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17:17 Uhr, 05.09.2016

Hohe Zinsen trotz Draghi kassieren: So geht es!

Ganze 15% Zinsen p.a. und mehr kann man kassieren, wenn man auf Fremdwährungsanleihen setzt. Doch es gibt erhebliche Risiken.

Erwähnte Instrumente

Ein Ende der Niedrigzinsphase in Europa ist nicht absehbar - und damit droht immer mehr eine schleichende Enteignung der Bürger. Doch Sparer und Anleger sind dem Niedrigzinsumfeld keineswegs schutzlos ausgeliefert.

Es gibt einen eigentlich recht einfachen Weg, dem Niedrig- oder gar Negativzinsumfeld zu entkommen, und zwar die Flucht in andere Währungsräume. Damit ist natürlich nicht der Umzug des Anlegers ins Ausland gemeint: Anleihen aus anderen Währungsräumen können bequem aus dem eigenen Wohnzimmer erworben werden und sind zum Teil auch an deutschen Börsen notiert. Besonders in vielen Schwellen- und Entwicklungsländern ist das Zinsniveau deutlich höher als in der Eurozone oder den USA. Wer sein Geld hier anlegt, kann durchaus noch prozentual zweistellige Zinserträge pro Jahr kassieren.

Gerade bei Fremdwährungsanleihen gilt allerdings, dass eine höhere Rendite nicht ohne höheres Risiko zu haben ist. Ein besonders eklatantes Beispiel sind aktuell die Anleihen Venezuelas. Da das südamerikanische Land in einer schweren Wirtschaftskrise steckt und die sozialistische Regierung kurz vor dem Staatsbankrott steht, werfen die Anleihen eine besonders hohe Rendite ab: Da der Kurs so stark abgesackt ist, verspricht etwa eine in gut drei Jahren fällige Staatsanleihe Venezuelas (WKN: A1ANQ2) eine Rendite von mehr als 37 %. Die Anleihe lautet dabei auf US-Dollar und nicht auf venezolanischer Bolívar. Die eigene Währung könnte sich das hochverschuldete Land nach Belieben selbst drucken, doch an Dollar zu kommen ist für die Regierung schwer. Wegen des sehr hohen Emittentenrisikos ist die Anleihe aber nur etwas für Zocker oder für Anleger die davon überzeugt sind, dass Venezuela die Staatspleite wie durch ein Wunder noch abwenden kann.

Aber man muss nicht gleich das Geld nach Venezuela tragen, um sich eine hohe Rendite mit Fremdwährungsanleihen zu sichern. Auch wer sein Geld in Anleihen etwa in brasilianischem Real oder der türkischen Lira investiert, kann dabei hohe Zinserträge erzielen, die durchaus auch über 10 % bei Anleihen mit mittlerer Laufzeit liegen können. Dabei ist allerdings Vorsicht angebracht: Da das Inflationsniveau ebenfalls deutlich höher sein kann als im heimischen Währungsgebiet, ist der reale Ertrag unter Umständen deutlich geringer als der nominale. Da der Anleger das verdiente Geld aber vermutlich gar nicht in Brasilien oder der Türkei ausgeben will, ist weniger der Binnenwert der Fremdwährung entscheidend, sondern ihr Außenwert: Je nachdem, wie sich der Euro in Relation zur Währung entwickelt, kann der Anleger von positiven Effekten profitieren oder durch negative Effekte Geld verlieren. Eine hohe Inflation im Anlageland ist allerdings in der Regel auch negativ für den Außenwert der Währung und deshalb ein Warnsignal.

Das sogenannte Währungsrisiko sollte generell nicht unterschätzt werden: Währungen können durchaus auch um mehr als 10 % in einem Jahr schwanken. Der schönste Zinsertrag kann also schnell futsch sein, wenn der Euro gegenüber der jeweiligen Anlagewährung deutlich aufwertet. Das Währungsrisiko kann nicht eliminiert, aber es kann zumindest verringert werden. Eine Möglichkeit besteht darin, das Geld über möglichst viele verschiedene Währungsräume zu streuen. Eine zweite Möglichkeit besteht darin, das Geld in Währungen zu investieren, von denen man eher eine Auf- als eine Abwertung erwartet. Hier kann durchaus auch Charttechnik helfen: Ist man etwa der Meinung, dass der brasilianische Real eher aufwerten wird (also das Währungspaar EUR/BRL sinkt), dann könnten brasilianische Anleihen interessant sein, weil zu den ohnehin hohen Zinsen auch noch Währungsgewinne hinzukommen können.

Anders als das Währungsrisiko kann man das Emittentenrisiko, also das Risiko, dass der Emittent der Ausgabe zahlungsunfähig wird und deshalb Zinsen und Tilgung nicht mehr zahlen kann, sogar fast ganz ausschalten. Denn auch sichere Emittenten, wie die quasi-staatliche Europäische Investitionsbank (EIB), die gemeinschaftlich den EU-Staaten gehört und deshalb beim Kreditrating über die Bestnote AAA verfügt, geben Anleihen in "exotischeren" Währungen wie dem brasilianischen Real oder der türkischen Lira aus. Sogar das Bundesland Nordrhein-Westfalen hat Anleihen in solchen Währungen begeben. Eine in brasilianischem Real denominierte Anleihe des Bundeslands mit einer Laufzeit bis zum 08.05.2017 bringt es etwa auf eine stolze Rendite von 12,7 % (WKN: NRW23K). Trotz der angespannten Haushaltslage ist es dabei so gut wie ausgeschlossen, dass das Land Nordrhein-Westfalen zahlungsunfähig wird. Die hohe Rendite erklärt sich einzig aus dem Risiko, dass der brasilianische Real bis zum kommenden Mai weiter deutlich an Wert gegenüber dem Euro verlieren könnte.

Generell sind Fremdwährungsanleihen als hoch spekulatives Investment zu betrachten, bei dem insbesondere wegen des Währungsrisikos und des Emittentenrisikos auch empfindliche Verluste drohen können. Bestenfalls sind solche Anleihen deshalb als Depotbeimischung geeignet. Eine gute Streuung über verschiedene Währungsräume, Laufzeiten und Emittenten ist außerdem zu empfehlen, ebenso die Fokussierung auf Emittenten, bei denen eine Zahlungsunfähigkeit eher unwahrscheinlich ist.

Die folgende Tabelle zeigt einige ganz unterschiedliche Fremdwährungsanleihen unterschiedlichster Emittenten, die wegen der hohen Rendite für risikoaffine Anleger aktuell interessant sein könnten. Dabei wurden bewusst Anleihen ausgewählt, die in Stückelungen gehandelt werden, die auch für Privatanleger interessant sind.

Emittent Währung WKN Laufzeit Rendite p.a.
Venezuela USD A1ANQ2  13.10.2019  37,4 %
Südafrika ZAR A1HN0S 31.01.2037  9,6 %
Nordrhein-Westfalen BRL NRW23K 08.05.2017  12,7 %
Europäische Investitionsbank (EIB) TRY A1ZQN1  03.10.2024  9,28 %
Russische Föderation (Russland) RUB A1HGUY 31.01.2018  8,79 %
Nordrhein-Westfalen MXN NRW10Q 08.06.2027  6,15 %

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Über den Experten

Oliver Baron
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Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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