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16:09 Uhr, 07.07.2020

Hongkong: Pekings heißer Atem ist schon spürbar

Aus Angst vor dem neuen Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit in Hongkong gehen große Internetkonzerne auf Abstand oder ziehen sich gleich ganz aus Chinas Sonderverwaltungsregion zurück. Doch was ist mit den Bürgern? Pekings lange Hand ist jetzt schon spürbar.

Hongkong (Godmode-Trader.de) - Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam hat im Umgang mit dem umstrittenen chinesischen Sicherheitsgesetz eine harte Hand angekündigt. Die Führung der Sonderverwaltungszone werde die Vorschriften „rigoros umsetzen", sagte Lam vor Journalisten. Sie warnte „Radikale“ vor „sehr ernsten Konsequenzen", sollten sie gegen die Regeln verstoßen.

Am Montag wurden weitere Durchführungsdetails der neuen Gesetzeslage veröffentlicht. So haben Sicherheitskräfte die übergeordnete Autorität, um Immobilien zu durchsuchen und können die Bewohner daran hindern, die Stadt zu verlassen. Die Regierung in Hongkong erklärte zudem den Protestslogan der Bevölkerung „Befreit Hongkong! Das ist die Revolution unserer Zeit“ für rechtswidrig. Aus öffentlichen Bibliotheken wurden Bücher entfernt, die Pro-Demokratie-Aktivisten verfasst haben. In einer Erklärung gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters sagte ein Polizeivertreter, das Ziel der Polizeiaktion sei, „die Menschen einzuschüchtern, damit sie andere nicht zu subversiven Aktivitäten und separatistischen Bestrebungen ermuntern.“

Regierungschefin Carrie Lam versuchte aber auch, zu beschwichtigen. Das neue Gesetz sei „nachsichtig und nicht streng". Lam erklärte, sie habe nicht den Eindruck, dass die Bevölkerung das seit einer Woche geltende Gesetz fürchte.

Einer prominenter Vertreter der Demokratiebewegung, Joshua Wong, hatte am Montag die internationale Gemeinschaft zur Solidarität aufgerufen. Es sei „jetzt die Zeit, den Hongkongern zur Seite zu stehen". China könne die Stimme der Menschen nicht ignorieren und zum Schweigen bringen, sagte Wong.

Die chinesische Videoplattform Tiktok kündigte derweil an, aufgrund der jüngsten Ereignisse ihre Aktivitäten in Hongkong zu stoppen. Die zensierte und in der Volksrepublik verfügbare chinesische Plattformversion Douyin werde in Hongkong aber weiter zur Verfügung stehen. Das Gesetz sieht vor, dass Dienste-Anbieter auf Anfrage Identifikationsnachweise oder Hilfe bei der Entschlüsselung zur Verfügung stellen müssten. Das weitgehende Gesetz richtet sich gegen Aktivitäten, die aus Pekinger Sicht als separatistisch, subversiv und terroristisch betrachtet werden. Es gibt chinesischen Sicherheitsorganen weitreichende und unkontrollierte Vollmachten in Hongkong, ermöglicht eine Auslieferung nach China und sieht als Höchststrafe lebenslange Haft vor.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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