Kommentar
18:00 Uhr, 26.06.2008

Hedging mit Termingeschäften - Warum ? Wie funktioniert das ?

In dieser Lesson möchte ich Ihnen zunächst Sinn und Zweck des Hedgings erläutern. Anschliessend werde ich zwei Hedging-Instrumente gegenüberstellen und Ihnen die Vorteile des geeigneteren Hedging-Instruments verdeutlichen. Neben den Situationen, in denen dieses Hedging-Instrument zum Einsatz kommen sollte, soll Ihnen anhand eines praktischen Beispiels demonstriert werden, wie ein Hedging von Einzelpositionen konkret aussehen könnte.

Unter Hedging versteht man die Absicherung von Vermögens-Positionen gegen Kursrisiken. Grundgedanke dieses Absicherungsgeschäftes ist die Erzielung einer kompensatorischen Wirkung durch die Einnahme einer entgegengesetzten Position an den Terminmärkten, das heißt es wird beispielsweise versucht eine Wertminderung einer Kassa-Position durch den entsprechenden Wertzuwachs einer Terminposition auszugleichen.

Wenn die Kurse an den Börsen stark gestiegen und ordentliche Gewinne angefallen sind, sollte man daran denken, diese Buchgewinne auch einmal zu realisieren. Denn nicht umsonst heisst es an der Börse: „An Gewinnmitnahmen ist noch niemand gestorben.“ Sprichwörtlich sollten wir uns daran erinnern, dass die Kurse nicht ewig steigen, sondern auch wieder zurückgehen werden. Bevor es dazu kommt, sollte man seine Gewinne sichergestellt haben.

Drawdown und Performance to Recovery

Die oberste Priorität bei einem guten Risiko-Management ist natürlich, Kursverluste zu vermeiden beziehungsweise Verluste zu begrenzen; dies stellt die Grundlage für einen dauerhaften Erfolg an der Börse dar.
Wie schwierig es ist, nach einem erlittenen Verlust wieder in die Gewinnzone zu kommen, demonstriert die nachfolgende Tabelle, Abbildung 1. Sie zeigt auf, welchen Gewinn Sie erzielen müssen, um nach einem Verlust in einer bestimmten Höhe zumindest wieder das Ausgangsniveau zu erreichen.

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Nun gibt es verschiedene Methoden, Gewinne sicherzustellen. Das natürlich einfachste Mittel ist der Verkauf der Aktien, die Buchgewinne aufweisen. Das hat den Vorteil, dass der komplette Gewinn realisiert wird. Gleichzeitig hat diese Vorgehensweise aber den Nachteil, dass man an einer möglichen weiteren Kurssteigerung nicht mehr partizipieren kann, da man sozusagen „aus dem Spiel“ ist. Ein Neueinstieg bei weiter steigenden Kursen dürfte immer schwerer fallen und unter Umständen auch immer riskanter werden. Eventuell muss man sehr lange warten, bis die Kurse tatsächlich wieder Korrekturen ausbilden und eine erneute Einstiegsmöglichkeit bieten.

Put-Optionsscheine: Ein geeignetes Hedging-Instrument?

Es gilt daher, nach einer Möglichkeit zu suchen, die es erlaubt, zum einen an weiteren Kurssteigerungen teilzuhaben und zum anderen gegen mögliche Kursrückschläge gewappnet zu sein. Eine weitverbreitete und beliebte Variante, sich gegen Kursverluste zu schützen, stellt der Kauf von Put-Optionsscheinen dar. Diese gewinnen an Wert, wenn die Aktienkurse fallen. Auf diese Weise können sie damit den entsprechenden Verlust weitgehend kompensieren. Allerdings - und das ist der Nachteil dieser Methode - sind Put-Optionsscheine meist sehr teuer, und man erleidet einen merklichen Verlust, wenn die Kurse nicht wie befürchtet zurückgehen, sondern stagnieren und der Put-Optionsschein dann möglicherweise verfällt.

Put-Optionen – das geeignetere Hediging-Instrument

Eine bessere Möglichkeit, einzelne Aktien oder gar ganze Aktienbestände vor Kursverlusten zu schützen, besteht darin, sozusagen eine Versicherung gegen Kursverluste zu kaufen. Diese Absicherungen werden auf dem Optionsmarkt gehandelt und Put-Optionen genannt. Ein Handelsplatz für Optionen ist zum Beispiel die Eurex (European Exchange), die aus dem Zusammenschluss von DTB (Deutsche Terminbörse) und der Schweizer SOFFEX (Swiss Options and Financial Futures Exchange) entstand (http://www.eurexchange.com/).
Durch den Kauf eines Put erwirbt man das Recht, seine Aktien zu einem bestimmten Preis (Basispreis) abzugeben. Das Recht wird man natürlich nur ausüben, wenn der Aktienkurs deutlich unter den Basispreis fällt. Über die verschiedenen Laufzeiten der Optionen kann man wählen, wie lange man seine Aktien absichern möchte. Zur Verfügung stehen an der Eurex Laufzeiten von einem Monat bis zu zwei Jahren. Je länger man die Laufzeit wählt, desto teurer ist die Absicherung. Allerdings kommt eine Absicherung für zwölf Monate billiger als zwölf Absicherungen für jeweils einen Monat.

Wann Sie hedgen sollten

Wann und wie oft man absichert, dies muss jeweils individuell entschieden werden. Es gibt jedoch bestimmte generelle Anlässe, etwa
in unsicheren Zeiten, in denen die Kursentwicklungen sehr schwer einzuschätzen sind und jederzeit ein Rückschlag eintreten könnte,
bei zeitweiliger Abwesenheit, wenn man die eigenen Aktien nicht beobachten und bei wichtigen Ereignissen nicht reagieren kann,
sobald bestimmte kursrelevante Ereignisse wie beispielsweise Wahlen oder wichtige wirtschaftliche Ankündigungen bevorstehen, die den Kurs zumindest kurzfristig deutlich beeinflussen können,
nach einer kräftigen Aufwärtsbewegung, um die erzielten Gewinne zu sichern,
zur Überbrückung der Spekulationsfrist. Angenommen, Ihre Aktien liegen zehn Monate nach dem Kauf deutlich im Gewinn, ein Verkauf und somit eine Gewinnmitnahme wäre sinnvoll. Freilich müsste dann der Gewinn voll versteuert werden. Also kaufen Sie eine Put-Option, die länger als zwei Monate läuft (zwölf Monate Spekulationsfrist minus zehn Monate Aktienbesitz) und sichern sich den Verkaufspreis. So retten Sie Ihren erzielten Gewinn (abzüglich der Absicherungskosten) über die Zwölfmonatsfrist.
Übernachtpositionen, insbesondere in volatilen Aktien (z.B. Technologie-Titel)

Vorteile

Die Vorteile der Absicherung liegen klar auf der Hand: Ihre Aktien sind gegen deutliche Kursrückgänge versichert, das heißt, Sie können gelassen das Geschehen beobachten und kommen auch nicht in die Zwangslage, bei Kursrückgang kurzfristig Fehlentscheidungen zu treffen. Die Put-Option ist zwar wieder veräußerbar, allerdings verliert sie im Laufe der Zeit an Wert.
Die Eurex bietet standardisierte Optionen. Man wählt zwischen verschiedenen Basispreisen und Laufzeiten. Mit dem Kauf einer Put-Option sichert man sich dann das Recht, seine Aktien zu einem bestimmten Preis, dem vereinbarten Basispreis, abzugeben. Wie gesagt: Dieses Recht sollte nur ausgeübt werden, wenn die Aktie tatsächlich unter den Basispreis fällt, es also von Vorteil ist, die Aktien zum höheren Basispreis abzugeben.

Beispiel

Ein Beispiel: Die Aktie notiert bei 170, und zur Auswahl stehen Basispreise von 170, 160, 150, 140, 130. Je niedriger der Basispreis ist, desto unattraktiver und zugleich billiger wird die Option sein. Wählt man etwa einen Basispreis von 140, ist der Verlust der Aktie von 170 bis 140 selbst zu tragen. Diese „schwache Absicherung“ aus dem Geld bei 140 kostet natürlich weniger als eine „starke Absicherung“ mit einem Basispreis am Geld bei 170. Man hätte auch die Möglichkeit, eine Absicherung im Geld beispielsweise bei 180 oder 190 abzuschließen, was aber in der Praxis keinen großen Sinn macht, weil diese Optionen zu teuer sind. Bei den standardisierten Optionen der Eurex stehen nicht nur die Basispreise und die handelbaren Laufzeiten fest, sondern auch die Spezifikation der Optionskontrakte. So umfasst ein Optionskontrakt bei

Aktien: 100 Aktien des zugrundeliegenden Basiswertes (Münchener Rückversicherung und Allianz haben eine Kontraktgröße von 50),
DAX-Optionen: 5 Euro pro jeweiligem Indexpunkt,
Euro-STOXX-50-Optionen: 10 Euro pro Indexpunkt

Besitzen Sie beispielsweise 100 VW-Aktien und wollen diese absichern, so kaufen Sie einen Optionskontrakt. Kostet eine Option €3, dann haben Sie 100 x €3 = €300 aufzuwenden, um 100 VW-Aktien abzusichern, die zur Zeit zirka € 6000 (= 100 x € 60) wert sind.

„Im, am, aus dem Geld“

Wer eine Put-Option (Verkaufsoption) kauft, erwirbt das Recht, seine Aktien zu dem vereinbarten Basispreis dem Verkäufer der Put-Option anzudienen. Der Käufer der Call-Option (Kaufoption) dagegen erhält das Recht vom Verkäufer der Call-Option, Aktien zum vereinbarten Basispreis zu fordern. Die Optionskäufer haben also ein Recht, aber nicht die Pflicht, ihre Option auszuüben. Für dieses Recht bezahlen sie den Optionspreis. Meist geht es aber weniger um die Ausübung einer Option, als um den Handel mit derselben. Deshalb muss der Preis für diese Option täglich am Markt bestimmt werden. Der Optionspreis lässt sich über ein Optionspreismodell berechnen und bildet sich täglich fortlaufend am Markt. In der Regel verwendet man das Black-Scholes-Optionspreismodell. Die Einflussfaktoren, die in diese Modellrechnung eingehen, sind Aktienkurs, Basispreis, Laufzeit und Volatilität. Sie bestimmen den „fairen“ Optionspreis.

Grob lässt sich sagen: Je weiter der Basispreis vom Aktienkurs entfernt liegt, desto billiger ist die Option. Anderseits: je länger die Laufzeit der Option oder je höher die Volatilität (Kursschwankungsbreite) der Aktie ist, desto teurer wird die Option. In ruhigen Zeiten kosten die Optionen also relativ wenig, in hektischen Zeiten hingegen relativ viel. Dementsprechend sollte man seine Aktienbestände rechtzeitig in ruhigen Phasen absichern und nicht erst, wenn die Hektik nach unten losgeht, die Volatilität steigt und die Optionspreise immer teurer werden. Die Volatilität übrigens hat einen markanten Einfluss auf den Optionspreis.

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Ein Anleger kann als Käufer oder Verkäufer einer Option fungieren - mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten.
Eine Option besitzt einen inneren Wert und einen Zeitwert. Liegt der aktuelle Aktienkurs entfernt vom Basispreis, ergibt sich der innere Wert beim Call aus höherem Aktienkurs minus Basispreis, beim Put aus höherem Basispreis minus Aktienkurs. Hier handelt es sich um Optionen im Geld. Liegt der Basispreis sehr nahe beim Aktienkurs, so spricht man von Optionen am Geld. Steht der Basispreis beim Call über dem Aktienkurs beziehungsweise beim Put unter dem Aktienkurs, sind die Optionen aus dem Geld. Eine Option im Geld besitzt also einen inneren Wert und einen Zeitwert, die Optionen am Geld und aus dem Geld lediglich einen Zeitwert. Der Zeitwert, auch Aufgeld genannt, tendiert beim Laufzeitende gegen Null, wobei sich der Optionspreisverfall gegen Ende der Laufzeit beschleunigt.

Hedging von Einzelpositionen

Wie gezeigt, lassen sich einzelne Aktien über Put-Optionen absichern. Ein Beispiel mag die Vorgehensweise verdeutlichen:
Sie wollen am 11. April 100 XYZ-Aktien (aktueller Kurs: 797) absichern; der Wert der Aktien liegt bei 100 x 797 = 79 700. Sie müssen in diesem Fall beispielsweise zwei Kontrakte Put-Optionen kaufen (2 x 50 = 100), um den Aktienbestand vollständig abzusichern. Dazu werden nun verschiedene Laufzeiten und Basispreise angeboten, siehe nachfolgende Tabelle, Abbildung 3

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Unter der Annahme, eine kurzfristige Absicherung zu suchen, um einen Aktiengewinn über die Spekulationsfrist zu retten, die beispielsweise am 1. Oktober vorbei wäre, braucht man mindestens eine Option mit eben der Restlaufzeit Oktober.

Die entsprechende Option hat den Basispreis 800 und kostet €29,60. An der Terminbörse wird sie folgendermaßen abgekürzt: 10/800/29,60. Das heißt, bis Ende Oktober (Verfallstag ist immer der dritte Freitag im Monat) hat man das Recht, die Aktien zu 800 zu verkaufen. Egal wie tief die Aktie fällt, man bekommt auf jeden Fall 800 dafür. Die Absicherung für gut zwei Monate beziffert sich auf 3,7 % (29,6/797 = 0,037).

Auf ein Jahr hochgerechnet kostet die Absicherung 20,5 % (3,7/2 x 12). Das Hochrechnen auf ein Jahr dient lediglich dazu, die verschiedenen Laufzeiten miteinander zu vergleichen. Außerdem sieht man sehr deutlich, dass es keinen Sinn macht, seine Aktien das ganze Jahr über zu versichern. Denn die Aktie müsste um 20 % steigen, damit überhaupt die Versicherungsprämie verdient wäre.
Für die Absicherung von 100 XYZ-Aktien müssen also zwei Optionskontrakte à 50 Stück gekauft werden, was sich auf €2960 (29,6 x 2 x 50) beläuft. In diesem Beispiel sind die aktuellen Kosten identisch mit den maximalen, weil der Basispreis beim aktuellen Aktienkurs liegt. Wenn Sie einen Basispreis von 750 wählen, dann kostet die Option relativ wenig. Allerdings haben Sie auch nur das Recht, die Aktie zu 750 zu verkaufen. Das Risiko der Aktie beträgt also 47 (797 - 750), was man dann zu den maximal möglichen Kosten hinzurechnen muss.

In den letzten beiden Spalten sind die Aktienkurse angegeben, bis zu denen die Aktie steigen muss, damit die Versicherungsprämie wieder „verdient“ ist, beziehungsweise ab wann ein Gewinn von 10 % entsteht.
In einer der nächsten Lessons wollen wir uns einmal ansehen, wie wir ein ganzes Depot mit verschiedenen Werten absichern können. Zu diesem Zweck werden wir auch Futures betrachten.

Autor: Frank Thönnißen

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