Kommentar
14:14 Uhr, 19.07.2018

Ich mag Netflix immer noch nicht

So manche Netflix-Produktion hat es auch mir angetan. Im Gegensatz zu vielen etablierten Playern produziert Netflix überraschend viel von hoher Qualität. Netflix nutzen ist das eine. Die Aktie kaufen das andere.

Erwähnte Instrumente

Für kurzfristig orientierte Anleger hat es am Dienstag wohl die beste Gelegenheit seit langem gegeben, die Netflix-Aktie zu kaufen. Nachdem die Quartalszahlen enttäuschten, wurde verkauft - und dann wieder gleich gekauft. Vom Tief stieg der Kurs fast 10 % an. Wer bei Eröffnung kaufte, konnte einen hübschen Tagesgewinn einfahren.

Kurzfristig ist Netflix immer interessant. An Volatilität mangelt es nicht. Langfristig kann man sich auch nicht beschweren, wie der Chart zeigt. Die Aktie kennt praktisch nur eine Richtung. Seit Börsengang konnte man über 30.000 % einfahren. Die wenigsten waren von Anfang an mit dabei und sind es immer noch. Viele können dem Kurs nur hinterherschauen.

Netflix-Aktie (Monatschart)
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Persönlich hätte ich natürlich auch gerne einen Wert im Depot, der von einem halben Dollar auf 400 Dollar steigt. Vermutlich werde ich einen solchen Coup nie landen. Dafür bin ich zu skeptisch. Als Konsument finde ich Netflix toll. Als Anleger habe ich meine Zweifel. Wie der Kursverlauf zeigt, bin ich da eher in der Minderheit.

Das täuscht jedoch nicht darüber hinweg, dass Netflix Gewinne ausweist und trotzdem Cash verbrennt. Obwohl Netflix in diesem Jahr bisher "nur" 750 Mio. USD mehr ausgegeben als eingenommen hat, hält das Management an der Prognose fest, dass in diesem Jahr zwischen 3 und 4 Mrd. USD mehr ausgegeben als eingenommen werden.

Dass Netflix trotzdem einen Gewinn ausweist, liegt an den Accounting-Regeln. Netflix schafft mit den Investitionen in Inhalte natürlich Wert. Dieser Wert sollte viel Jahre Bestand haben. Man kann also durchaus argumentieren, dass es fair ist, wenn Netflix wegen dieser Investitionen keine horrenden Verluste ausweisen muss.

An der Werthaltigkeit habe ich aber so meine Zweifel. Wie viel Cash bringt etwas, das wirklich einmal produziert wurde, langfristig wirklich? Im traditionellen Fernsehen werden alte Serien am laufenden Band gezeigt und dabei Werbeeinnahmen generiert. Netflix hat das nicht. Produzierte Inhalte schaffen nur Wert (Einnahmen), wenn sich jemand neu bei Netflix registriert und die monatliche Gebühr zahlt. Machen das die Leute wegen einer 10 Jahre alten Serie, die einmal in war? Wohl kaum.

Der Wert der Inhalte ist für mich daher deutlich geringer als bei traditionellen Fernsehsendern. Meiner Meinung nach muss Netflix für immer und ewig horrende Summen ausgeben, um neue Nutzer zu gewinnen und die bestehenden bei der Stange zu halten. Ich zweifle also daran, dass das Geschäftsmodell wirklich so profitabel ist, wie derzeit alle glauben.

Nicht zuletzt muss es Netflix mit immer mehr Konkurrenz aufnehmen. Dies tut es unter anderem, indem es Serien für einzelne Märkte produziert, z.B. Deutschland oder Indien. Dies muss Netflix nicht nur für ein paar Märkte machen, sondern Dutzende. Für Streaming-Dienste, die sich ausschließlich auf den Geschmack eines Marktes konzentrieren können, sind ein paar lokale Serien auf Netflix keine Konkurrenz.

Netflix hat natürlich ein insgesamt sehr breites Angebot. Wie lange das so bleiben wird, muss man abwarten. Unternehmen wie Disney haben die Kooperation beendet. Das mag mittelfristig in der Wachstumsphase kein Problem sein. Langfristig gräbt es Potenzial ab.

Zusammengefasst lässt sich meine Einschätzung so beschreiben: Netflix wird praktisch für immer extrem viel in neue Inhalte investieren müssen und generiert dabei viel weniger Wert als traditionelle Fernsehsender. Die Profitabilität wird langfristig entsprechend moderat sein. Dafür ist ein Börsenwert von mehr als 150 Mrd. USD schon deftig.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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