Kommentar
08:58 Uhr, 16.03.2017

Indexfonds (ETFs) sind besser als aktive Fonds und dennoch...

schaffen es Privatanleger kaum die Renditen von ETFs in den eigenen Portfolios abzubilden. Der Grund ist, dass ETFs zwar super smarte Finanzprodukte sind, aber leider nicht vor schlechtem Anlageverhalten schützen.

In gewisser Weise verhalten sich ETFs wie ganz normale Aktien, nur eben im Fondsmantel. ETFs sind sehr liquide und spiegeln die manchmal recht chaotisch wirkende, kurzfristige Börsenentwicklung eins zu eins wider. Man kann ETFs an der Börse in hohen Stückzahlen handeln, es gibt minutengenaue Kurse und die einfache Handelbarkeit ermuntert viele Investoren ihre ETF-Portfolios sehr aktiv zu verwalten, genau wie sie es mit ihren Aktien tun würden.

John Bogle, Erfinder des ersten Vanguard S&P 500 Indexfonds, warnt daher immer wieder vor den Verlockungen des aktiven ETF-Tradings, insbesondere vor Hebel- und Short-ETFs, also Indexfonds die mit Derivaten arbeiten oder von fallenden Marktindizes profitieren.

Bogle sagt, ETFs seien hervorragende Produkte, solange Anleger nicht auf ihre Verkaufsargumente hereinfallen. Es sei sehr intelligent ETFs auf klassische Indizes wie den S&P 500, internationale Märkte, Aktien und Bonds, aber auch Emerging Markets zu besitzen, aber nur solange man diese nicht tradet.

Genau diese Möglichkeit bieten jedoch ETFs heutzutage und hätten damit die „Verlockung schlecht zu sein“, so Bogle.

Dazu kommt, dass die Produktpalette von ETFs mittlerweile sehr groß geworden ist. So gibt es auf fast alle Nischenmärkte, Regionen und Marktfaktoren (z.B. Volatilität, Value, Quality, ...) eigene ETFs.

Für Privatanleger, die ganz in Ruhe ihr Vermögen für sich arbeiten lassen wollen, sind diese Spezialisierungen und Trend-Produkte kontraproduktiv.

Auch dazu hat John Bogle ein klares Statement.

Von den derzeit 1.500 am Markt verfügbaren ETFs seien nur ungefähr 40 breit aufgestellte Indexfonds wie der von Bogle gegründete S&P 500 Index-ETF wirklich sinnvoll.

Der Rest des ETF-Marktes seien nur „Fruits and Nutcakes“, so der 87 jährige Vanguard-Gründer.

Doch warum haben Anleger eigentlich ständig das Gefühl handeln zu müssen?

Nehmen wir an, Sie hätten vor einigen Jahren eine Immobilie in guter Lage gekauft. Einige unter Ihnen haben das bestimmt getan. Die Preise sind erfreulicherweise gestiegen und Sie beobachten den Markt mit Argwohn. Die Zinsen sind so niedrig wie nie und die Preise soweit oben, viel weiter kann der Immobilienmarkt nur im Fall einer finalen „Den-letzten-beißen-die-Hunde“-Rally steigen.

Was werden Sie tun?

Ihre Immobilie verkaufen in der Erwartung, diese in ein paar Jahren zu günstigeren Preisen zurückzukaufen?

Wohl kaum.

Die „Wenns“ und „Danns“ sind viel zu unsicher.

Was ist, wenn die Preise stabil bleiben.

Was ist, wenn die Immobilie später nicht mehr am Markt verfügbar ist.

Zudem kommen hohe Gebühren (Makler, Notar, usw.) hinzu, die eine Spekulation unrentabel erscheinen lassen. Außerdem haben Sie die Immobilie aus einer langfristigen Perspektive heraus gekauft. Vielleicht ist es eine Wertanlage, vielleicht Ihr Alterswohnsitz, vielleicht ein Ferienhaus.

Sie würden nicht auf die Idee kommen mit Ihrer Immobilie zu spekulieren, selbst wenn Sie genau spüren, dass der Markt „oben“ ist.

Bei unserem Aktienportfolio hingegen haben wir ständig das Gefühl aktiv zu werden.

Manchmal sind die uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten eine Verlockung falsche Entscheidungen zu treffen.

Ein gutes Beispiel dafür sind Indexfonds. ETFs sind hervorragend für passives Investieren geeignet, die Anbieter selber werben aber mit der schnellen Handelbarkeit und hohen Liquidität an der Börse. Ein irrsinniger Widerspruch.

Wenn ich nämlich mein Aktienportfolio verkaufe, muss ich in der Zukunft weitere Entscheidungen treffen, zum Beispiel wann ich wieder einsteige, wann ich dann wieder verkaufe, usw.

„Market-Timing“ ist für langfristige Anleger eine extrem gefährliche Folge von Kauf- und Verkaufentscheidungen. Die Wahrscheinlichkeit Fehler zu machen steigt mit jeder Transaktion.

Überhaupt ist die Illusion, dass man den Markt schlagen kann einer der größten Verkaufsschlager der Finanzindustrie.

Wenn selbst Wall Street Legenden wie Paul Tudor Jones sagen, dass man den Markt nicht kontinuierlich überbieten kann, warum sollten wir es dann können?

„The idea that you can’t beat the markets is a frightening prospect.“ - Paul Tudor Jones

Fazit

Indexfonds sind ideale Finanzprodukte, um den Gedanken des passiven Investierens umzusetzen. Das Kaufen eines ETFs, das hat die vorliegende Analyse gezeigt, macht jedoch nicht automatisch einen guten Anleger aus, vor allem nicht dann, wenn dieser zu aktivem Trading mit ETFs neigt. Nur eine langfristige Strategie ermöglicht es Privatanlegern eine zufriedenstellende Rendite zu erzielen und dazu reichen klassische ETFs auf Standardindizes wie den S&P 500, DAX oder MSCI World völlig aus.

Viele Grüße
Jakob Penndorf

Wenn Ihnen dieser Beitrag gefällt, dann klicken Sie bitte jetzt auf Jakob Penndorf folgen, um keine Artikel oder Videos zu verpassen.

4 Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • Nick11
    Nick11

    Mit einer Aktie halte ich Unternehmensanteile mit einem ETF nur ein Stück Papier und damit keine Sicherheit. Was ist Ihre Meinung dazu?

    16:10 Uhr, 17.03.2017
    1 Antwort anzeigen
  • Master Robin
    Master Robin

    Herr Penndorf, eins vorweg: ich schätze Ihre Artikel mit am meisten hier auf GT. Ein Gedanke/bzw. eine Frage: Spricht aus Ihrer Sicht etwas dagegen, sich einen persönlichen (Value-) "Index" aus, sagen wir, 20-25 Positionen zuzulegen und in diesen über Jahre zu investieren? Kriterien, wer aus dem ´Index´ wann rausfliegt und wer reinkommt, sollte man natürlich nicht an allgemeinen Marktgegebenheiten festmachen, sondern an unternehmensspezifischen Kennzahlen. Ebenso in welche Bestandteile des Index wann investiert wird (z.B. nie unter 2k EUR wg Transaktionskosten, keine Konzentrationen >15% des Portfolios in einer Position etc.). Damit wäre eine große Kritik an allgemeinen ETFs adressiert: Man investiert nicht in Unternehmen, die man für Lemons´ hält (z.B. möchte ich jetzt nicht eine DB/Commerzbank-Aktie kaufen...). Die eigentliche Schwierigkeit dürfte natürlich analog der ETF-Anlage darin liegen, die Strategie lange konsequent umzusetzen...

    15:36 Uhr, 16.03.2017
    1 Antwort anzeigen