Fundamentale Nachricht
09:48 Uhr, 12.04.2018

Growth- und Value-Anlagen: Ansätze, die sich ergänzen

Die Franklin-Templeton-Finanzexperten Norm Boersma und Stephen Dover sind der Meinung, dass sowohl Wachstums- als auch Substanztitel ihren Platz im Anleger-Portfolio haben sollten.

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  • Dow Jones
    ISIN: US2605661048Kopiert
    Kursstand: 24.189,45 $ (NYSE) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

San Mateo (GodmodeTrader.de) - Growth und Value werden häufig als miteinander konkurrierende Anlagestile wahrgenommen, die sich in verschiedenen Zeiträumen und Marktzyklen gegenseitig übertreffen. Zwar unterscheiden sich die Ansätze, doch Stephen Dover, Head of Equities bei Franklin Templeton Investments, und Norm Boersma, Chief Investment Officer von Templeton Global Equity Group, schreiben in einem aktuellen Marktkommentar, dass zwischen Growth und Value keine Entweder-oder-Frage entschieden werden muss. Die beiden verdeutlichen die Unterschiede zwischen einem wachstums- und einem wertorientierten Investmentansatz und die Gründe, warum die Strategien sich ergänzen können. Überdies erörtern sie die jüngste Marktvolatilität und die Gründe, warum der Fokus auf den Bereich Value zurückkehren könnte.

Growth-Anlagen liefen Value-Anlagen aus mehreren Gründen nun schon seit einiger Zeit den Rang ab. Einer der Hauptgründe hänge mit dem abgezinsten Wert von Geld zusammen. Aus wirtschaftlicher Sicht bedeute dies: Je niedriger ein Zinssatz, desto höher der Wert künftiger Gewinne. Seit der weltweiten Finanzkrise 2008-2009 halte die Geldpolitik in vielen Ländern rund um den Globus die Zinssätze künstlich niedrig, heißt es weiter.

„Allgemein sind Wachstumsunternehmen – deren künftige Gewinne höher als die aktuellen sein werden – in Zeiten künstlich niedriger Zinssätze für Anleger in der Regel attraktiver als Substanzwerte. Auch wenn nach unserer Auffassung Wachstums- und Substanzwerte ihren Platz im Portfolio eines Anlegers haben und sich ergänzen können, sehen wir Gründe für eine baldige Erfolgsphase bei Value-Anlagen“, so Dover und Boersma.

Der jüngste Volatilitätsschub bei Aktien Anfang Februar dieses Jahres habe die Debatte um Growth- und Value-Titel erneut aufflammen lassen. Volatilität am Markt sei normal, und sie fassten sie als Chance auf. Value-Anleger hielten nach fehlbewerteten Aktien Ausschau, und wenn es kaum Volatilität gebe, komme es auch nur selten zu Fehlbewertungen. Aber wenn die Anleger ihr Geld aus dem Markt abzögen, täten sie dies meist ziemlich wahllos. Dieses wahllose Verkaufen sorge häufig für die Fehlbewertung von Aktien im Vergleich zu ihren Fundamentaldaten. Value-Anleger sähen hier Chancen, um einzusteigen und diese Fehlbewertung auszunutzen, heißt es weiter.

„Nach unserem Dafürhalten stellt der jüngste Volatilitätsschub eine Rückkehr zu normaleren Bedingungen dar. Im vergangenen Jahr war an den weltweiten Aktienmärkten eine sehr stete Aufwärtsbewegung zu beobachten. Dies war ungewöhnlich. Nun kehrt wieder mehr Nervosität ein. Wir rechnen künftig mit Kursrückgängen und sehen dies als gesundes Phänomen an – und als Gelegenheit, Wert freizulegen. In der Vergangenheit übertrafen Value-Anlagen für lange Zeit Growth-Anlagen, und in Phasen großer Umbrüche (Disruption) übertreffen Growth-Titel in der Regel Value-Titel. In einer Zeit der Disruption sind die künftigen Gewinner kaum auszumachen. Zu sagen, wer die Verlierer sind, ist unter Umständen einfacher“, so Dover und Boersma.

Value-Manager hielten gewöhnlich nach einer Rückkehr zu einem Mittelwert Ausschau und versuchten, Anlagewerte zu identifizieren, die sie zu diesem Zeitpunkt als unterbewertet ansähen, bei denen sie jedoch einen künftigen Kursanstieg erwarteten. Value-Manager würden häufig auch als „konträre“ Verwalter bezeichnet, denn sie achteten darauf, was andere kauften oder verkauften, und täten dann in der Regel das Gegenteil. In den vergangenen zehn Jahren sei eine der längsten Outperformance-Phasen von Growth-Titeln zu beobachten gewesen – vielleicht die bisher längste überhaupt. Und das Wachstum habe sich weitgehend auf eine Handvoll Technologie-Aktien konzentriert. Technologieunternehmen würden traditionell als Wachstumstitel gelten, und Finanzunternehmen und Rohstoffunternehmen als Substanzwerte, heißt es weiter.

„Value-Titel bleiben unter Umständen für einen langen Zeitraum zurück und holen dann sehr rasch auf. Nach unserer Erfahrung gilt: Je größer der Abstand zwischen Growth und Value, desto größer die Wahrscheinlichkeit eines sehr schnellen Wechsels. Aus dem Blickwinkel eines Value-Anlegers sollte es nach unserer Auffassung stets möglich sein, in allen Sektoren anzulegen. Value-Anleger haben nichts gegen Unternehmen, die wachsen. Sie möchten nur nicht zu viel für Unternehmen und für die am Markt bisweilen auftretende wilde Begeisterung zahlen. Aus unserer Sicht gibt es eine Reihe von Faktoren, die das Ende der Dominanz von Growth-Anlagen einläuten und zu einem Wiedererstarken von Value-Anlagen führen könnten. Die Zinssätze dürften hier eine zentrale Rolle spielen. Der aktuelle Zustand künstlich niedriger Zinssätze wird kaum bis in alle Ewigkeit andauern“, so Dover und Boersma.

Die beiden Franklin-Templeton-Finanzexperten erkennen bereits Anzeichen für steigende Zinssätze und höhere Inflation vor allem in den USA, jedoch auch andernorts. Steigende Zinssätze deuteten traditionell auf eine wachsende Wirtschaft hin, und einige traditionelle Value-Sektoren – insbesondere der Finanzsektor – seien in aller Regel sehr zinsempfindlich. Steigende Zinsen könnten für diese Titel nützlich sein. Ebenso gebe es in zyklischen Branchen viele Value-Titel. Wirtschaftswachstum verhelfe diesen Branchen zu einer besseren Entwicklung, was weiteren Rückenwind beschere. Gesundheitswerte seien aufgrund der Sorgen um die Preisgestaltung bei Arzneimitteln in den USA generell unter Druck geraten, und eine ganze Reihe von Unternehmen habe zumindest kurzfristig mit Problemen zu kämpfen gehabt. Dies habe für Value-Sucher gute Chancen insbesondere im Bereich Spezialpharmazeutika und Biotech geschaffen. Im Energiesektor seien die Ölpreise niedrig, erholten sich jedoch allmählich, heißt es weiter.

„Im Energiebereich kann nach unserer Einschätzung insbesondere bei integrierten Gesellschaften noch Wert freigelegt werden. Andererseits gibt es Bereiche, die nach unserem Dafürhalten mittlerweile teuer sind, insbesondere im Technologiesektor (der stark anzog) und bei Materialien. Aus geografischer Sicht blieben europäische Aktien hinter den USA zurück. Unsere Analyse des Gewinnabstands zwischen den USA und Europa legt nahe, dass es bei den Gewinnen in Europa derzeit deutlichen Spielraum nach oben gibt. Das aktuelle wirtschaftliche Umfeld deutet auf einen günstigeren Ausblick für Value-Anlagen hin, doch wir verweisen erneut darauf, dass sowohl Wachstums- als auch Substanztitel ihren Platz im Anleger-Portfolio haben“, so Dover und Boersma.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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