Kommentar
18:02 Uhr, 21.01.2013

Inflation: Die Bundesbank bekommt Angst

Die wirklich interessanten Entwicklungen passieren oft völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit. Wer liest schon den Monatsbericht der Bundesbank, wenn er sich nicht aus beruflichen Gründen mit Währungsfragen beschäftigt? Die Bundesbank geht jedenfalls in ihrem aktuellen Monatsbericht einer interessanten Frage nach, nämlich ob die 1- und 2-Cent-Münzen wirklich nützlich sind oder ob man auch auf sie verzichten könnte. In Finnland und den Niederlanden gibt es die genannten Münzen schon nicht mehr. Um mehr Effizienz im baren Zahlungsverkehr zu erreichen, haben diese Länder eine Rundungsregel eingeführt, wonach Cent-Endbeträge an Kassen kaufmännisch auf 5 Cent auf- oder abgerundet werden. So erklärt das die Bundesbank. Man zahlt also zum Beispiel 95 Cent oder einen Euro, aber nicht 99 Cent.

"Die Bevölkerung in Deutschland hat offenbar eine positive Einstellung zu den Kleinmünzen und lehnt eine Rundungsregel wie in den genannten Ländern eher ab", schreibt die Bundesbank im Monatsbericht. "Befürchtet wird ein inflatorischer Effekt. Nach den vorliegenden Zwischenergebnissen einer von der Bundesbank in Auftrag gegebenen, noch nicht veröffentlichten Studie, scheint der inflatorische Effekt durch Einführung einer Rundungsregel sehr gering zu sein." Da die Beträge bei Anwendung einer Rundungsregel manchmal auf- und manchmal abgerundet werden, gleichen sich die Auf- und Abrundungseffekte laut Bundesbank weitgehend aus. Selbst wenn alle Kassenbons um 5 Cent aufgerundet würden, läge der Einmaleffekt der Teuerung laut Bundesbank bei nur rund 0,1%.

Inflation macht Cent-Beträge überflüssig

Stellt sich nur die Frage, warum sich die Bundesbank überhaupt mit der Möglichkeit der Abschaffung von 1- und 2-Cent-Münzen beschäftigt. Klar ist, dass bei einer hohen Inflation (oder auch bei einer "normalen" Inflation nach einigen Jahrzehnten) irgendwann die kleinen Cent-Münzen ohnehin ihre Berechtigung verlieren, weil die von ihnen verbürgten Beträge so gering sind, dass sie gar nicht mehr ins Gewicht fallen. Aber schon lange vorher könnten die Rohstoffpreise wegen der ständigen Geldmengenvermehrung so stark angestiegen sein, dass die Münzen in ihrer Herstellung teurer sind als es ihrem Nennwert entspricht. Das ist bei den Kleinmünzen mehr oder weniger schon jetzt der Fall. "Die Kosten der Herstellung von Kleinmünzen liegen nahe bei oder sogar über ihrem Nominalwert. Mit weiter steigenden Rohstoffpreisen könnten Münzen in ihrer Herstellung unwirtschaftlich und darüber hinaus zweckentfremdet eingesetzt werden", warnt die Bundesbank. Das dürfte der Hauptgrund sein, warum die Notenbanker schon mal eine Studie in Auftrag geben, in der über die Abschaffung der Münzen mit kleinem Nennwert nachgedacht wird.

Übrigens hat die Bundesbank die Versorgung der Realwirtschaft mit Bargeldmünzen schon mit Beginn des Jahres 2011 deutlich eingeschränkt. Bis dahin konnte man bei der Bundesbank Wechselgeld in beliebiger Menge beziehen. Aber das war der Notenbank viel zu teuer. Jetzt gibt es nur noch sogenannte Normcontainer, die gleich einen Betrag von 314.000 Euro in Münzen enthalten. Der Container wiegt mehrere Tonnen und ist damit für die Mehrzahl der Wirtschaftstreibenden völlig unpraktisch. Auch das Filialnetz der Bundesbank wurde in den vergangenen Jahren deutlich ausgedünnt, weil es zu teuer war. 1991 hatte die Bundesbank noch 210 Standorte und war in jeder größeren Stadt vertreten, jetzt gibt es nur noch 40 Filialen und in einigen Jahren sollen es nur noch 31 sein. Die profane Aufgabe der Versorgung von Kleinunternehmen mit Münzen übernehmen jetzt vor allem private Dienstleister.

Oliver Baron

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Über den Experten

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Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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