Kommentar
17:12 Uhr, 04.12.2017

Immer auf die Schwachen!

„Immer auf die Schwachen“ kommt nicht von ungefähr. Es steckt viel Wahrheit darin. Das gilt insbesondere für die Steuern.

In den USA ist das Problem schon lange bekannt. Wer viel hat, zahlt relativ gesehen weniger Steuern. Die USA sind in diesem Aspekt „Vorreiter“. Daran ändert auch die jetzt vorgeschlagene Steuersenkung wenig. Dafür werden Unternehmen weniger besteuert. Hier sind die USA langsamer gewesen als der Rest der Welt.

Insgesamt soll die Steuersenkung 1,5 Billion Dollar kosten. Das wird die Staatverschuldung weiter steigen lassen. Schon jetzt beträgt das Haushaltsdefizit über 3 % der Wirtschaftsleistung. Wegen Sozialausgaben, die sich nicht so einfach kürzen lassen, wird das Defizit im kommenden Jahrzehnt vermutlich auf 5 % steigen – in Hochkonjunkturzeiten wohlgemerkt.

Der Zusammenhang zwischen Steuern und Verschuldung ist allerdings etwas fragwürdig. Vergleicht man die Steuereinnahmen von Deutschland und denen der USA, so zeigen beide das gleiche: die Einnahmen sind relativ konstant. Die Verschuldung ist es hingegen nicht. In Deutschland sinkt sie, in den USA steigt sie.

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Höhere Steuern allein sind kein Garant für solide Staatsfinanzen. Ebenso müssen Steuersenkungen nicht notwendigerweise die Verschuldung in die Höhe schnellen lassen. Es kommt ganz darauf an, ob es eine Gegenfinanzierung gibt. Oftmals wird vorgerechnet, dass sich die Steuersenkungen selbst finanzieren. Schön wäre es. Funktioniert hat dieses Wunderwerk noch nie.

Früher oder später müssen höhere Schulden aber finanziert werden. Das wird vor allem über die Einkommenssteuer geschehen. Global sinken die Steuersätze für Unternehmen. Für Arbeitnehmer steigen sie.

Schon 2015 sagte Apples Tim Cook, man solle Personen und nicht Unternehmen besteuern. Diese Weisheit hat sich Trumps Regierung wohl zu eigen gemacht. Sie senken Unternehmenssteuern und entlasten Arbeitnehmer nur geringfügig. In einem Jahrzehnt steigt die Steuerlast dann sogar gegenüber dem heutigen Modell.

Arbeitnehmer können sich kaum wehren. Unternehmen können ihre Standorte verlegen. Arbeitnehmer können das nicht so einfach. Es ist zwar für Bürojobs weniger ausschlaggebend, wo sie sind, doch viele Tätigkeiten müssen vor Ort ausgeführt werden. Wer ein Haus in den USA bauen will, braucht einen Bauarbeiter in den USA, nicht in China.

Aus Mangel an Alternativen werden Personen immer höher besteuert. Das ist aber auch kein optimales Zukunftsmodell. Wer immer weniger Nettoeinkommen hat, konsumiert auch weniger. Das wiederum senkt langfristig auch die Unternehmensgewinne. Unterm Strich gewinnt niemand.

Egal, wen man besteuert, die Zeche muss gezahlt werden. Da Arbeitnehmer weniger mobil sind, sind es eben diese, die zahlen müssen. Rein theoretisch würden sie bei niedrigeren Unternehmenssteuern auch von niedrigeren Preisen profitieren, doch diese Idee ist wirklich theoretisch. Man sieht ja, wie die Steuersenkung an der Wall Street interpretiert wird: die Gewinne der Unternehmen steigen.

Das langfristig einzig nachhaltige Modell ist ein möglichst effizienter Staat, der real mit weniger auskommt. Steuern zu verschieben macht aus ökonomischer Perspektive wenig Sinn. Das einzige, was es bewirkt, ist eine immer größere Schere zwischen Arm und Reich.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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