Kommentar
08:47 Uhr, 24.02.2015

Griechenland: Endspurt ohne Ziel

Die griechischen Schulden bleiben ohne Schuldenschnitt nicht tragfähig. Wenn man einen formalen Schuldenschnitt vermeiden möchte, dann sollte man noch einmal über die Ewigkeitsanleihe nachdenken.

Das Schuldenkorsett wird für Griechenland immer enger. Knapp 180% Staatsverschuldung im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung, das ist auf Dauer nicht durchzuhalten. Darüber sind sich alle mehr oder minder einig. Wie damit umgegangen werden soll, darüber gibt es sehr verschiedene Ansichten. Für die Eurogruppe kommt ein Schuldenschnitt nicht in Frage. Das würde die Steuerzahler in den Ländern direkt treffen und dafür gäbe es wohl bei den nächsten Wahlen wenig Verständnis. Ein Schuldenschnitt geht jedoch nur über den Verzicht von öffentlicher Hand. Der größte Gläubiger ist der EFSF mit über 140 Mrd. Euro. Danach folgt erst einmal lange nichts.

Würde man die privaten Gläubiger noch einmal bemühen, dann brächte das so gut wie gar nichts. Bei ihnen liegen gut 30 Mrd. der Schulden. Würde man hier einen Schnitt von 100% machen, dann senkt das die Gesamtverschuldung gerade einmal um 10 Prozentpunkte.

Die Höhe der Schulden ist die eine Sache. Die andere ist das Fälligkeitsprofil. 2015 wird ein hartes Jahr für Griechenland. Knapp 30 Mrd. werden dieses Jahr fällig. Die Hälfte davon entfällt auf kurzfristige Schuldverschreibungen mit Laufzeiten einiger Wochen. Die EZB sollte knapp 7 Mrd. zurückbekommen. Beim IWF sind es knapp 8 Mrd. Hier bietet sich eine direkte Verlängerung der Schulden an. Die EZB würde einem solchen Schritt wahrscheinlich nicht zustimmen. Griechische Anleihen sind inzwischen toxischer als der tiefste Subprime Kredit 2008 in den USA.

Wegen der nicht vorhandenen Schuldentragfähigkeit ist es wahrscheinlich, dass es früher oder später zu einem Schuldenschnitt kommen wird. Die EZB hat insgesamt ca. 27 Mrd. an griechischen Anleihen bei sich liegen. Eine Reduktion der Schulden von 50% würden das Kapital und die Rücklagen der EZB komplett aufbrauchen. Es kommt wohl nicht gut an, wenn die EZB technisch ein negatives Kapital aufweisen würde. Trotzdem muss etwas geschehen.

Die Schulden liegen zu 90% bei öffentlichen Gläubigern oder dem IWF. Hier ließe sich schon etwas machen, wenn man nur will. Wenn sich nichts tut, dann wird Griechenland von alleine kaum wieder ein gesundes Niveau an Schulden erreichen. Die dritte Grafik zeigt ein mögliches Szenario der Entwicklung. Unterstellt wird dabei, dass Griechenland auf seine Schulden 1,5% Zinsen zahlt. Diese Zinsen werden den aktuellen Schulden jedes Jahr hinzugezählt. Gleichzeitig wird ein ausgeglichenes Budget unterstellt. Für die Wirtschaft wird eine Jahreswachstumsrate von 2,5% angenommen.
Mit diesen Annahmen würde sich der Schuldenberg nicht reduzieren. Der Absolutbetrag steigt immer weiter an. Weil die Wirtschaft aber schneller wächst als Griechenland an Zinsen zahlen muss, reduziert sich die relative Schuldenlast im Verhältnis zum BIP. Die Verschuldung in Prozent des BIPs würde sich langsam reduzieren. Bis 2069, also in 54 Jahren, wäre dann wieder eine Schuldenquote von 100% erreicht. Dass das keine Perspektive ist kann man schon verstehen. Vor allem darf man dabei nicht vergessen, dass Griechenland unter diesem Szenario keinen einzigen Euro getilgt hätte. Die Reduktion kommt allein durch Wirtschaftswachstum.

Die Ewigkeitsanleihe wäre da eine gute Alternative. Die Schulden würden zwar auch nicht zurückgezahlt, aber die Bedrohung eines Ausfalls geht ein Stück weit verloren. Man könnte die Schulden beim EFSF in eine Ewigkeitsanleihe von 142 Mrd. umtauschen und einen Zins von 2% vereinbaren. Nominal wäre dann der Betrag von 142 Mrd. im Jahr 2065 zurückgezahlt. Diskontiert man die Zinszahlungen mit einem Zinssatz von 2% (eher auf der niedrigen Seite), dann wäre der Betrag in ca. 200 Jahren zurückverdient. 200 Jahre sind eine sehr lange Zeit. Bedenkt man, was die Alternative ist, dann ist es wohl das kleinere Übel. Dass Griechenland über die Zinszahlungen hinaus in den kommenden 10 oder 20 Jahren tatsächlich seine Schulden reduzieren kann ist eine Illusion. Geht man berechtigterweise davon aus, dass Griechenland den Absolutbetrag seiner Schulden ohnehin nicht reduzieren kann, dann wäre eine Ewigkeitsanleihe ein guter Schritt.
Die Zinslast für die derzeitige Schuldenlast könnte sich auf ca. 4,5 Mrd. pro Jahr einfrieren lassen. Das ist eine Summe, die in ein bis zwei Jahren tragfähig wäre. Gelder, die darüber hinaus im Budget übrig bleiben könnte die Regierung dann wieder investieren, anstatt Schulden zurückzuzahlen. Dann würde sich der Würgegriff endlich lösen.

Die Eurogruppe stemmt sich gegen diese Idee. Wieso ist nicht ganz klar. Möglicherweise liegt es daran, dass sie dann einen sehr wichtigen Hebel verlieren würde. Derzeit werden regelmäßig hohe Kreditbeträge fällig. Ohne immer weitere Unterstützung kann Griechenland das nicht bewältigen. Würden die regelmäßigen Rückzahlungen ausbleiben, dann verliert die Eurogruppe ein wichtiges Druckmittel.

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17 Kommentare

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  • Lumpazi
    Lumpazi

    Geschätzter Herr Schmale,

    kann man ernsthaft davon ausgehen, dass es in 200 Jahren eine Euro-Währungsunion noch geben wird? Ex-Finanzminister Waigel (,,Der Euro wird so hart wie die DM sein") versprach ihr zwar eine Lebensdauer von 400 Jahren, aber ich bin da doch ein wenig skeptisch!

    13:36 Uhr, 24.02.2015
  • MDADVISORY
    MDADVISORY

    Im Grunde ist das Fazit - in Griechenland bleiben ist keine Option. Griechenland ist platt. Ich würde an Stelle der Griechen, die Schulden gar nicht mehr bedienen und aus dem EURO austreten. Das gäbe zwar kurzfristig massiv Stress - aber wenn dann tatsächlich Reformen durchgeführt werden und das Land effizienter wird, dann könnte ein Erstarken gelingen. Das setzt aber voraus, dass mann das wirklich will. Wenn man das nicht will, sollte man besser im EURO Raum (an den Töpfen) hängen bleiben.

    13:05 Uhr, 24.02.2015
    1 Antwort anzeigen
  • 1 Antwort anzeigen
  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    Eine Ewigkeitsanleihe ist leider nur eine theoretische Option. Was ist denn beispielsweise, wenn die Wirtschaft eine Zeitlang eben NICHT wächst? Das wäre nur normal und muss in jedem Denkmodell einkalkuliert werden. Aus 200 Jahren werden dann aber schnell 300 oder 500 Jahre. Das ist nicht darstellbar...

    In Wahrheit wird immer offensichtlicher, dass wir es mit einer Systemkrise zu tun haben, die mit den althergebrachten Lösungsansätzen nicht zu bewältigen ist.

    Es ist an der Zeit, den Menschen reinen Wein einzuschenken, und ganz andere Wege zu gehen, anstatt immer neue Utopien zu erfinden, die am Ende an den Konstruktionsfehlern des Systems scheitern müssen.

    11:17 Uhr, 24.02.2015
  • lunita
    lunita

    Warum waehlt dann Griechenland nicht einen Staatsbankrott? Ist das nicht die bessere Loesung? Ein paar Jahre bluten und danach in die Normalitaet wechseln. Ansonsten blutet man eben langsam aus. Ist bestimmt noch schmerzhafter.

    09:52 Uhr, 24.02.2015
    1 Antwort anzeigen
  • normalo
    normalo

    Wie lange wollen wir uns von den Politikern noch an der Nase herumführen lassen? Jedes Kind welches 1 und 1 zusammenzählen kann verstehen, daß Griechenland nie aus diesem Schuldenberg herauskommen wird. Der Steuerzahler steht so oder so für die ganze Misere gerade, also ist doch ein Ende mit Schrecken immer noch besser als eineSchrecken ohne Ende. Aber das Problem dabei ist ja, daß die Politiker nie bereit sind, ihre gemachten Fehler auch nur einmal einzugestehen !! Selbst wenn der ganze Euro den Bach runtergeht ist es immer noch besser, als so wie jetzt weiterzuwurschteln. Ein geeintes und friedliches Europa kann es auch ohne den Euro geben. Hat vielleicht ein Normalbürger ein Problem wenn er z.B. nach Polen oder Tschechien fährt und dort in der entsprechenden Landeswährung zahlt? Diese Länder können aber den Wert ihrer Währung immer noch selbst bestimmen und den Bedingungen anpassen. Wem nützt den der ganze Euro eigentlich etwas, doch nur den schmutzigen Banken und dem Großkapital. Dem "kleinen Mann" hat der ganze Schitt außer Preiserhöhungen bis heute überhaupt nichts gebracht!

    09:24 Uhr, 24.02.2015
  • bembes
    bembes

    So ein Schwachsinn mit einer Ewigkeitsanleihe. Raus aus dem Euro und leider ein Schuldenschnitt. Den wollen die Politiker aber nicht, weil sie dem blöden Wahlvolk sagen müssen, dass das Geld den Schornstein hoch gestigen ist und alles immer gelogen war.

    Jetzt gibt es wieder eine unendliche Verlängerung und Geld erhalten die Gläubiger in hunderten von Jahren nicht !!!

    Endlich raus aus dem EURO ! Bosbach, Schäffler und Gauweiler und Sinn haben und hatten

    recht. Macht endlich was vernünftiges ihr Politiker und EZB-Strategen !!!

    Wenn jetzt die Spaniener auch diese Vergünstigungen wollen ist es aus mit dem ganzen EURO !!! auch egal !!

    08:56 Uhr, 24.02.2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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