Kommentar
08:11 Uhr, 27.07.2015

Ist das der TRUMPf der USA?

Trotz einiger überzeugender Quartalszahlen will die US Börse nicht nach oben. Dramatisch ist die Situation noch lange nicht und die Gründe für die Abgaben sind nicht ganz klar. Das verschafft etwas Raum sich mit einem anderen Thema auseinanderzusetzen.

Das Thema sind die US Präsidentschaftswahlen 2016. Diese sind noch über ein Jahr entfernt, doch an Aufregung mangelt es deswegen nicht. Insbesondere auf Seiten der Republikaner ist das Kandidatenfeld noch sehr unübersichtlich. Als der Bruder bzw. Sohn der früheren Bush Präsidenten seine Kandidatur bekannt gab, da war vielen sofort klar, dass Jeb Bush der Kandidat der Republikaner sein würde. So langsam muss man diese Einschätzung korrigieren, denn die Republikaner haben ein neues Phänomen. Es heißt Donald Trump.

Donald Trump räumt das republikanische Kandidatenfeld gerade mächtig auf. Keiner weiß so recht, wieso er als Politiker so begehrt ist. Erfahrung hat er in der Politik keine, obwohl er sich schon mehrfach für eine Kandidatur interessierte (1988, 2004, 2012). Erfahrung hat er vor allem in Selbstvermarktung und dem Immobiliensektor. Mit Insolvenzrecht dürfte er sich auch ganz gut auskennen. Trump ist heute zwar Milliardär, doch auf dem Weg dorthin ging er Anfang der 90er Jahre durch eine Insolvenz.

Trump stellte in den 80er Jahren ein neues Projekt nach dem anderen auf die Beine bis sein Unternehmen so überschuldet war, dass es die Zinszahlungen nicht mehr aufbringen konnte. Es kam zu einem Haircut. Geldgeber erhielten für den Schuldenschnitt einen Anteil an bestehenden Projekten. Trump kostete Banken und Anleger damals mehrere hundert Millionen Dollar.

Geschadet hat ihm der Ausflug in die Insolvenz nicht. Nach 25 Jahren ist das vergessen und jeder erkennt Trump als Multimilliardär an. Das reichte ihm nicht, als sein Vermögen von Forbes auf 4,1 Mrd. USD geschätzt wurde. Es tauchte zufällig eine eigene Bewertung auf, indem das Vermögen mit 8,7 Mrd. ausgewiesen wird. Von diesen 8,7 Mrd. sind 3,3 Mrd. immateriellen Vermögenswerten zuzuschreiben (z.B. die Marke Trump). Trump gibt sich und seinem Namen also ein recht großes Preisschild. Er sieht sich als Marke mit einem Wert von 3,3 Mrd. fast in einer Liga mit Mastercard und Ferrari.
Bis zu den Wahlen im kommenden Jahr ist es noch ein weiter weg und momentan würde Trump nicht gegen die demokratische Kandidatin Hillary Clinton gewinnen können. Würden Clinton und Trump zur Wahl stehen, dann würden 50% aller Wähler für Clinton stimmen und 37% für Trump. Würde Trump gegen seinen Parteikollegen Sanders antreten, dann stünde es 37% für Trump und 47% für Sanders. Auf den ersten Blick sieht Trump im direkten Duell wie ein Verlierer aus, doch der Eindruck täuscht.

Stellt man alle republikanischen Kandidaten einander gegenüber, dann ergibt sich ein ganz anderes Bild. Die Grafik zeigt die Ergebnisse auf der rechten Seite. Für Trump würden sich 19% entscheiden. Jeb Bush folgt erst auf Rang 3 mit 12%.

Derzeit kommt es nicht so sehr darauf an wie Trump bei der "Sonntagsfrage" auf Landesebene abschneidet, denn bevor sich diese Frage überhaupt stellt muss Trump nominiert werden. Nominiert wird er von den Republikanern. Die Ergebnisse der Sonntagsfrage trügen daher ein wenig. Hier werden nicht nur Republikaner, sondern alle Amerikaner befragt. Diese würden sich bei der Wahl zwischen Clinton und Trump für Clinton entscheiden. Selbst wenn zwei republikanische Kandidaten gegeneinander antreten kommt Trump schlecht weg, weil Demokraten eher zur republikanischen Alternative zu Trump tendieren. Werden alle Amerikaner befragt, dann hat Trump keine Mehrheit. Werden hingegen nur Republikaner befragt, dann ist Trump vorne.

Kann das Momentum so aufrecht erhalten werden, dann stehen die Chancen für Trump gar nicht so schlecht. Er ist als Privatperson und Geschäftsmann in den USA sehr beliebt. Zudem ist er politisch recht unbelastet und kann trotz seiner früheren Insolvenz mit seinem derzeitigen Vermögen prahlen. Er kann behaupten, dass er versteht wie die Wirtschaft läuft. Ebenso kommt ein Milliardenvermögen nicht durch Untätigkeit. Sein bisher einziges Motto ist "we need to get things done." Als Geschäftsmann hat er das Image die Dinge anzupacken und zu erledigen. Beim typischen Politiker hat man oft den Eindruck, dass wenig passiert.

Trump leistet sich viele Fettnäpfchen. Bisher wird ihm das verziehen. Er geht auch gar nicht auf seine Fehltritte ein, ganz nach dem Motto: wer etwas voranbringen will, der darf nur in die Zukunft schauen.

Derzeit ist Trump als politisches Phänomen noch interessant und auch ein wenig lustig. Das Lachen kann einem jedoch schnell vergehen, wenn er wirklich reale Chancen auf die Präsidentschaft bekommt.

Aus europäischer Sicht ist ein Kandidat wie Trump fast unvorstellbar. Man schüttelt den Kopf und kann sich auch dabei amüsieren. In Europa haben wir oft trockene und ernste Persönlichkeiten, die vor Seriosität schon versteinert wirken. Eine Ausnahme gab es in Italien, als Berlusconi noch sein Unwesen trieb.

Heute haben wir in Europa vielleicht keinen Trump oder Berlusconi, dafür aber viele Protestparteien. Oft beginnt der Erfolg von solchen Parteien mit viel Sympathie, weil sie unbelastet sind und frisch wirken. Kommen sie dann in der Realität an (z.B. Griechenland), dann schüttelt man den Kopf vor Entsetzen. Hoffentlich bleibt uns die Notwendigkeit dafür sowohl in den USA als auch in Europa erspart.

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2 Kommentare

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  • Wolfi81
    Wolfi81

    Für Entsetzen sorgen bei mir nicht Grillo, Tsipras oder Le Pen sondern Gestalten vom Schlage Merkel, Schäuble, Hollande, Juncker, Schulz usw. usf., die doch den Karren erst in den Dreck gefahren haben und lustig weitermachen. Die Probleme werden einfach immer weiter in die Zukunft verschoben und türmen sich bereits jetzt gefährlich auf!

    12:54 Uhr, 27.07. 2015
  • USexpert
    USexpert

    Schau mal wie seine Frau aussieht, dann konntest du verstehen warum er in der Fuehrung liegt.

    09:48 Uhr, 27.07. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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