Hans-Werner Sinn: "In Brüssel will man nur an das deutsche Geld heran"
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München (BoerseGo.de) - Die Euro-Rettung ist durch den jüngsten EU-Gipfel aus Sicht des Präsidenten des Münchner ifo-Wirtschaftsinstituts, Hans-Werner Sinn, nicht vorangekommen. Deutschland werde aber zugleich immer stärker in die Krise hineingezogen. Im Gespräch mit dem Deutschlandfunk kritisierte Sinn, dass "im Extremfall" eine Haftungssumme von etwa 700 Milliarden Euro auf Deutschland zukommen könnte. Zwar habe Kanzlerin Angela Merkel gekämpft „wie eine Löwe“. Letztlich wollte man in Brüssel aber an das deutsche Geld heran. „Der deutsche Staat wird immer tiefer in die südeuropäische Krise hineingezogen“, sagte Sinn. Die Finanzmärkte seien nun beruhigt, ja geradezu euphorisch, weil ein Weg gefunden wurde, das deutsche Vermögen zu verbrauchen. „Die finanzielle Stabilität Deutschlands ist gefährdet“, warnte des Wissenschaftler.
Sinn legte die Zahlen auf den Tisch: Die Staatsschulden der fünf Krisenländer Italien, Griechenland, Portugal, Spanien, Irland betragen dem Ökonomen zufolge rund 3,4 Billionen Euro, hinzu kämen über 9,2 Billionen an Bankschulden in der Euro-Zone. „Wenn wir mal sagen, von diesen Schulden sind 20 Prozent abzuschreiben, dann sind das ja schon 2,4 Billionen. (...) Nun gut, die müssen wir ja nicht selber tragen. Die anderen Länder tragen ja mit. Aber wenn dann einer nach dem anderen fällt? Also es sind doch erhebliche Risiken für die Bundesrepublik Deutschland, die man jetzt hier so einfach eingeht“.
Im Interview mit dem Handelsblatt (Montag) sagte der Ökonom: „Es wurde ein Kesseltreiben veranstaltet. Um an unser Geld zu kommen, hat man Deutschland imperiale Gelüste vorgeworfen und uns den Hass der Völker prophezeit“. Jetzt könnten die Bürger, an deren Vermögen man will, nur noch auf das Verfassungsgericht hoffen“, sagte Sinn.
Auch an dem Fiskalpakt lässt Sinn kein gutes Haar. „Der Pakt wird nur in Deutschland ernst genommen“, sagte der Ökonom im Handelsblatt. „Er ist ein Placebo – wie seinerzeit der Stabilitäts- und Wachstumspakt“. Ländern, denen der Kapitalmarkt misstraue, brauche man keine politischen Schuldengrenzen zu setzen. „Wenn man ihre Kreditaufnahme begrenzen will, reicht es, ihnen weniger öffentlichen Kredit zu geben.“ Verhaltensmaßregeln erzeugten Unfrieden und brächten nichts als Ärger. „Deutschland hätte nicht so viel Geld geben, dafür aber den Mund halten sollen“, kritisierte Sinn. Die deutschen Belehrungen hätten zu der vergifteten Atmosphäre des Gipfels und der Entschlossenheit der anderen Länder beigetragen, Deutschland endlich niederzuringen.
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