Kommentar
08:50 Uhr, 15.09.2016

Große Enttäuschung voraus

Es findet gerade eine Zäsur statt. Der Markt kann sie allerdings noch nicht so richtig in Worte fassen.

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  • Nikkei225
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In den letzten Tagen haben sich die Ereignisse geradezu überschlagen. Es geht etwas vor sich, was der Markt noch nicht so richtig greifen kann. Das ist kritisch und kann zu einer bitteren Enttäuschung führen.

Im Kern – wie sollte es anders ein – geht es um die Geldpolitik der Notenbanken. Ohne es explizit auszusprechen haben die Notenbanken gerade ihre Geldpolitik geändert. Das kommt für viele vielleicht überraschend, denn rein oberflächlich betrachtet ist der Status quo noch immer intakt. Die EZB kauft fröhlich weiter Anleihen. Die Bank of Japan steht dem in nichts nach und der nächste Zinsschritt lässt in den USA (noch) auf sich warten. Eigentlich hat sich doch nichts geändert, oder?

Auf den ersten Blick scheint sich zwar nichts geändert zu haben, doch auf den zweiten Blick sieht die Sache anders aus. Notenbanken rund um den Globus erreichen die Grenzen ihrer Geldpolitik. Die EZB kann ihr QE Programm weder im Volumen noch zeitlich ausdehnen. Ihr fehlen die Anleihen, die sie kaufen könnte. Durch einen Trick kann die EZB ihr Programm noch einmal um ein paar Monate verlängern, doch das war’s dann.

Lockert die EZB die Kriterien, nach denen sie Anleihen kaufen darf, kann sie die Menge an verfügbaren Anleihen ausweiten und das QE Programm so noch einmal um ein paar Monate verlängern. Die Bank of Japan hat diesen Luxus nicht. Die Staatsschulden in Japan sind zwar horrend (siehe Grafik), doch das bedeutet nicht automatisch, dass ausreichend Anleihen zur Verfügung stehen.

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Die theoretisch zur Verfügung stehenden Anleihen, die die BoJ kaufen kann, sind in der Grafik durch blaue Balken dargestellt. Selbst wenn man die aktuelle Politik bis Ende 2018 fortführt, scheinen noch ausreichend Anleihen vorhanden zu sein. Das Problem ist jedoch, dass viele Akteure ihre Anleihen nicht verkaufen können.

Japanische Banken müssen Staatsanleihen halten, weil sie diese als Sicherheiten bei der Zentralbank hinterlegen müssen. Solange sich dieses Regelwerk nicht ändert – und das ist unwahrscheinlich – werden Banken an ihren Anleihebeständen festhalten. Es wird davon ausgegangen, dass Banken noch Anleihen im Volumen von 60 Billionen Yen freisetzen können. Die BoJ kauft derzeit 80 Billionen pro Jahr.

Soll die Gelpolitik weiter gelockert werden, dann gelingt das nicht durch eine Ausweitung der QE Programme. Mit viel Mühe kann die Laufzeit der Programme verlängert werden, doch eine Ausweitung ist praktisch kaum noch möglich. Es fehlt schlichtweg an Anleihen.

Alternativ zu QE können die Zinsen weiter gesenkt werden. Auch das ist mehr eine theoretische Option. Notenbankchef Kuroda gestand vergangene Woche ein, dass negative Zinsen wohl mehr Schaden anrichten als Nutzen zu stiften. Es wird mehr gespart, weil Pensionsfonds nicht mehr die notwendige Rendite erwirtschaften können. Gleichzeitig sinkt die Profitabilität der Banken, die sich aus diesem Grund mit der Kreditvergabe zurückhalten. Unterm Strich scheint der Effekt negativer Zinsen negativ zu sein.

Fasst man diese Erkenntnisse zusammen, dann gibt es nur eine Schlussfolgerung: Notenbanken haben nicht mehr die Möglichkeit ihre Geldpolitik weiter zu lockern – zumindest nicht über QE und Zinsen. Denkt man noch einen Schritt weiter, dann können Notenbanken nicht nur nicht mehr lockern, sondern müssen zwangsweise die Zügel anziehen, ob sie wollen oder nicht. Die QE Programme stoßen an Grenzen und haben ein natürliches Ablaufdatum. Es lässt sich monateweise nach hinten verschieben, doch das Ende ist absehbar.

Dem Markt steht also zwangsweise ein Ende der ultralockeren Geldpolitik bevor. Das scheinen Anleger langsam zu begreifen. Notenbanken beteuern zwar, dass sie noch mehr tun können, wenn sie wollen, doch das entpuppt sich als leere Phrase. Das ist ein großes Problem.

Es ist das eine, geordnet aus der ultralockeren Geldpolitik auszusteigen. Es ist etwas vollkommen anderes, wenn Notenbanken zwangsweise aussteigen müssen. Genau das droht über die kommenden ein bis zwei Jahre zu geschehen. Realisiert hat das bisher kaum jemand.

Ein Ausstieg ist nicht schlimm, wenn es den Notenbanken gelungen wäre, Wachstum und Inflation zu erzeugen. Das ist es jedoch nicht. Notenbanken haben ihr Pulver verschossen und können wenig tun, wenn aus der Stagnation wieder eine Rezession wird.

Notenbanken können immer noch zu Helikoptergeld greifen. Ob das wirklich kommen wird, ist fraglich. Vielmehr erkennt man eine vorsichtige Resignation der Notenbanken. Sie haben ihre Grenzen erreicht. Ohne einen Wirtschaftsabschwung dürften die Notenbanken aus ihrer ultralockeren Geldpolitik aussteigen. Es ist ja auch nicht so, dass die Politik bisher sonderlich viel gebracht hätte...

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Lars Gottwik

Partner & CEO JFD Brokers
JFD Brokers – Just FAIR and DIRECT
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