Kommentar
10:55 Uhr, 08.05.2006

Interview mit Ute von der Lahr:  Devisen-Trading auf Mallorca

Kann Trading nicht traumhaft sein? Im sonnigen Süden auf Mallorca leben, mal in den Pool springen, mal ans Meer fahren, nebenbei ein wenig traden und abends mit einem Gläschen Rotwein den Sonnenuntergang genießen. Ute von der Lahr hat sich diesen Traum erfüllt. Nur ganz so einfach, und das schildert sie ausführlich in diesem Interview, ist das Leben als Traderin dann doch nicht. Sie lebt auf Mallorca, arbeitet tagsüber als Immobilienmaklerin, und handelt zwischendurch und nachmittags in den Devisenmärkten. Über ihren Mann ist sie zum Trading von Devisen gekommen. Nach ersten lehrreichen Fehlern und diversen Besuchen von Trading-Seminaren konnte sie ihre Performance-Kurve langsam in den positiven Bereich bringen. Dahinter steckt viel Ausdauer und konsequente Fortbildung.

FRAGE: Frau von der Lahr, können Sie unseren Lesern kurz Ihren beruflichen Background und Ihre aktuelle Tätigkeit schildern?
Ute von der Lahr: Nach dem Studium und ernsthaften Versuchen, den trocken Alltag eines Rechtsanwalts zu meistern habe ich zum Verkauf gewechselt. Zurzeit arbeite ich u. a. als Immobilien-Maklerin auf Mallorca.

FRAGE: Auf Mallorca zu leben und von dort aus zu traden, das wäre für viele unserer Leser ein Traum. Ist es wirklich so traumhaft? Wie schaffen Sie es beispielsweise, sich bei schönstem Wetter auf das Trading zu konzentrieren?
Von der Lahr: Mallorca ist eine wunderschöne Insel und ich bin sehr froh in der Lage zu sein hier leben und arbeiten zu können. Da ich nicht den ganzen Tag die Möglichkeit habe, vor dem PC zu sitzen und wir hier bis auf wenige Tage immer schönes Wetter haben, ist das kein Problem für mich. Ich habe immer noch genug Zeit, die Sonne zu genießen.

FRAGE: Welches Schlüsselerlebnis hat dazu geführt, dass Sie sich plötzlich für die Börse interessiert haben?
Von der Lahr: Mein Mann hat schon immer Devisengeschäfte getätigt, von daher war das nichts Neues. Richtig angefangen habe ich aber erst, seit es via Internet die diversen Handelsplattformen gibt, mit denen man selbst und von zuhause oder vom Büro aus direkt traden kann.

FRAGE: Wie sind Sie dann zum Daytrading gekommen?
Von der Lahr: Das ging nicht von heute auf morgen. Der eigentliche Grund ist wohl der, dass traden mir schon immer Spaß gemacht hat. Mit der Zeit kam dann mehr und mehr Routine dazu. Wenn man dann auch noch mit seinem Hobby gutes Geld verdienen kann, was will man mehr?

FRAGE: Wie lief Ihr Trading? Waren Sie von Anfang an erfolgreich?
Von der Lahr: Schön wäre es gewesen! Diesen Traum hat wohl jeder aber meistens läuft es dann doch nicht so. Ich habe aber sehr lange mit Demo-Programmen „trainiert“, so dass ich meine „Pannen“ im Zaum halten konnte.

FRAGE: Demo-Programme für Handelsplattformen sind für Einsteiger sicherlich eine wertvolle Hilfe. Es heißt aber auch, dass sich die Psyche auf Demo-Konten immer anders darstellt als beim Trading mit realem Geld. Haben Sie das beim Übergang zum realen Trading bei sich auch festgestellt?
Von der Lahr: Dem kann ich nur zustimmen. Demo –Programme sind sehr nützlich, wenn es darum geht, eine bestimmte Strategie oder Verhaltensweisen zu erlernen oder umzusetzen. Auch den Umgang mit einer ungewohnten Trading-Software sollte man auf jeden Fall mit einer Demo-Tradingplattform lernen um sich vor ungewollten Überraschungen zu schützen. Was die psychische Hemmschwelle jedoch angeht, so wird diese beim Übergang zum Traden mit echtem Geld kaum beeinflusst. Denn ein Demo-Konto kann zum Beispiel dazu dienen, eine bestimmte Einstiegs-Technik immer wieder zu üben und sie sich durch konsequente Wiederholung so zu verinnerlichen, dass eine Art erlernter Automatismus, wie beispielsweise beim Autofahren, entsteht. Ein Fahranfänger kann bei einer situationsbedingten Vollbremsung schon mal vergessen die Kupplung zu treten und dabei den Motor abwürgen, was einem geübten Fahrer nicht mehr passiert, weil dieser gar nicht mehr darüber nachdenkt, was er jetzt alles tun muss sondern automatisch gleichzeitig mit der Bremse die Kupplung tritt. Das kann man sich beim Traden mit Demos sehr gut antrainieren – beim Erscheinen bestimmter Signale quasi auch automatisch seine entsprechende Order zu setzen.
Man erspart sich dadurch stundenlanges Sitzen vor dem PC und „soll-ich-oder soll-ich-nicht“-Grübeln oder ähnliche kontraproduktive Momente.

FRAGE: Wie sah denn danach einer Ihrer größten Trading-Fehler aus?
Von der Lahr: Mein größter Trading-Fehler war einmal, konstant gegen den Trend zu traden, aber nicht, weil ich z.B. ein Retracement umsetzen wollte sondern weil ich der Meinung war, dass sich das Ganze doch irgendwann mal wieder umdrehen muss und ich dann von Anfang an dabei sein wollte. Im Laufe dieses Tages verlor ich dann immer mehr und je mehr ich verlor, umso mehr wollte ich mir dann durch immer höhere Einsätze wieder zurückholen. Das war fatal. Viel Geld habe ich auch ganz am Anfang dadurch verloren, dass ich immer direkt einen Trade begonnen habe, anstatt eine Order zu setzen und die Bestätigung dafür abzuwarten, dass sich der Markt auch wirklich in die von mir gewollte Richtung bewegt oder nicht. Auch so ein Lapsus war zu glauben, man könnte mit den diversen Indikatoren den Kurs vorhersagen. Ich ziehe den Hut vor denjenigen, die es können, nur bei mir hat es leider nie funktioniert.

FRAGE: Welche Lehren haben Sie damals daraus gezogen?
Von der Lahr: Ab da war klar, dass ich mit meinem Wissen und den bislang absolvierten Seminaren nicht weit kommen würde, weil diese ausschließlich auf theoretischer Basis aufgebaut waren. Es lässt sich im Nachhinein immer alles ganz schlüssig und klar darlegen, was da passiert ist, aber wenn man vor dem Monitor sitzt dann schaut es wieder ganz anders aus. Allein mit der Theorie würde ich nicht weiterkommen, ich musste also einen erfahrenen Trader finden, dem ich beim Traden zusehen konnte um das richtige Gefühl und die richtige Methode zu bekommen.

FRAGE: Viele Einsteiger sind der Meinung, dass man nur durch eigene Erfahrung ein guter Trader werden kann. Was halten Sie von einem solchen Trial & Error-Prozess?
Von der Lahr: Wenn überhaupt, dann nur mit einem Demo-Programm. Aber auch dann nutzt es nicht viel, wenn niemand da ist, der einem erklärt was man falsch gemacht hat und wie es richtig funktioniert. Traden mit Internet-Plattformen ist so komplex, dass man ohne Hilfe oder vernünftige Technik nicht weit kommt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich auf all das, was ich in Seminaren gelernt habe, selbst gekommen wäre.

FRAGE: Was haben Sie dann gemacht? Gute Trader, die Ihr Wissen weitergeben, gibt es ja nicht wie Sand am Meer? Wo haben Sie gesucht, wen haben Sie gefunden?
Von der Lahr: Ich habe versucht, das Internet soweit es möglich war systematisch zu durchsuchen und bin dabei auf alle möglichen und unmöglichen Seminare, Trainer und solche, die es gerne wären oder werden wollen gestoßen. Ich habe mich in den einschlägigen Chats versucht schlau zu machen und bin Empfehlungen anderer Trader nachgegangen, musste schließlich jedoch feststellen, dass ein wirklich gutes Trading-Seminar nicht einfach zu finden ist und Qualität ihren Preis hat.
Jemand der beispielsweise ein Fernstudium auf hohem Niveau und mit entsprechendem Erfolg ablegen möchte, kann nicht erwarten, dies an jedem Ort für ein Taschengeld zu bekommen. Genauso ist es mit wirklich guten Trading-Seminaren. Wer beim Traden Erfolg haben will, muss einen gewissen finanziellen sowie zeitlichen Aufwand leisten. Hier gilt wie überall: von nichts kommt nichts. Aber ungeachtet dessen wäre es gar nicht so schlecht, wenn so viele Trader wie möglich sich untereinander austauschen könnten, gemeinsam können wir mehr bewegen.

FRAGE: Warum besuchen Sie noch immer Trading-Seminare? Was kann jemand wie Sie da noch lernen?
Von der Lahr: Man lernt eben nie aus. Ich finde es sehr interessant, sich andere Methoden anzusehen, da man auf diese Weise neue Anregungen bekommt und schließlich auch seine eigene Methode immer wieder verbessern und verfeinern kann. So ein Seminar ist weiterhin ein riesiger Motivationsschub. Man ist mit Seinesgleichen zusammen, kann sich austauschen und die Erfahrungen anderer teilen. Das Wesentliche und Unübertroffene ist jedoch, wenn bei einem Seminar live gehandelt wird. Diese Seminare sind, selbst wenn man sie immer mit dem gleichen Anbieter macht, jedes Mal neu. Und natürlich wird man sich auch mit jedem Seminar wieder sicherer.

FRAGE: Hat sich Ihre Einstellung zu den Märkten und zum Trading seither geändert?
Ute von der Lahr: Anfangs waren für mich die politischen und wirtschaftlichen Ereignisse ein wichtiger Anhaltspunkt dafür, ob eine Währung steigt oder fällt. Ich habe mich mehr an den Nachrichten und Wirtschaftsanalysen orientiert als an Charts. Das ist sicher beim traden über einen längeren Zeitraum hin auch ein wichtiger Faktor. Mittlerweile treffe ich meine Trading-Entscheidungen fast ausschließlich aufgrund der Bewegungen in den Charts. Dies Anwendung der technischen Analyse, wurde mir erst durch die Seminare näher gebracht.

FRAGE: Welche Chartdarstellungsformen verwenden Sie? Und auf welchen Zeitebenen arbeiten Sie?
Von der Lahr: Ich bevorzuge Candlesticks, weil ich deren Umgang von Anfang an gewohnt bin, ohne jedoch auf die diversen Patterns zu achten. In letzter Zeit habe ich jedoch auch sehr viel mit Balken-Charts gearbeitet. Es macht für mich keinen großen Unterschied mehr, ich komme mit beiden gleich gut zurecht. Ich habe es mir angewohnt, vor Beginn die Tages- und Stundencharts kurz anzusehen, meine Trading-Entscheidungen treffe ich aber ausschließlich aus 5- und 15- Minuten-Charts.

FRAGE: Betrachten Sie übergeordnete Trends, Trendlinien, Unterstützungen, Widerstände, Pivot Points, Indikatoren usw.? Welche?
Von der Lahr: Alles bis auf Indikatoren. Anfangs habe ich, wie oben bereits erwähnt, viel mit Indikatoren „herumgebastelt“ aber leider nie ein akzeptables Ergebnis erzielen können, da die meisten Indikatoren nur aufzeigen, was sich bereits ereignet hat. Im Nachhinein nutzt mir das aber nichts.
Pivots, Unterstützungen und Widerstände sind für mich im Regelfall das nächste Ziel, das ich anstrebe, wenn sich ein Trade in meine Richtung bewegt. Ansonsten arbeite ich nur mit einfachen und exponentiellen Durchschnitten und Trendlinien. Eine eher unkomplizierte aber sehr effektive Methode, wie sich im Laufe der Zeit herausgestellt hat.

FRAGE: Das ist alles? Wodurch werden dann Ihre Handelsentscheidungen ausgelöst. Traden Sie etwa einen simplen „Crossover“ der gleitenden Durchschnitte oder ein Durchbrechen der Trendlinien?
Von der Lahr: Mit Crossovers habe ich eine Zeitlang gearbeitet, nur erwies sich dieser im Laufe der Zeit als unzureichend. Ich starte einen Trade beispielsweise, wenn der Kurs in eine bestimmte Zone gleitender Durchschnitte läuft (siehe Abbildung 1, graue Markierung). Ich verwende hier 10er/20er/47er-Gleitende Durchschnitte. Ob dass die perfekte Einstellung ist, weiß ich nicht. Fibonacci-Freaks arbeiten hier mit einer 8-21-62er-Einstellung. Das muss jeder für sich selber festlegen.
Wenn hier gleichzeitig eine Retracementzone (z. B. Pivotmarken, in Abbildung 1 horizontal eingearbeitet, rote Linie = Pivot) liegt, dient mir dieser Bereich als Unterstützungszone. Dort warte ich dann auf das Auftreten einer Reversal-Bar-Formation (= siehe ersten positiven grünen Candle). Ich kaufe meine Position, wenn im nächsten Bar das Hoch des Reversal Bars überschritten wird. Manchmal verwende ich auch noch Trendlinien - in diesem Fall abwärtsgerichtete, die ich an den Highs der Korrekturphase anlege (siehe graue Markierung in Abbildung 1). Ideal ist natürlich, wenn alle drei Aspekte zusammenfallen. Mit den Reversalbars mache ich kurze aber auch effektvolle Trades. Die gleitenden Durchschnitte benutze ich ebenfalls zur Determinierung des Trends, solange sie aufwärts gerichtet sind, kaufe ich, umgekehrt gehe ich short. Einfach aber äußerst aussagekräftig.

FRAGE: Traden Sie nur mit dieser einen Strategie oder verwenden sie auch noch andere?
Von der Lahr: Ich setze mehrere Strategien ein. Sehr schöne Countertrend-Trades kann man beispielsweise auch mit 1-2-3-Highs und -Lows-Count machen (siehe Abbildung 2). Hierbei warte ich ab, bis ein neues High oder Low gemacht wird (= Nummer 1 in Abbildung 2), eine Korrekturbewgung einsetzt (= Nummer 2), und wenn dann der nächste Swing in die vorherige Hauptrichtung keinen neuen Extremwert erreicht (= Nummer 3, tieferes High oder höheres Low), dann habe ich einen so genannten „1-2-3-Countertrend“. Wenn die Kurse anschließend die eingezeichneten Trendlinien durchbrechen, gehe ich entsprechend Long oder Short (siehe Abbildung 2). Möglichkeiten für wirklich gute Trades gibt es genug, auch oder gerade wegen der simplen Methode.

FRAGE: Wie managen Sie dann die Position
Von der Lahr: Ich handle meistens mehrere Kontrakte. Wenn sich der Trade in meine Richtung bewegt, habe ich meistens einen Pivot, Tageshoch oder einen vorher schon mehrmals aufgetreten Widerstand im Visier. Habe ich den erreicht, schließe ich eine oder zwei Positionen und lasse eine weiterlaufen. Manchmal noch eine gute Draufgabe.

FRAGE: Und wenn die Position gegen Sie läuft? Verdoppeln Sie Ihre Positionen, wenn der Markt für oder gegen Sie läuft?
Von der Lahr: Bewegt sich der Trade nicht in meine Richtung lasse ich ihn laufen, bis ich ausgestoppt werde (… das ganze kann sich oft noch kurz vor dem Stopp-Level umkehren!). Man sollte also nicht zu früh raus und letztendlich den Markt entscheiden lassen, was mit dem gesetzten Stopp passiert. Ich habe meine Stopps schon immer vorher berechnet, so verliere ich nur so viel wie ich meine mir für diesen Trade leisten zu können. Wenn der Markt gegen mich läuft, neige ich nicht so sehr dazu, noch eins draufzupacken. Wie oben bereits erwähnt, warte ich bis ich ausgestoppt werde und konzentriere mich dann auf den nächsten Trade.

FRAGE: In welchen Märkten/Produkten sind Sie heute tätig?
Von der Lahr: Hauptsächlich EUR/USD und GBP/USD und das fast ausschließlich intraday.

FRAGE: Wie lange halten Sie im Schnitt eine Position?
Von der Lahr: Die einzelnen Positionen halte ich selten länger als eine Stunde.

FRAGE: Welche Rolle spielt Risiko-Management in Ihrem Trading? Benutzen Sie beispielsweise Stopp-Loss Orders falls der Markt gegen Sie läuft?
Von der Lahr: Risiko-Management ist ein absolutes Muss wenn man sich beim Traden über längere Zeit halten will. Das Verhältnis Risiko zu Gewinn muss vor jedem Trade kalkuliert werden sonst ist das ganze zum Scheitern verurteilt. Wer z. B. 20 Pips (= kleinste Handelseinheit in den Währungen) riskiert um vier gewinnen zu können, ist schnell pleite. Das ist auch ein Fehler, den ich vor lauter Übereifer am Anfang immer wieder gemacht habe. Man sollte auch nie mehr als ein bis zwei Prozent von seinem Kapital für einen Trade riskieren sonst wird ein Schnellschuss leicht zum Blattschuss. Meine Stopps liegen bei maximal 20 Pips oder weniger wenn es geht ohne den Trade zu sehr einzuengen.

FRAGE: Inwiefern verwenden Sie Money-Management-Ansätze? Nach welchen Kriterien bestimmen Sie Ihre Positionsgröße?
Von der Lahr: Klassische Money-Management-Strategien wie Martingale (= Positionserhöhung nach Verlusttrades) oder Maximum Favourable Excursion (= Aufstocken von Gewinnpositionen ab einem bestimmten Profitlevel) verwende ich nicht. Ich handle meistens mehrere Kontrakte. Da ich nie mehr als zwei Prozent meines Gesamtkapitals aufs Spiel setze, ergeben sich meine Positionsgrößen entsprechend. Wenn man so will, dann verwende ich hier einen „Fixed Fractional“-Ansatz (= es wird immer nur ein definierter Prozentsatz des Gesamtkapitals pro Trade investiert). Damit kommt man zwar langsamer, aber auf jeden Fall dauerhaft zum Erfolg.

FRAGE: Welche Rolle spielt für Sie die Psychologie im Trading?
Von der Lahr: Eine sehr wichtige. Wer seine Hemmschwelle nicht überwinden kann, wird nie traden können. Um diese zu überwinden habe ich mir bestimmte Techniken angeeignet, die mir den Einstieg in einen Trade leichter und mit der Zeit dann zur Routine gemacht haben.

FRAGE: Welche Techniken sind das?
Von der Lahr: Ich gehe immer nur ein vorher kalkuliertes Risiko ein. Es gibt einem das Gefühl die Kontrolle nicht zu verlieren und das ist ein wichtiger Faktor, um die Sicherheit und Ruhe zu erlangen, die man braucht, um einen Trade erfolgreich abzuschließen (das heißt Gewinne laufen zu lassen und etwaige Verluste im Voraus bereits zu akzeptieren). Wenn man einen „Winner“ zu früh abwürgt, dann ist das nicht nur extrem ärgerlich, sondern meistens auch fatal, weil man größere Gewinne benötigt, um eben die auch unvermeidlichen Verluste abzudecken. Hat man aber den besten und den schlimmsten Fall schon vorher akzeptiert, kann man sich ruhig zurücklehnen und abwarten. Wenn man sich außerdem die Disziplin aneignet, nicht kopflos loszulegen, sobald sich im Chart etwas bewegt, hat man die beiden wichtigsten mentalen Faktoren, die beim Traden Stress verursachen, weitgehend im Griff. Den Rest macht dann die Erfahrung. Je länger man Kursbewegungen vor dem Bildschirm verfolgt umso gelassener reagiert man mit der Zeit darauf.

FRAGE: Lassen Sie sich mental coachen?
Von der Lahr: Nein, da nur ich selbst mich selbst zu bestimmten Leistungen motivieren kann. Humor zum Beispiel ist eine meiner tragenden Säulen. Ich verwende seit Jahren im beruflichen und privaten Bereich bestimmte NLP-Techniken, die ich mir im Laufe der Zeit antrainiert habe und mit denen ich bei mir ganz bestimmte „Knöpfe“ drücke, die jedoch nur bei mir einen bestimmtem Effekt zeigen, bei anderen aber genau das Gegenteil bewirken könnten. Zum Beispiel bewirkt der Gedanke an Wasser bei jemandem, der gerade in der Wüste am Ertrinken ist, sicherlich eine ganz andere Vorstellung, als bei jemandem, der bei einem Schiffsunglück nur knapp vor dem Ertrinken gerettet wurde. Das soll aber auf keinen Fall heißen, dass ich mental coaching per se ablehne, lediglich sein Erfolg hängt vom jeweiligen Typ ab.

FRAGE: Wie gehen Sie mit störenden Gedanken und Emotionen um (z. B. Selbstzweifel, Ängste und Zögern nach Verlusten bzw. Übermut nach Gewinnen)?
Von der Lahr: Das habe ich aus oben genannten Gründen sehr selten. Natürlich freue ich mich, wenn ich einen Gewinn mache, aber deswegen riskiere ich beim nächsten Trade auch nur maximal 20 Pips. Pleiten, Pech und Pannen verbuche ich weitestgehend als Erfahrung, auch wenn ich mich manchmal ärgere. Glücklicherweise hält das meistens nicht allzu lange an.

FRAGE: Haben Sie ein Problem damit, Ihre Position zu schließen, wenn der Markt gegen Sie läuft, und können Sie dann sogar in die entgegen gesetzte Richtung traden?
Von der Lahr: Ich schließe eine Position nie selber, ich warte, bis ich ausgestoppt werde. Es hat sich schon sehr oft gerade im letzten Moment in meine Richtung gedreht. „Stop-and-Reverse“-Trades mache ich eher selten. Ich ziehe es vor, erst einmal „Luft zu holen“ und dann wieder eine neue Order zu setzen anstatt direkt wieder hineinzuspringen.

FRAGE: Wie sieht Ihre Vorbereitung für den Tradingtag aus? Gehen Sie systematisch vor, haben Sie Routinen für den Tagesablauf oder nehmen Sie den Tag quasi wie er kommt?
Von der Lahr: Als Vorbereitung schaue ich mir meistens die Monats, Tages und Stundencharts an. Dann hole ich mir die Pivots und trage sie in meine Charts ein. Bevor ich anfange, schaue ich noch, welche Nachrichten an diesem Tag herauskommen und vor allem wann. Das erspart meistens unangenehme Überraschungen.

FRAGE: Gibt es eine mentale Vorbereitung auf den Tradingtag und wie sieht diese aus?“
Von der Lahr: Nicht wirklich. Ich treibe viel Sport, lache viel und bemühe mich, immer ausreichend Schlaf zu haben. Trotzdem gibt es Tage, an denen trotz NLP, Sport und Humor einfach alles daneben geht. Dann lasse ich es meistens ganz bleiben. Ich habe gelernt die Dinge so zu nehmen, wie sie sind.

FRAGE: Wie viele Stunden sitzen Sie täglich vor den Bildschirmen und wie viel Zeit nimmt dann das eigentliche Trading in Anspruch?
Von der Lahr: Unterschiedlich, je nachdem, wie viel Zeit ich habe. Sehr oft schaue ich mir schon morgens meine Charts an, steige ein, setze meine Stopps und lasse den Trade einfach laufen. Das hilft nebenbei vor allem dann, wenn man dazu neigt, einen Winner zu früh abzuwürgen. Ich sitze aber nie den ganzen Tag vor dem PC. Die Trades selbst dauern dann je nach Verlauf maximal eine halbe bis eine Stunde. Länger halte ich eine Position eher selten.

FRAGE: Was machen Sie, wenn der Tradingtag zu Ende ist? Welchen Ausgleich gönnen Sie sich sonst noch für all den Stress?
Von der Lahr: Ein Drink und ein nettes Gespräch mit meiner Freundin in unserer Lieblings-Bar mit Blick über den Yachthafen von Puerto Portals.

FRAGE: Haben Sie ein abgeschlossenes Büro oder traden Sie von zuhause?Von der Lahr: Ich trade von zuhause, habe aber dort einen eigenen Büroraum.

FRAGE: Können Sie unseren Lesern Fachbücher oder andere Seminare empfehlen?
Von der Lahr: Ich fand das Buch „The New Science of Technical Analysis“ von Thomas De Mark sehr interessant, zum Thema Trendlinien hat es gute Ansätze. Seminare gibt es viele und ich habe auch viele absolviert, aber empfehlen kann ich persönlich nur RSofHouston (www.rsofhouston.com). Klar und leicht verständlich zeigen Ron Schoemmel und Valdi Thorkelson, wie man auch auf einfache Weise gute Gewinne machen kann. Die monatlichen Broadcasts sind für mich die beste Anleitung gewesen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Seminaren traden die beiden „Live“, was man zuhause am eigenen PC verfolgen kann. Der mentale Sprung vom Seminar zum Echtzeit-Traden mit eigenem Geld wird damit in einer nachvollziehbaren Weise abgemildert. Man gewinnt eine ungeheure Sicherheit, wenn man nicht alleine gelassen wird, die, auch wenn man dann alleine tradet, nicht mehr verloren geht.

FRAGE: Gibt es einen Rat, den Sie unseren Lesern geben können, damit diese erfolgreicher traden können?
Von der Lahr: Ich weiß nicht, wie erfolgreich andere traden. Für mich ist jeder Erfolg lernbar. Beim traden gilt nichts anderes. Wer mit Ausdauer, Geduld und Disziplin arbeitet, ein konsequentes Money-Management betreibt, vernünftig seine Stopps setzt und sich vor allem von den unvermeidlichen Verlusten nicht aus der Fassung bringen lässt wird auf jeden Fall Erfolg haben. Wie viel, das hängt von jedem selbst ab.

B1) FDAX – 15-Minuten-Chart
Hier finden Sie die trendkonforme Handelsstrategie von Ute von der Lahr im 15min-FDAX-Chart nachgebildet. Bei einem Kauf müssen die gleitenden Durchschnitte ansteigend sein und die Kurse dann auf das Niveau der gleitenden Durchschnite zurückfallen. Halten die Kurse, setzt Frau von der Lahr die von ihr beschriebene Reversal-Bar-Methode ein. Stopp Losse werden unterhalb des Tiefs gesetzt, Gewinne werden mit Trailing-Stopps abgesichert.

B2) Euro – 5-Minuten-Chart
Die „1-2-3-Countertrend“-Handelsstrategie von Ute von der Lahr im 5-Min-Chart des Euros. Nach dem Auftreten des 1-2-3-Counts gleicht das Regelwerk für Long- und Short-Positionen der Vorgehensweise in der trendkonformen Strategie.

Quelle: Traders-Magazin

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