Kommentar
15:50 Uhr, 10.11.2016

Hebelprodukte Teil II: Turbos & Mini Futures

Ob ein Trade von Erfolg gekrönt ist, hängt nicht nur von der Marktentwicklung, sondern auch von der Art des Hebelprodukts ab. Anleger sollten deshalb über die Eigenheiten der Produkte Bescheid wissen, um keine unangenehmen Überraschungen zu erleben. In dieser dreiteiligen Serie werden die Unterschiede von Optionsscheinen, Turbos, Mini Futures und Faktor-Zertifikaten erklärt.

Die verschiedenen Hebelprodukt-Kategorien unterscheiden sich in wichtigen Details, die nicht selten ausschlaggebend sind, ob und in welchem Umfang ein Trade von Erfolg gekrönt ist.

Dazu ein Beispiel: Nach dem Brexit sackte der DAX ruckartig ab. Den Kurssturz dürfte so mancher Anleger genutzt haben, um auf eine Gegenbewegung des Index zu spekulieren. Tatsächlich hat sich der DAX in relativ kurzer Zeit vom Brexit-Schock erholt. Stand das Kursbarometer am 27. Juni 2016 noch bei 9.517 Punkten, schloss es knapp vier Wochen später, am 22. Juli 2016, schon wieder bei 10.147 Zählern – ein Plus von 6,6 Prozent. Wer mit einem DAX Call-Optionsschein mit einem Basispreis von 9.000 Punkten und einer Laufzeit bis Dezember 2016 in den Index über den genannten Zeitraum eingestiegen wäre, hätte eine deutlich höhere Rendite von rund 36 Prozent erzielt. Gut gelaufen, könnte man meinen. Es wäre dennoch nicht die optimale Entscheidung gewesen. Denn ein DAX Turbo Bull mit identischem Basispreis und Laufzeit hätte im besagten Zeitfenster sogar mehr als 93 Prozent hinzugewonnen. Der Grund liegt in der unterschiedlichen Konstruktion der Produkte, die in dieser Serie beleuchtet wird.

Turbos: Knock-out-Gefahr beachten

Im Unterschied zu Optionsscheinen wird der Preis von Turbos fast nur von dem inneren Wert beeinflusst. Der Zeitwert spielt hingegen kaum eine Rolle. Das macht Turbos nicht nur transparenter, sie sind im Vergleich zu Optionsscheinen infolge des fehlenden Zeitwerts auch günstiger. Daraus wiederum resultiert eine, auf denselben Basispreis bezogene, vergleichsweise höhere Hebelwirkung. Somit ist in der Regel auch das Risiko erhöht. Zum einen, weil der höhere Hebel auch in die „falsche“ Richtung wirken kann. Zum anderen, weil Turbos mit einer Knock-out-Schwelle ausgestattet sind. Wird diese vom Basiswert berührt, verfallen Turbos sofort wertlos. Wie schnell das gehen kann, zeigt folgendes Beispiel: Am Tag nach dem Brexit eröffnete der DAX den Handel mit einer Kurslücke von fast minus zehn Prozent. Ein schwarzer Tag für alle Anleger, die mit Turbo Bulls oder anderen Knock-out-Bull-Papieren im Markt investiert waren. Denn nach Angaben der Zertifikate-Börse Euwax sind an diesem Tag allein bei Markteröffnung mehr als 500 Knock-out-Produkte auf den DAX ausgeknockt worden und damit wertlos verfallen. Ein Call-Optionsschein wäre in diesem Fall die bessere Alternative gewesen. Er hätte zwar ebenfalls kräftig eingebüßt. Da Optionsscheine aber während der Laufzeit nicht verfallen können, hätte der Anleger wenigstens noch die Chance gehabt, dass sich der Markt wieder erholt und er den Trade möglicherweise doch noch mit einem Gewinn abschließt. Die Wahrscheinlichkeit dafür war in den kommenden Wochen mit der einhergehenden Kurserholung gegeben.

Mini Futures: Stop-Loss-Schwelle reduziert Totalverlustrisiko

Turbos und Mini Futures sind sich relativ ähnlich. Anleger, denen jedoch die Knock-out-Gefahr von Turbos als zu riskant erscheint, könnten eher an Mini Futures Gefallen finden. Ihr Preis beinhaltet ebenfalls wie der von Turbos keinen oder kaum einen Zeitwert, daher sind sie vergleichsweise günstig. Ein Unterschied zu den Turbos hingegen liegt darin, dass sie als Open-End-Produkte (ähnlich wie Open End Turbos) über keine Laufzeitbegrenzung verfügen. Außerdem sind sie mit einer sogenannten Stop-Loss-Schwelle ausgestattet. Die Stop-Loss-Schwelle sorgt dafür, dass der Anleger immerhin noch einen Restwert ausgezahlt bekommt, sollte der Basiswert zu weit in die „falsche“ Richtung laufen. Eine Garantie darauf gibt es allerdings nicht. Kurslücken oder plötzlich auftretende Kursstürze können dafür sorgen, dass es dem Emittenten nicht gelingt, die Position zum Stop-Loss-Niveau glatt zu stellen. Im Extremfall ist daher auch bei Mini Futures ein Totalverlust möglich.

Fazit

Bei Turbos spielt die Volatilität nur eine untergeordnete Rolle. Dafür besteht das Risiko, jederzeit während der Laufzeit ausgeknockt zu werden und einen Totalverlust zu erleiden. Mini Futures verfügen zwar über eine unbegrenzte Laufzeit, allerdings können auch sie vorzeitig verfallen. Eine Stop-Loss-Schwelle sorgt dafür, dass der Anleger in diesem Fall normalerweise immerhin einen Restwert erhält. Außerdem sorgt der dynamische Hebel bei Turbos und Mini Futures im Vergleich zu Faktor-Zertifikaten für höhere Comeback-Chancen im Falle einer temporären moderaten Gegenbewegung.

Vor dem Kauf eines Hebelprodukts sollten Anleger also genau abwägen, welche Variante am besten zur Erwartungshaltung beziehungsweise zu ihrem eigenen Chance-Risiko-Profil passt. Auch der eigene Anlegertyp und die Trading-Strategie spielen bei der Wahl eine wichtige Rolle. Dank des umfänglichen Universums an Produkten ist aber für jeden Anleger und jede Marktsituation ein passendes Instrument vorhanden.

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Über den Experten

Dirk Heß
Dirk Heß
Co-Head EMEA Public Listed Products Sales & Distribution bei Citigroup Global Markets Europe

Dirk Heß, Finanzexperte der Citigroup, schreibt zu aktuellen Markt- und Derivate-Themen. Als Co-Head EMEA Warrant Sales & Distribution bei der Citi besitzt er langjährige Expertise in allen Fragen rund um Börse und Investments. In seinem regelmäßigen Kommentar gibt Dirk Heß fundiertes Fachwissen weiter. Die Citigroup ist seit dem Jahr 1989 als Emittent von strukturierten Produkten permanent am deutschen Markt vertreten und feiert 2014 ihr 25-jähriges Jubiläum.

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