Haben Sie das Zeug zum Aktieninvestor?

Sehr geehrte Privatanleger,

Aktien sind mit einer durchschnittlichen Rendite von zehn Prozent und mehr pro Jahr über die letzten 100 Jahre die rentabelste Anlageform – trotz aller Crashs und Krisen. Haben Sie das Zeug zum Aktieninvestor?

Die jetzige Marktsituation zerrt massiv an den Nerven. Doch es sind gerade Situationen, in denen allgemeine Panik und Unsicherheit herrscht, die die größten Investmentchancen bieten. Die Frage ist nur: wann? In den Jahren 2000 bis 2001 wurden viele Anleger, die angeblich „billige“ Aktien nachgekauft hatten, böse enttäuscht, nur um dann in den Jahren 2002 und 2003 völlig zu kapitulieren und entnervt aufzugeben. Gerade 2003 drehte aber der Markt und stieg in acht Monaten 80 Prozent über seinen Tiefpunkt vom März. Diese 80 Prozent Rendite waren gemacht, noch eher sich die Masse der Aktienanleger von ihrer allgemeinen Depression erholt hatte – das war nämlich erst 2005, nach weiteren Anstiegen, der Fall.

Haben Sie die psychologischen Voraussetzungen zum Aktieninvestor? Ich will Ihnen die Geschichte von drei Männern, alles gestandene Unternehmer, erzählen. Alle waren 2006 oder 2007 mit einem Teil ihres Vermögens in Aktien eingestiegen. Alle drei sind hoch erfolgreiche Geschäftsleute, und dennoch eignen sich nur zwei zum Aktieninvestor.

Der Erste hat bis heute kaum etwas verkauft oder hinzugekauft. Sein Depot steht bei Minus 23 Prozent. Addiert man drei Prozent Dividende pro Jahr hinzu, beläuft sich das Minus auf circa 18 Prozent. Bei einem Depotvolumen von ehemals 500.000 Euro ist das nicht schön, kann aber in wenigen Monaten aufgeholt sein, wenn der Markt dreht. Investor Nummer Eins hat die gesamten Mittel, die für die Aktienanlage im strategischen Vermögensplan vorgesehen waren, bereits investiert. Er hält durch.

Der zweite Unternehmer ist vorsichtig eingestiegen, obwohl ich zu einer Aktienquote von gut einem Drittel auf das Gesamtvermögen geraten hatte. Die zwischenzeitlichen Kursverluste haben ihn zwar geschockt, aber diese Woche hat er nachgekauft. Er hält durch.

Der Dritte ist im Herbst 2007 eingestiegen. Das Depot stand zwischenzeitlich bei einem Minus von circa 15 Prozent. Mit Nummer drei hatte ich am häufigsten in Kontakt. Er hielt es mental nicht aus, eine Aktie im Minus zu sehen. Es bereitete ihm geradezu physische Schmerzen. So führte er sehr häufig Transaktionen durch, oftmals ohne, dass ich davon etwas wusste. Gewinne wurden weit unter Innerem Wert realisiert. Zum Teil kaufte er Optionsscheine. Dabei war das Aktiendepot nur ein begrenzter Teil seines Vermögens. Nummer Drei ist für die Aktienanlage nicht geeignet. Da er ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann ist, wird er anderweitig sein Vermögen vermehren.

Warren Buffett hat am Mittwoch eine Kapitalerhöhung in Höhe von fünf Milliarden Dollar bei Goldman Sachs (WKN: 920332) gezeichnet und signalisiert damit seinen Optimismus für den Star unter den Investmentbanken, der unter dem Druck der Krise zugestimmt hat, eine normale Bank zu werden. Letzte Woche hat Warren Buffett ein Übernahmeangebot für Constellation Energy (WKN: 922138) ausgesprochen. Allerdings zeigt dies auch Buffetts Dilemma: Berkshire Hathaway (WKN: 854075), eine meiner Lieblingsaktien, ist mittlerweile so groß geworden, dass sich für Buffett nur noch die ganz großen Deals lohnen. Und da ist er im Wettbewerb mit Unternehmensmanagern, die nicht so sehr auf den Wert achten, sondern oftmals darauf, ihren Machtbereich und damit ihr Gehalt zu vergrößern. Constellation Energy bevorzugt Buffetts Angebot, aber Gegner EdF hat mittlerweile ein Angebot auf den Tisch gelegt, das um ein Drittel höher ist. Mal sehen, ob das Management von Constellation das durchhalten kann.

Sie haben diese Beschränkungen nicht. Sie können in Fuchs Petrolub (WKN: 579040), United Internet (WKN: 508903), Geberit (WKN: A0MQWG), Rhön-Klinikum (WKN: 704233), Grenke Leasing (WKN: 586590) und viele andere, kleine Perlen investieren, die Buffett verschlossen sind.

Wenn Sie das Zeug zum Aktieninvestor haben, herrschen jetzt die Umstände für günstige Einkäufe.

Auf gute Investments,

Ihr

Prof. Dr. Max Otte