Kommentar
10:00 Uhr, 04.09.2020

Industrieaktien: Die große Chance?

Die Rally seit den Märztiefs hat nicht alle Aktien und Sektoren gleichermaßen mitgenommen. Wer nach Chancen sucht, findet sie etwa im Industriesektor.

Man braucht schon Abenteuerlust, um die Aktien von Apple zu kaufen. Apple ist ein großartiges Unternehmen mit einem robusten Geschäftsmodell. Es ist eine Geldmaschine, die jedes Jahr 55-60 Mrd. Gewinn ausspuckt. Das ist Anlegern aktuell mehr als 2,1 Billionen Dollar wert. Diese horrende Marktkapitalisierung macht die Aktie zu etwas für abenteuerlustige Anleger. Egal wie man es dreht und wendet, die Bewertung ist hoch. Das ist nicht nur bei Apple der Fall. Es gibt aber zum Glück auch noch Aktien und Sektoren, die nicht überbewertet erscheinen. Der Industriesektor gehört dazu. Obwohl die Industrieproduktion wieder anspringt, halten sich Anleger zurück. So ist inzwischen eine erhebliche Divergenz aus Lage und Aktienkursen entstanden. Ein guter Indikator für Industrieaktien ist der Einkaufsmanagerindex. Der Index und die Performance von Industrieaktien sind stark korreliert. Aktuell hinkt die Performance der Aktien der Einschätzung der Einkaufsmanager substantiell hinterher. Vertraut man den Einkaufsmanagern, die es ja eigentlich wissen müssen wie es der Industrie geht, haben die Aktien Aufholpotenzial...


Bevor man nun aber sein Depot radikal umschichtet, lohnt ein Schritt zurück. Divergenzen schließen sich früher oder später immer. Im Vorfeld weiß man aber nie auf welche Art und Weise das geschieht. Industrieaktien könnten in Zukunft stark zulegen. Genauso ist es möglich, dass sich die Stimmung unter Einkaufsmanagern wieder eintrübt.

Es lohnt sich einen zweiten Indikator zu bemühen, um etwas Licht ins Dunkel zu bringen. Der Rohstoffmarkt reagiert sehr sensibel auf Veränderungen im Wachstum und Konjunkturausblick. Das Industriemetall schlechthin ist Kupfer. Kupfer allein sagt aber noch nicht viel aus. Stattdessen ist relevant wie sich Kupfer im Verhältnis zu anderen Metallen verhält.

In Boomzeiten steigt der Kupferpreis. Im Gegensatz dazu zeigen sich Edelmetalle schwach. Steigt das Verhältnis, steigt auch die Industrieproduktion bzw. sinkt das Verhältnis, sinkt auch die Produktion (Grafik 2). Aktuell fällt das Verhältnis immer noch.


Die Industrieproduktion legte in den letzten Monaten zu. Gegenüber dem Vorjahr ist sie aber immer noch im negativen Bereich. Der Ausblick, also dass die Produktion wieder effektiv gegenüber dem Vorjahr steigt, ist getrübt. Der Rohstoffmarkt, der den Konjunkturzyklus am besten abbildet, bleibt skeptisch.

Das ist nicht nur für Industrieaktien ein verheerendes Urteil. Es ist ein ziemlich ernüchternder Ausblick für die ganze Wirtschaft und Erholung. Geht es nach dem Rohstoffmarkt ist die Krise noch lange nicht vorüber. Weder Industrieaktien noch andere Wertpapiere sollten in den Himmel wachsen.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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