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15:36 Uhr, 22.06.2017

Italienisches Bankensystem weiterhin auf schwachen Füßen

Die Deckungsquote für notleidende italienische Kredite ist Fidelity-Fondsmanager Alberto Chiandetti zufolge auf 51 Prozent gestiegen.

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Kronberg im Taunus (GodmodeTrader.de) – Noch immer hat sich das italienische Bankensystem von den diversen Krisen nicht völlig erholt. Der riesige Berg notleidender Kredite erreichte Ende 2015 mit einem Anteil von 24 Prozent am Brutto-Kreditvolumen den Höchststand. Zwar scheint das Schlimmste überstanden. Denn mit der langsamen, aber kontinuierlichen Konjunkturerholung kam der stetige Strom neuer fauler Kredite zum Erliegen. Aber im System müssen nach wie vor hohe Altlasten abgebaut werden, bevor Italiens Banken im großen Stil neue Kredite vergeben können, wie Alberto Chiandetti, Fondsmanager des Fidelity Italy Fund, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Als größtes Versäumnis erweise sich nun, dass Italien auf die Schaffung einer Bad Bank verzichtet habe. Anfang 2017 habe die italienische Regierung zwar weitgehend die größte börsennotierte Bank des Landes, Monte dei Paschi, verstaatlicht und damit das systemische Risiko verringert. Aber die Probleme der beiden mittelgroßen Regionalbanken Veneto und Vicenza seien weiter ungelöst und sorgten immer wieder für Verunsicherung. Eine Lösung unter Einbeziehung der Anleiheinhaber und/oder Sparer bei den beiden Banken würde neuerliche Ängste vor einer Kapitalflucht aus den schwächeren börsennotierten Sparkassen („Popolari banks“)und einigen kleineren nicht gelisteten Banken schüren. Letztere hätten einen Anteil am ausgereichten Kreditvolumen von 30 Prozent, heißt es weiter.

„Zugleich deuten die jüngsten von italienischen Banken veröffentlichten Zahlen auf eine gewisse Entspannung der Lage hin. So ist die Deckungsquote für notleidende Kredite auf 51 Prozent gestiegen und die Masse dieser Kredite ist ohne Berücksichtigung einiger technischer Effekte erneut deutlich geschrumpft. Außerdem hat die Nettozinsmarge offenbar die Talsohle durchschritten, während die Banken den Anteil der Gebühren am Gewinn dank stabilerer Einnahmequellen weiter steigern konnten“, so Chiandetti.

Verschärft worden sei die Euro-Krise 2011 nicht zuletzt durch die unerfreuliche Wechselbeziehung zwischen Staatsanleiherenditen und dem Bankensektor. Als die Renditen im Verlauf der Krise in die Höhe geschossen seien, seien die Gewinne jener Banken geschmolzen, in deren Büchern sich umfangreiche Bestände an italienischen Staatsanleihen angehäuft hätten. Ihre Eigenkapitalposition habe sich zusehends verschlechtert. Seitdem hätten beispielsweise die beiden größten Banken Unicredit und Intesa ihre Eigenkapitalbasis gestärkt und einen Teil ihrer notleidenden Kredite veräußert, heißt es weiter.

„Dennoch steht das italienische Bankensystem weiterhin auf schwachen Füßen, unfähig, hohe Renditen zu generieren, während die von der Europäischen Zentralbank (EZB) bereitgestellte Liquidität den Wettbewerb unter den Banken anheizt. So kommt es, dass die Kreditnachfrage zwar steigt, aber nicht ausreichend genug, um den von den niedrigen Zinsen ausgehenden Druck auf die Margen wettzumachen. Erschwerend kommt hinzu, dass das Bankensystem nach wie vor sehr zersplittert ist, was einer spürbaren Erholung der Profitabilität entgegensteht“, so Chiandetti.

Inzwischen hätten die meisten Banken ihre Kosten aggressiv gesenkt. Aber nur solche mit sauberen Bilanzen würden ihre Kreditvergabe ankurbeln und damit höhere Renditen generieren können. „Nach unserer Einschätzung wird dieses Potenzial aber bei einigen Banken unterschätzt. Weniger gut bewerten wir die Aussichten für die kleineren Sparkassen ein. Nach wie vor leiden sie unter der Last ihrer notleidenden Kredite, die sie zu höheren Rückstellungen zwingt und damit ihre Gewinne schmälert“, so Chiandetti.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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