Kommentar
10:03 Uhr, 07.07.2014

Innovativen Ideen auf die Sprünge helfen

In den USA ist Crowdfunding eine beliebte Methode, um bestimmte Projekte oder auch Unternehmen zu unterstützen. Auch in Deutschland wird diese Art der Venture-Capital-Finanzierung immer beliebter.

Der Begriff Crowd Funding, im Deutschen auch Schwarmfinanzierung genannt, ist noch relativ neu und kommt aus den USA. Als Reaktion auf die Entwicklung des Raubkopierens mit erheblichen finanziellen Einbußen für die Musikindustrie startete der Musiker und Produzent Brian Camelio 2003 die Internet-Plattform ArtistShare, mit dem Spenden von Usern eingetrieben werden sollten zur Veröffentlichung eines Musikalbums. Andere Webseiten wie „SellaBand“ folgten. So konnte zum Beispiel die Band Nemesea mit 528 Unterstützern ihr Album „In Control“ aufnehmen. Mittlerweile gibt es zahlreiche andere Crowdfunding Plattformen, mit denen Projekte sehr unterschiedlichster Art finanziert werden, sei es im Bereich Film & Medien, Umwelt, Kultur, Soziales oder Wissenschaft als auch im Bereich Venture Capital zur Umsetzung innovativer Unternehmensideen. Allein die größte Crowdfunding-Plattform aus den USA, Kickstarter.com, half bei der Umsetzung von mehr als 56.000 Ideen mit einem Volumen von mehr als einer Milliarde US-Dollar. In Deutschland steckt Crowd-Funding noch in den Kinderschuhen. Es gibt jedoch mittlerweile einige Plattformen wie seedmatch.de, companisto, innovestment, econeers, Sciencestarter, startnext oder die Bergfürst-Plattform mit jeweils unterschiedlichen Ausrichtungen. Und die Investitionen stiegen von bescheidenen 0,9 Mio. EUR im Jahr 2011 auf geschätzte 20 Mio. Euro im Jahr 2013.

Die Idee ist nicht neu

Ganz neu ist eine solche Idee nicht, für bestimmte Projekte in Eigenregie Spenden zu sammeln. Bereits 1885 rief Joseph Pullitzer in seiner Zeitung „The World“, die Bevölkerung auf, die Hälfte des Sockels für die New Yorker Freiheitstatue mitzufinanzieren. Auch das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig wurde bereits neben Lotterieeinnahmen zu einem wesentlichen Anteil aus Spenden der Bevölkerung errichtet. Der Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche wurde zu einem Großteil aus weltweiten Spenden finanziert. Rund 115 Mio. der insgesamt 180 Mio. Euro Gesamtkosten entfallen auf eingenommenen Spenden. Auch für den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses hat es sich der Förderverein zum Ziel gesetzt, 80 Millionen Euro einzutreiben. Damit sollen die Mehrausgaben der historischen Rekonstruktion gegenüber einem Neubau ausgeglichen werden. Bereits jetzt schon sind mehr als 35 Mio. Euro eingeworben, obwohl die Bauarbeiten erst angefangen haben. Im Gegenzug erhalten die Spender eine Urkunde, bei dem exakt aufgezeichnet wird, welcher Stein oder welches Ornament mittels der Spende mitfinanziert wird. Dies kann man dann später einmal stolz seinen Kindern oder Enkeln präsentieren. Schon bei der Dresdner Frauenkirche erhielten Spender Stifterbriefe.

Crowdfunding mit eher symbolischer Entlohnung

In Deutschland unterscheidet man, anders als in den USA, zwischen Crowd-Funding und Crowd Investing. Als reines Crowdfunding werden gemeinsame Investitionen in bestimmte Projekte wie zum Beispiel die vorgenannten genannt. Eines der bekanntesten deutschen Projekte außerhalb solcher Großprojekte ist die Finanzierung des Stromberg-Filmes. Innerhalb einer Woche wurde für die Realisation des Filmes eine Million Euro eingesammelt. Angesichts des Zeitungssterbens finanzieren sich auch immer mehr Medienprojekte über Crowdfunding. Jüngstes Beispiel ist die Plattform Krautreporter. Mit rund 900.000 eingesammelten Euro kann das Medienprojekt der 30 Autoren für ein Jahr finanziert werden. Neben Gotteslohn erwarten den Spender bei solchen Projekten eher symbolische Anerkennungen wie die namentliche Nennung oder die Nutzung des jeweiligen Projektes.

Crowdinvesting als unkomplizierte Venture-Capital-Finanzierung

Crowdinvesting ist hingegen eine Möglichkeit für Investoren, schon mit kleinen Anlagesummen in Start-ups oder Unternehmen, die noch relativ jung am Markt sind, zu investieren. Wichtig ist die pfiffige Unternehmensidee, die per Video präsentiert wird. Junge Unternehmen werden dadurch schnell und ohne große bürokratische Hemmschwellen in die Lage versetzt, innovative Ideen umzusetzen. Sonst notwendige Wertpapierprospekte, wie sie sonst bei Anlagesummen über 100.000 Euro erforderlich sind, entfallen. Das macht Investments dieser Art natürlich auch riskanter. Die Anleger erhalten für ihr Investment Nachranganleihen mit einer festen Laufzeit und einem bestimmten Zinssatz. Da es sich bei solchen Nachranganleihen um hochriskante Finanzinstrumente handelt, da sie im Fall einer Insolvenz des jungen Unternehmens nachrangig bedient werden, sind sie in der Regel mit einer Exit-Klausel ausgestattet. Steigt ein großer externer Investor ein, erhält der Anleger sein Geld vorzeitig zurück inklusiv einer lukrativen Bonus-Zinszahlung.

Nur für sehr risikoaffine Anleger mit Mut

Jede dritte Unternehmensgründung scheitert allerdings in den ersten drei Jahren. Und auch bei seedmatch.de mussten bereits schon drei der geförderten Unternehmen Insolvenz anmelden. Anleger, die in solche Unternehmen investieren, müssen also wissen, dass vermeintlich hohen Gewinnen hohe Verlustrisiken gegenüberstehen. Man sollte daher, wenn überhaupt, nur kleine Anteile seines Vermögens sozusagen als Spielgeldanteil seines breit diversifizierten Depots in solche Projekte stecken, die einem ganz besonders am Herzen liegen. Eine Streuung über verschiedene Projekte reduziert zusätzlich das Risiko. So warnte beispielsweise die britische Finanzaufsicht FSA davor, sich blauäugig an Projekten zu beteiligen. „Viele Möglichkeiten zum Crowdfunding sind hochriskant, sehr komplex, bieten keine garantierte Rendite, nur selten Dividenden, und wenn überhaupt, dauert es sehr lange, bis Investoren einen Erfolg sehen", warnt die FSA. Im schlimmsten Falle entpuppt sich die Anlage dann im Nachhinein doch als Spende ähnlich wie beim herkömmlichen Crowdfunding.

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Über den Experten

Markus Jordan
Markus Jordan
Finanzmarktanalyst

Markus Jordan ist seit knapp 20 Jahren im Wertpapierbereich aktiv. Er ist ein ausgewiesener Experte für Exchange Traded Funds (ETFs) und darauf basierende Anlagestrategien. Seit 2008 veröffentlicht er Deutschlands zudem das führende Magazin im Bereich Exchange Traded Funds (ETFs) – das EXtra-Magazin. Auf dem Internetportal www.extra-funds.de veröffentlicht er regelmäßig Fachbeiträge und News zum Thema passive Anlagestrategien. In zahlreichen Vorträgen und Webinare hat er in den vergangenen Jahren tausende Anleger von den Vorteilen passiver Anlageinstrumente überzeugt. Er steht für passive Anlagestrategien, Portfoliostrukturierungen mit ETFs und bietet Wissen und Strategien für einen langfristigen Kapitalaufbau und ist damit eine perfekte Ergänzung zu den aktiven Handelsstrategien vieler anderer Experten auf Guidants.

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