Kommentar
10:40 Uhr, 21.01.2022

Hat das Platzen der "Superblase" begonnen?

Die Checkliste für das Platzen der aktuellen "Superblase" sei erfüllt und der "wilde Krach" könne jederzeit beginnen, meint der Value-Investor Jeremy Grantham.

Nach der Einschätzung von Grantham hat es in den vergangenen 100 Jahren nur fünf Spekulationsblasen gegeben, die sich zu einer "Superblase" entwickelt haben, und zwar die US-Aktienblasen 1929 und 2000, die japanische Aktienmarktblase 1989 sowie die Immobilienblasen 1989 in Japan und 2006 in den USA.

Eine Superblase definiert Grantham dabei auf statistische Art und Weise als "3-Sigma-Abweichung" vom langfristigen Trend des Aktienmarktes. Das bedeutet, dass der Kurs stärker gestiegen ist, als es dem Dreifachen der Standardabweichung entspricht. Geringfügigere 2-Sigma-Abweichungen (zweifache Standardabweichungen) habe es mehr als 300 Mal in der Finanzmarktgeschichte gegeben, schrieb Grantham in der am Donnerstag veröffentlichten Mitteilung auf der Website seiner Vermögensverwaltung GMO.

"In den entwickelten Aktienmärkten ist jedes einzelne Beispiel einer 2-Sigma-Aktienblase in den letzten 100 Jahren schließlich vollständig geplatzt, wobei sich der Kurs bis zu dem Trend zurückbewegt hat, der vor der Blasenbildung existierte", schreibt Grantham. Einige wenige der 2-Sigma-Blasen hätten sich aber vor dem Platzen zunächst noch zu einer 3-Sigma-Blase entwickelt, so wie es aktuell der Fall sei, schreibt Grantham.

"Doch egal, ob die Blase 2-Sigma, 3-Sigma oder sogar noch höher erreicht, sie fällt jedes Mal vollständig in den Trend zurück, was zu enormen Vermögenswertverlusten führt", so Grantham. Im aktuellen Fall liege der langfristige Trend im S&P 500, der wieder erreicht werden müsse, bei ungefähr 2.500 Punkten. Dies würde einem Einbruch um knapp 45 Prozent vom aktuellen Niveau entsprechen. Bei Technologieaktien könnte der Verlust nach Einschätzung von Grantham noch größer ausfallen.

Inzwischen sei die Checkliste aller Eigenschaften, die vor dem Platzen der Blase erfüllt sein müssten, tatsächlich erfüllt und der "wilde Krach" könne jederzeit beginnen, so Grantham. "Die wichtigste und am schwersten zu definierende Qualität einer Blase im Spätstadium liegt in der gefühlsduseligen Eigenschaft des verrückten Anlegerverhaltens", schreibt Grantham. "Aber in den letzten zweieinhalb Jahren haben wir zweifellos verrücktes Anlegerverhalten in Hülle und Fülle gesehen (...) insbesondere bei Meme-Aktien und bei Elektrofahrzeug-bezogenen Aktien, bei Kryptowährungen und bei NFTs", so der inzwischen 83-jährige Investor. Daneben gebe es typische weitere Anzeichen für ein baldiges Platzen der Superblase, so zunächst eine rasante Trendbeschleunigung bei spekulativen Technologieaktien und seit Februar 2021 bereits eine deutliche Unterperformance von spekulativen Aktien.

Grantham sieht derzeit nicht nur eine Superblase am Aktienmarkt, sondern auch Blasen in anderen Anlageklassen. So gebe es "die breiteste und extremste" Blase aller Zeiten im globalen Immobilienmarkt, eine Blase am Anleihenmarkt und eine "beginnende Blase" bei den Rohstoffpreisen. Zum ersten Mal überhaupt gebe es in den USA in allen wichtigen Anlageklassen gleichzeitig eine Blase, so Grantham. "Und wenn die Bewertungen all dieser Anlageklassen auch nur zu zwei Dritteln auf die historischen Normen zurückkehren, werden die gesamten Vermögensverluste allein in den USA in der Größenordnung von 35 Billionen US-Dollar liegen", schreibt Grantham. "Wenn dieser negative Wohlstands- und Einkommenseffekt durch Inflationsdruck bei Energie, Lebensmitteln und durch andere Knappheiten verstärkt wird, werden wir ernsthafte wirtschaftliche Probleme bekommen", erwartet Grantham.

Bereits im vergangenen Jahr hatte Grantham mehrfach vor der aktuellen Blase gewarnt und sie mit dem Crash im Zuge der Weltwirtschaftskrise ab 1929 und dem Platzen der Internetblase 2000 verglichen. Grantham hat allerdings den Ruf eines "Permabären", der immer wieder vor Crashs warnt, die dann nicht eintreten. Zwar sagte Grantham die Crashs in den Jahren 2000 und 2007 korrekt voraus, allerdings hatte er auch in den vergangenen Jahren mehrmals vor einem Platzen der Blase gewarnt und damit bisher nicht Recht behalten.

Warnungen von Crashpropheten häufen sich derzeit. So hat jüngst Harry S. Dent vor einem Einbruch des Aktienmarktes um ganze 90 Prozent gewarnt. Auch der Ökonom und Nobelpreisträger Robert Shiller, auf den das sogenannte Shiller-KGV zurückgeht, hat unlängst vor einem Crash gewarnt. "Die Märkte könnten um bis zu 50 Prozent einbrechen", sagte Shiller in einem Interview mit dem "Handelsblatt".

Das sogenannte Shiller-KGV, das den Kursstand des S&P 500 ins Verhältnis zu den inflationsbereinigten Unternehmensgewinnen der vergangenen zehn Jahre setzt, steht aktuell auf dem höchsten Niveau seit dem Platzen der Internetblase zur Jahrtausendwende und sogar höher als im Vorfeld der Weltwirtschaftskrise 1929, wie die folgende Grafik zeigt.

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Shiller-KGV (Quelle: http://www.econ.yale.edu/~shiller/data.htm)

Anleger dürften vermutlich gut beraten sein, ihre Investitionsentscheidungen nicht von Aussagen von Crashpropheten wie Harry S. Dent oder Jeremy Grantham abhängig zu machen. Seit der Finanzkrise 2008 gab es kontinuierlich immer wieder Vorhersagen eines neuen Crashs, die sich aber nicht bewahrheitet haben.


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  • Dr. Bull
    Dr. Bull

    Sehe ich genauso.... und die Robin-Hood-Jünger erleben ihr erstes Armageddon....

    00:47 Uhr, 23.01.2022

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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