Kommentar
20:44 Uhr, 28.01.2021

Inflation bald bei 4%: Wie reagiert die Fed?

Es braucht schon ein Wunder, damit die Inflation in den USA im Frühjahr nicht über 3% steigt. So hohe Inflation gab es lange nicht. Wie wird die Fed reagieren?

Erst im vergangenen Jahr hat die US-Notenbank ihre Geldpolitik grundlegend verändert. Für viele Jahre galt ein Inflationsziel von 2 %. Dieses Ziel wurde größtenteils verfehlt. Daher wurde das Inflationsziel angepasst. Es sollen nun durchschnittlich 2 % Inflation sein. Damit ist die Flexibilität höher. Übersteigt die Inflation 2 %, muss die Notenbank deswegen nicht gleich handeln und die geldpolitischen Zügel anziehen. Sie kann höhere Inflation tolerieren und aufholen, was in den Jahren mit niedrigerer Inflation verloren wurde. Ein Überschießen von 2 % kann helfen die chronisch tiefen Inflationserwartungen zu beleben. Die neue Inflationspolitik ist natürlich Makulatur, wenn die Inflation nie über 2 % steigt. Die Politik kommt ja nur zum Einsatz, wenn 2 % überschritten werden. Dass es so bald nach Einführung der neuen Politik soweit sein würde, war nicht absehbar. Genau dazu wird es in diesem Jahr allerdings kommen.

Selbst wenn die Preise ab jetzt bis Mai nicht mehr steigen würden, läge die Inflationsrate im Mai bei knapp 2,5 %. Das liegt einfach daran, dass die Preise vor einem Jahr durch die Pandemie fielen. Dieser Basiseffekt ist mit 2,5 % stark ausgeprägt. Mit dem zu erwartenden Preisauftrieb wird die Inflationsrate vermutlich zwischen 3,5 % und 4 % im Frühjahr ein Hoch erreichen (Grafik 1).


Die Notenbank wird darauf zunächst nicht reagieren. Das wurde am Mittwoch beim Zinsentscheid deutlich gesagt. Sie blickt darüber hinaus auch lieber auf die Kerninflation, die träger ist und vermutlich näher bei 2 % liegen dürfte. Stattdessen stellt sich eine mittelfristige Frage. Die Teuerung wird überschießen. Wie lange wird dieser Zustand anhalten und wann wird die Notenbank doch gegensteuern?

Die Inflation liegt langfristig bei mehr als 2 %. Grafik 2 zeigt den Verbraucherpreisindex und den gleichen Index, allerdings mit konstant 2 % Inflation pro Jahr. Es ist offensichtlich, dass 2 % über die Jahre häufig überschritten wurden.


So lang ist der Zeitraum aber nicht, den die Fed betrachtet. Andernfalls hätte sie gar nicht reagieren und ihre Politik ändern müssen. Grafik 3 zeigt unterschiedliche Startpunkte (1947, 1970, 1990, 2000, 2010) und wie sich von diesen Starpunkten ein Verbraucherpreisindex bei 2 % Inflation entwickelt hätte.

Der tatsächliche Index liegt oberhalb dieser Derivate. Lediglich der Index, der 2010 startete, liegt höher. 2 % wurden also nur in den letzten 10 Jahren verfehlt. Ein Überschießen soll garantieren, dass der tatsächliche Index dem Idealindex wieder näher kommt.

Das dürfte früher der Fall sein als viele glauben. Nach einem wirtschaftlichen Schock wie 2008/09 steigt die Inflation tendenziell überproportional. Zudem gab es dieses Mal beispiellose Staatsausgaben und Konjunkturprogramme. Die Inflationslücke, die sich über 10 Jahre aufgebaut hat, kann bis 2023 bereits wieder geschlossen werden (Grafik 4). Die Notenbank wird darauf vor 2023 reagieren müssen. Die ultralockere Geldpolitik ist noch nicht am Ende. Das Ende ist aber näher als viele wahrhaben wollen.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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