der Wall Street einer „V“-Bewegung entsprachen, ist kein Zeichen für eine gesunde Verfassung der Aktienmärkte. Normalerweise hätte sich auf einem tieferen Niveau eine Konsolidierung anschließen müssen, die dann die Basis für die Fortsetzung der Aufwärtsbewegung bildet. So aber haben viele „schwache“ Hände schnell bei billigeren Kursen zugegriffen. Deren Enttäuschung, sollte es jetzt nicht weiter nach oben gehen, könnte bald in wieder schlagartige Verkäufe umschlagen, wie Stefan Riße vom HPM Hanseatische Portfoliomanagement in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Wir befänden uns in der meistgehassten Rallye aller Zeiten und Freunde habe die Börse in den vergangenen Wochen nur wenige dazu gewonnen. Der Zwang, wieder nicht dabei zu sein, sollte der DAX in naher Zukunft erneut die Marke von 10.000 Punkten in Angriff zu nehmen, treibe auch die letzten Skeptiker, darunter auch die Manager großer Aktienfonds jetzt in den Markt. Da es aktuell so aussehe, als würde der DAX das Börsenjahr 2014 doch noch mit einem Plus beenden, wanderten zum Jahresende Aktien in die Bücher, obwohl viele doch lieber weiter an der Seitenlinie verharrt hätten. Absicherungen derjenigen, die sich gegen fallende Kurse schützen wollten, müssten bei stark steigenden Kursen ebenfalls aufgelöst werden, was den Trend nach oben noch einmal verstärke, heißt es.

Der ifo-Geschäftsklimaindex sei nach sechs Monaten erstmals wieder angestiegen und zeige damit den wieder aufkeimenden Optimismus zumindest in den Chefetagen der deutschen Unternehmen. Allerdings würden auch hier noch immer die mittel- bis langfristigen Auswirkungen des aus der Ukraine-Krise hervorgerufenen Konflikts des Westens mit Russland unterschätzt. Der verschobene Fokus auf das immer billigere Geld der Europäischen Zentralbank und den schwachen Euro sei zwar nachzuvollziehen, allerdings sollten die Ursachen für diese Entwicklung nicht außer Acht gelassen werden. Vor allem die Sorgenkinder in der südlichen Eurozone schleppten sich von Quartal zu Quartal und es werde nur eine Frage der Zeit sein, wann von dort neue Hilferufe zu vernehmen sein werden. Denn die positiven Effekte der geldpolitischen Maßnahmen gerade in diesen Ländern seien weiter anzuzweifeln. Und nicht nur, aber auch gerade Deutschland, sei auf ein wirtschaftlich gesundes Europa angewiesen, so Riße.

Jenseits des Atlantiks sehe die Situation zwar weitaus besser aus, allerdings reagiere hier auch die Notenbank in den kommenden Monaten eher mit restriktiveren geldpolitischen Schritten. Deren Auswirkungen auf die Aktienmärkte seien beim Auslaufen der vergangenen beiden „Quantitativen Easing“-Maßnahmen zu spüren gewesen und würden auch jetzt ihre Spuren an den Börsen hinterlassen. Der Blick nach China hinterlasse nach der jüngsten Zinssenkung auch mehr Fragezeichen, als dass er Antworten auf die zukünftige Entwicklung der Weltwirtschaft geben könne. Sei die Konjunktur im Reich der Mitte auch nur noch mit der Droge Liquidität am Leben zu erhalten, wäre dies ebenfalls keine gesunde, sondern eine gefährliche Entwicklung, die in den kommenden Monaten auf die Börse durchschlagen dürfte, heißt es weiter.

„Gerade die Wall Street bewegt sich aus stimmungstechnischer Sicht auf einem gefährlich hohen Niveau. Die US-Privatanleger sind so optimistisch wie nie zuvor. Die pessimistischen US-Börsenbriefe erreichen in diesen Tagen rekordtiefe Prozentsätze. Die kurzfristigen Börsenbriefe geben Verkaufssignale, die Put/Call-Ratios sinken und zeigen weniger Absicherungsaktivitäten. Der größte US-Indexfonds, der den S&P 500 Index nachbildet, verzeichnet Rekordzuflüsse. Das alles sind Indikationen, die kurz- bis mittelfristig kein gutes Chance/Risiko-Verhältnis für Aktien darstellen. Aber auch hierzulande, wie oben schon erwähnt, können sich nur noch wenige vorstellen, dass die Kurse noch einmal fallen können. Zinsen nahe Null für risikolose Papiere locken immer mehr Käufer an den Aktienmarkt, was zwar einerseits positiv ist, dennoch sollte der Grund für diese niedrige Zinsen auch zur Vorsicht mahnen, jetzt nicht gleich ins volle Risiko zu gehen. Aktien bleiben langfristig alternativlos. Das heißt aber nicht, dass Kurse nicht auch mal wieder fallen können. Mein Kursziel für den Deutschen Aktienindex in den kommenden Monaten bleibt weiterhin bei 8.500 Punkten. Ich habe als Bär das Handtuch noch nicht geworfen“, so Riße.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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