Kommentar
09:02 Uhr, 09.03.2015

Grenzen der Geldschaffung

Im Großen und Ganzen gibt es 3 Faktoren, die die Menge an Geldschaffung begrenzen.

Banken sind vor allem durch den Kreditmarkt selbst limitiert. Kann eine Bank keinen zusätzlichen Kredit vergeben, mit dem sie Geld verdient, wird sie es auch nicht tun. Gründe dafür, dass kein weiterer Kredit profitabel vergeben werden kann, sind etwa das Zinsniveau und der Wettbewerb. Ebenso gibt es regulatorische Einschränkungen.

Eine nicht unwesentliche Begrenzung der Geldschaffung durch Kredit besteht durch die Kreditnehmer selbst. In vielen Ländern gibt es derzeit das Problem, dass Konsumenten einfach nicht dazu zu bewegen sind, mehr Kredit aufzunehmen. In Deutschland bekommt man Kredite förmlich hinterhergeschmissen und trotzdem ist das Kreditwachstum bestenfalls durchschnittlich.

Der dritte Faktor, der die Kreditvergabe begrenzt, ist das Preisniveau. Dieses wird von der Zentralbank durch Bestimmung der Zinsen festgelegt. Sie bestimmt die Kosten für Geldschaffung. Je höher die Kosten dafür sind und diese Kosten in Form von Kreditzinsen an Kreditnehmer weitergegeben werden, wird die Nachfrage nach Kredit sinken, wenn die Kosten zu hoch sind.

Der erste Punkt klingt sehr einfach. Praktisch gesehen ist es recht kompliziert. Das Geschäftsmodell einer Bank besteht darin, für Verbindlichkeiten weniger zahlen zu müssen als sie mit Vermögenswerten verdienen. Verbindlichkeiten sind vor allem Einlagen von Kunden. Darauf werden Zinsen gezahlt, obwohl das heutzutage kaum mehr zutrifft. Diese Kostenposition ist für Banken kleiner geworden, weil die Zinsen immer weiter gefallen sind. Auf der anderen Seite verdienen Banken aber auch weniger mit ihren Assets. Das sind vor allem Kredite, für die sie Zinsen bekommen. Mit dem Spread zwischen dem Zins für Verbindlichkeiten (Einlagen) und erhaltenen Zinsen für Assets (Kredite) verdient die Bank ihr Geld. Im Moment müssen Banken wenig für Verbindlichkeiten zahlen, dafür verdienen sie aber auch immer weniger an ihren Assets. Die niedrigen Zinsen haben in den letzten Jahren eher dazu geführt, dass der Spread sinkt und damit die Ertragskraft begrenzt wird.

In einer Nullzinsumgebung können Banken ihre Ertragskraft nur steigern, indem sie für Verbindlichkeiten so wenig wie möglich zahlen oder sogar dafür Geld kassieren. Einige Großbanken haben angekündig,t ihren Kunden mit zu hohen Einlagen negative Zinsen in Rechnung zu stellen anstatt Zinsen für die Einlagen zu zahlen. Das ist letztlich die Konsequenz aus den niedrigen oder negativen Zinsen der Zentralbanken. Nicht zuletzt auch deshalb, weil Banken inzwischen für ihre Assets (nicht Kredite, aber z.B. Reserven) ebenfalls kaum mehr Geld bekommen oder sogar welches zahlen müssen. Haben Banken zu hohe Überschussreserven, die sie bei der Zentralbank parken müssen, zahlen sie effektiv dafür. All das verringert den Spread und die Ertragskraft.

Das ist eine verzwickte Lage. Banken brauchen eine ausgeglichene Bilanz. Verbindlichkeiten und Vermögen müssen übereinstimmen. Nimmt ein Kunde einen neuen Kredit auf und kauft sich dafür ein Haus, so entsteht zunächst einmal eine höhere Einlagenposition bei der Bank (die Kreditsumme wird dem Konto des Kunden gutgeschrieben). In diesem Fall bleiben Assets und Liabilities gleich. Kauft der Kunde nun das Haus und überweist das Geld auf das Konto des Verkäufers bei einer anderen Bank, dann bleibt die Assetposition der Bank gleich, die Verbindlichkeiten sinken aber. Das muss ausgeglichen werden, indem die Bank sich z.B. über den Interbankenmarkt Geld leiht. Solange das einen positiven Spread generiert (Einnahmen über das Asset Kredit weniger Kosten für die Verbindlichkeiten) ist es für Banken lukrativ, mehr Kredit zu vergeben.

Eine andere Möglichkeit die Verbindlichkeiten zu erhöhen wäre die Erhöhung der Einlagen durch Konsumenten. Die Bank könnte Einlagen anziehen, indem sie die Zinsen erhöht. Derzeit ist all das nicht notwendig. Der Bankensektor leidet eher an dem Problem, dass es zu viele Verbindlichkeiten (Einlagen) gibt als Banken Assets (Kredit) generieren können. Diese Zwickmühle soll Banken eigentlich zwingen, mehr Kredit zu vergeben. Wenn allerdings keiner mehr Kredit haben will, was sollen Banken da schon tun? Sie können die Zinsen für Kredite noch weiter senken, damit Kunden Kredit aufnehmen. Die Zinsen allerdings noch weiter zu senken ist kaum praktikabel. Der Spread, den Banken verdienen, ist bereits klein. Zudem muss er auch risikoadäquat sein, um Kreditausfälle aufzufangen, falls es eine Rezession gibt. Dort sind Banken eigentlich schon am Limit.

Gleichzeitig haben Banken mit Krediten, die viele Jahre laufen, ein hohes Liquiditätsrisiko. Sind die Verbindlichkeiten einer Bank vor allem in Form von Sichteinlagen, also täglich verfügbar, die Kredite aber langfristig, dann gibt es einen Mismatch zwischen der Laufzeit von Verbindlichkeiten und Assets. Dieser Asset Liability Mismatch ist ein Liquiditätsrisiko. Würden alle Kunden gleichzeitig ihr Geld abheben wollen, so muss die Bank ihren Verbindlichkeiten nachkommen (das Geld auszahlen). Sie kann das allerdings nicht tun, indem sie ihre Assets verwendet. Die Kredite laufen ja noch Jahre. Um dennoch den Verbindlichkeiten nachkommen zu können, muss die betroffene Bank Geld bei anderen Banken leihen. Einen solchen Fall gibt es derzeit in Griechenland. Viel Geld wurde abgehoben. Banken konnten den Verpflichtungen nur nachkommen, indem die EZB das Emergency Liquidity Programm ausgeweitete. Über die normalen Wege ging es nicht mehr. Der Interbankenmarkt ist für griechische Banken de facto tot. Gleichzeitig haben griechische Banken zu wenig Assets, die von der Zentralbank anerkannt werden (z.B. griechische Staatsanleihen).

Damit diese Risiken nicht zu einem Bankrott von Banken führen, gibt es die Regulierung, die darauf abzielt, dass Banken eine ausreichende Kapitaldecke haben, um das Liquiditäts- und Kreditrisiko tragen zu können. Im Falle von griechischen Banken war das nicht genug. Die Banken hatten sich gut rekapitalisiert. In einem Stressszenario, indem zu viel Geld von Banken abfließt (Bank Run), hilft die derzeit vorgegebene Kapitalausstattung auch nicht viel.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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